Fachartikel vom 02.07.2015

Für die in den Fachartikeln dargestellten Inhalte sind ausschließlich die genannten Autoren bzw. Unternehmen verantwortlich.


SIGMASOFT Virtual Molding löst Qualitätsprobleme im LSR Spritzguss

Vanessa Schwittay, SIGMA Engineering GmbH

Sigmasoft Virtual Molding reproduziert die Produktionsbedingungen beim LSR Spritzguss akkurat. Damit sind eine virtuelle Optimierung der Werkzeugkonfiguration und eine rechtzeitige Vorhersage von Qualitätsproblemen in Verbindung mit Lufteinschlüssen, Bindenähten und Vernetzung möglich. In einer industriellen Anwendung konnte der Ausschuss um 52% reduziert und thermisch-induzierte Vernetzungsprobleme identifiziert werden.

Bild 1: Sigmasoft Virtual Molding bildet die instationären thermischen Bedingungen in der Werkzeugkavität während der Produktionszyklen ab. Die Analyse deckte einen großen Temperaturgradienten zwischen der Basis und der Spitze des Silikon-Saugers in der beweglichen Werkzeughälfte auf.
Bild 1: Sigmasoft Virtual Molding bildet die instationären thermischen Bedingungen in der Werkzeugkavität während der Produktionszyklen ab. Die Analyse deckte einen großen Temperaturgradienten zwischen der Basis und der Spitze des Silikon-Saugers in der beweglichen Werkzeughälfte auf.
Die Nachfrage nach Produkten aus Flüssigsilikonkautschuk (LSR – Liquid Silicone Rubber) wächst. Die hohe thermische Stabilität und sehr gute physiologische Eigenschaften machen LSR zum Material der Wahl für eine steigende Zahl an Anwendungen, insbesondere im medizinischen und Babypflege Markt. Allerdings kann die Verarbeitung anspruchsvoll sein: Da es ein reaktives Material ist, ist das Prozessfenster schmal und der Ausschuss kann nicht regranuliert verarbeitet werden. Zusätzlich ist eine angemessene Werkzeugentlüftung dringend erforderlich um Lufteinschlüsse zu vermeiden. Die Position von Bindenähten und Füllprobleme, wie etwa Freistahlbildung, können die finale Produktqualität beeinflussen. Und zu guter Letzt muss eine angemessene Werkzeugtemperierung während des gesamten Spritzzyklus gewährleistet werden, um eine kosteneffiziente Zykluszeit und eine hohe Produktqualität sicherzustellen.

Um den Profit zu maximieren und den Ausschuss zu reduzieren ist es wichtig ein tiefes Verständnis des kompletten Prozesses zu erhalten und mögliche Probleme zu vorauszusehen. Hierbei sind insbesondere das Fließ- und Vernetzungsverhalten, sowie die Temperier-bedingungen während des kompletten Spritzgießprozesses interessant.

CVA Silicone, mit Sitz in Saint Vidal, Frankreich, wandte sich an die SIGMA, um ein besseres Verständnis einer Ihrer Produktanwendungen zu erhalten. In diesem Fall wollten sie ein Vier-Kavitäten Werkzeug für eine Silikon-Sauger Anwendung herstellen (Bild 1). Der zuständige SIGMA Ingenieur Denis Mercier wurde mit der Aufgabe der Analyse des Werkzeugverhaltens und der resultierenden Bauteilqualität konfrontiert. Die Herausforderung war die vollständige Analyse der Leistungsfähigkeit des Werkzeugs, um den Ausschuss zu reduzieren und mögliche Qualitätsprobleme während der Produktion vorherzusagen.

Ausschussreduktion im Anguss
Ursprünglich sollten die vier Kavitäten über ein konventionelles Angusssystem, entsprechend der linken Seite in Bild 2 gefüllt werden. Die Angussanordnung als „X“ sollte den Materialverbrauch senken. Die Angusskanäle waren zylindrisch und hatten einen minimalen Durchmesser von 4 mm. Dennoch stellte der Anguss 52% des gesamten Schussvolumens dar.

Bild 2 - Links: Die ursprüngliche Angussgestaltung produziert 52% Ausschuss in jedem Spritzzyklus. Rechts: Mit einer iterativen Sigmasoft Virtual Molding Analyse wurde eine optimale Kaltkanalgestaltung ermittelt, die Druckverlust, Schwimmhaut, Ausschuss und Schließkraft optimiert.
Bild 2 - Links: Die ursprüngliche Angussgestaltung produziert 52% Ausschuss in jedem Spritzzyklus. Rechts: Mit einer iterativen Sigmasoft Virtual Molding Analyse wurde eine optimale Kaltkanalgestaltung ermittelt, die Druckverlust, Schwimmhaut, Ausschuss und Schließkraft optimiert.
Als Alternative sollte ein Kaltkanal verwendet werden, in dem keine Vernetzungsreaktion stattfindet und daher kein Ausschuss produziert wird. Allerdings musste die Machbarkeit dieses Ansatzes sorgfältig bewertet werden. Die iterative Analyse mit Sigmasoft Virtual Molding bewertete diverse Angusskonzepte über den Vergleich von Druckabfall, Schwimmhaut, Schließkraft und Vernetzungszeit. Für diese Analyse wurde das Werkzeug mit Sigmasoft Virtual Molding entsprechend der Realität analysiert: mit allen Kavitäten, Angusssystem, Temperiersystem und Werkzeugelementen, jedes mit eigenen Materialeigenschaften modelliert. Über einen iterativen Prozess wurde eine optimale Kaltkanalgeometrie, wie in Bild 2 auf der rechten Seite zu sehen ist, gefunden. „Die neue Anordnung reduzierte nicht nur die Ausschussproduktion pro Zyklus um 52%, sondern verbesserte zusätzlich das Füllverhalten“, erklärt Mercier. „Es treten keine Bindenähte auf, daher wurde die Bauteilintegrität verbessert. Zusätzlich wurde der Produktionsschritt der Angusstrennung vom Bauteil eliminiert. Dadurch reduzieren sich Bauteilkosten und Nacharbeit.“

Das thermische Verhalten und dessen Einfluss auf die Bauteilqualität
Nach der Evaluierung des Füllkonzepts rückte die Analyse des thermischen Konzepts in den Fokus. Hierbei wurde die Temperaturverteilung vorhergesagt. Diese kombiniert die Effekte der Heizpatronen, des Kaltkanalangusses und der kalten Schmelze, welche dem System in jedem Zyklus zugeführt wird. Sigmasoft Virtual Molding berechnet die thermischen Wechselwirkungen und bildet die Temperatur an jedem Punkt des Werkzeugsystems über der Zeit ab. Mehrere Spritzgießzyklen werden virtuell aufeinanderfolgend „durchlaufen“. Auf diese Weise wird ein eingeschwungener Zustand entsprechend der Produktion erreicht.

Die Analyse zeigte, dass der aktuelle Temperierungsentwurf zu großen Gradienten der Temperaturverteilung in der beweglichen Werkzeughälfte führt (Bild 1): Während an der Basis eine Temperatur von 170°C vorlag, war diese an der Spitze des Saugers knapp 20°C geringer. „Dieser große Temperaturgradient bedingt Abweichungen im Vernetzungsverhalten und beeinflusst dadurch die Zykluszeit negativ“, erklärt Mercier.

Sigmasoft Virtual Molding ersetzt eine reale Maschine für die Bauteil- und Werkzeugoptimierung. Wichtige Entscheidungen für die Produktivität und Bauteilqualität werden auf einer soliden Grundlage getroffen. Zusätzlich unterstützt die Software Innovationsprozesse, da mehrere Konzepte in kurzer Zeit und bei geringen Kosten getestet werden können. „Als Folge steigt die Profitabilität des LSR Spritzgießens, da wesentliche Iterationen auf Fertigungsebene entfallen. Die Maschinen können für die Produktion genutzt werden, anstatt für ein praktisches Herumprobieren in der Einstellungsphase. Dadurch werden Ressourcen für weiteres Wachstum freigesetzt“, erläutert Mercier. „Rohstoff- und Energieverbrauch können früh in der Entwicklung optimiert werden. Hierdurch wird der Umwelteinfluss reduziert.“

Frau Guylène Spaziani, Commercial and Marketing Director bei CVA Silicone, erklärt: „Anknüpfend an dieses industrielle Projekt, dass ein sehr großer Erfolg war und das Interesse am Virtual Molding bestätigte, entschied CVA Silicone, in eine Sigmasoft Virtual Molding Lizenz zu investieren. Als Resultat wollen wir zukünftig all unsere Werkzeuge und unser Wissen im Silikonspritzguss weiter verbessern.“


SIGMA Engineering GmbH

Kackertstr. 16-18
52072 Aachen, Deutschland

Tel.:   +49 (0) 241 89 495-0
Fax:   +49 (0) 241 89 495-20
Email: v.schwittay@sigmasoft.de

Internet: www.sigmasoft.de


  zurück zur Übersicht  zurück zum Seitenanfang