22.02.2017, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Steigende Anforderungen an Produktionsgeschwindigkeit und Produktqualität stellen sowohl die Verarbeitungs- als auch die Werkstofftechnik zunehmend vor Herausforderungen. Die Forderung nach gleichbleibend hoher Qualität macht teilweise eine hundertprozentige Kontrolle der Werkstoffe als auch der wichtigsten Prozessabläufe sowie der resultierenden Bauteile unabdingbar. Aus diesem Grund beschäftigt sich das IKT mit unterschiedlichen neuen Messverfahren, um sowohl die Kunststoff verarbeitenden Prozesse als auch die resultierenden Produkte noch besser zu machen. Beim Spritzgießen werden die Werkstoffe dahingehend modifiziert, dass möglichst kurze Zykluszeiten erreicht werden können. Dafür werden sie mit sogenannten Verarbeitungshilfsstoffen modifiziert. Um die Eigenschaftsänderungen der Werkstoffe durch diese Funktionszusatzstoffe messen zu können, werden meist Laboruntersuchungen durchgeführt. Eine Übertragbarkeit auf den realen Spritzgießvorgang ist aber meist nicht gewährleistet. Aus diesem Grund hat das IKT Messmethoden entwickelt, welche die Bestimmung verschiedener Werkstoffeigenschaften direkt im Spritzgießprozess erlauben. Dabei handelt es sich zum einen um die Ermittlung von Fließeigenschaften mittels einer Viskositätsmessdüse. Zum anderen wurde ein Entformungskraftwerkzeug weiterentwickelt, mit dem automatisiert das Entformungsverhalten verschiedener Kunststoffe mit und ohne Additive charakterisiert werden kann. Diese neuen Messverfahren ermöglichen es somit, den Spritzgießprozess noch effizienter zu gestalten. Ein häufig auftretendes Problem beim Spritzgießen sind die kunststofftypische Schwindung und der Verzug. Diese Phänomene sind sehr komplex und schwer zu beschreiben. Aus diesem Grund wurde am IKT eine neue Messmethode entwickelt, welche zum ersten Mal zeigen konnte, dass Verzug unterteilt werden kann in ein Verwölben und in ein Verwinden. Des Weiteren konnte durch Restspannungsmessungen gezeigt werden, dass aufgrund von Nachdruckeffekten, strömungsinduzierte Eigenspannungen ebenfalls Zugspannungen im Bauteilkern verursachen können. Auch im Bereich des Thermoformens forscht das IKT am Einsatz innovativer Messverfahren. Während des Umformprozesses geht mit der Gestaltänderung auch eine Reduktion der Wanddicke einher. Da die resultierende Wanddickenverteilung eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale darstellt, ist ihre Überwachung von entscheidender Bedeutung für einen optimierten Thermoformprozess. Die Wanddickenverteilung der Thermoformteile bestimmt dabei insbesondere Bauteilsteifigkeit, -haptik sowie -optik und hat großen Einfluss auf die Bauteilkosten. Ein am IKT entwickeltes Messsystem ermöglicht nun die Inline-Wanddickenmessung im Thermoformwerkzeug. Die Messtechnik beruht dabei auf dem Prinzip des Impuls-Echo-Verfahrens, welches Wanddicken über die Schalllaufzeiten im Bauteil misst. Hierzu werden an charakteristischen Punkten im Thermoformwerkzeug Ultraschallsignale eingekoppelt und die reflektierten Echos ausgewertet. Dies macht es möglich, den Thermoformprozess noch effizienter zu machen und gleichzeitig eine höhere Bauteilqualität zu erreichen. Ein weiteres Verarbeitungsverfahren, in dem Ultraschalltechnik eine effiziente Inline-Messung ermöglicht, ist die Einschneckenextrusion. Durch die Zugabe kleiner Mengen an geeigneten Tracern, die die Schmelzeeigenschaften nicht verändern, lassen sich Verweilzeiten und Verweilzeitverteilungen direkt im Prozess messen. Die Kenntnis solcher Verweilzeitverteilungen spielt insbesondere bei Farb- und Materialwechseln eine Rolle, wenn sichergestellt werden muss, dass der Spülvorgang vollständig abgeschlossen ist. Im Bereich der Werkstoffcharakterisierung beschäftigt sich das IKT auch mit der Ermittlung der sog. kritischen Dehnung. Für eine zuverlässige Dimensionierung von Kunststoffen ist es relevant, möglichst genau zu wissen, bei welcher Dehnung bzw. Spannung es zu ersten irreversiblen Veränderungen im Werkstoff kommt und wie sich die Schädigung mit zunehmender Beanspruchung entwickelt. Mithilfe der Schallemissionsanalyse ist es laut IKT nun erstmals möglich, den Beginn von Schädigungen werkstoffspezifisch innerhalb nur einer Zugprüfung bestimmen zu können. Dies zeigt ein Vergleich zu einer weiterentwickelten, konventionellen Methode zur Bestimmung der kritischen Dehnung mittels visueller Veränderung. Das IKT forscht daher mithilfe der Schallemissionsanalyse sowohl daran, die Schädigungsinitiierung innerhalb eines Werkstoffes zu erkennen, als auch daran, diese Schädigungen und deren Fortschritt hinsichtlich der Schädigungsart klassifizieren zu können. Auch wird in diesem Gebiet ein neues Verfahren zur Messung der Temperaturänderungen an der Rissspitze eingekerbter Kunststoffprüfkörper bei äußerer Zugbeanspruchung vorgestellt. Kunststoffprüfkörper entwickeln unter äußerer Beanspruchung mit einhergehendem Durchriss eine sehr kurzzeitige Temperaturerhöhung an der Rissspitze. Diese maximale Temperaturerhöhung dauert nur wenige tausendstel Sekunden. Mit modernen Thermografiekameras können erstmals solche kurzzeitigen Temperaturerhöhungen während einer Zugbeanspruchung in Kunststoffprüfkörpern genau gemessen werden. Forschungsergebnisse aus der Vergangenheit widersprechen sich auf diesem Gebiet teilweise enorm, was auf die bisherigen technischen Einschränkungen zurückzuführen ist. Durch die örtlich und zeitlich hochaufgelösten Bilder heutiger Thermografiekameras können Widersprüche aus vergangenen Forschungen korrigiert werden. Diese und weitere aktuelle Forschungsaktivitäten und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Hochleistungsextrusion werden im Rahmen des 25. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums vorgestellt. Weitere Informationen: www.stuttgarter-kunststoffkolloquium.de, www.ikt.uni-stuttgart.de 25. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, 22.-23. März 2017, Stuttgart |
Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart
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