Fachartikel vom 01.10.2004

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Mengen, Mitspieler, Möglichkeiten: Aktuelle Entwicklungen in der Kunststoffverwertung

Dr. Thomas Probst, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

Einführung

Die Kunststoffverwertung der bvse-Mitgliedsunternehmen umfasst die gesamte Breite der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft, das sind die Sammler, Händler, Makler, Aufbereiter und Verwerter. Hieraus leitet der Vortragende, als Referent der FV Kunststoffrecycling im bvse, den Anspruch ab, das vorgenannte Thema in der o.g. Breite zu vertreten. Dieser Vortrag wird daher sowohl die aktuellen Themen der Kunststoffverwertung als auch die damit zusammenhängenden Entwicklungen und Tendenzen aus den Breichen Entsorgung und Gesetzgebung behandeln. Dieser Vortrag gliedert sich deshalb in die nachfolgenden sieben Hauptpunkte:

  1. Situation des Kunststoffrecyclings bzgl. Selbstverständnis und Mengen
  2. Situation, Tendenzen und Entwicklungen bei der Umsetzung und Novellierung der Verpackungsrichtlinie und -verordnung
  3. Der Kunststoffexport
  4. PET-Recycling
  5. Nadelöhre: Deponierung und thermische Beseitigung
  6. Getrennt- contra Gemischterfassung von Kunststoffen
  7. REACh eine der zentralen EU-Vorgaben für das Kunststoffrecycling

1.1 Situation des Kunststoffrecyclings

Die aktuellen Entwicklungen des Kunststoffrecyclings in Deutschland sind bestimmt von den folgenden zentralen Eckpunkten:

  • Der Kunststoffverbrauch steigt weltweit in allen Bereichen weiter an.
  • In 2002 wurden weltweit ca. 194 Mio. Tonnen an Polymeren produziert. In Europa ist Deutschland der größte Kunststoffproduzent mit etwa 16,8 Mio. Tonnen, s. Consultic-Studie 2004.
  • Altkunststoffe fallen entweder als Produktionsausschuss bzw. -abfall oder nach Gebrauch von Produktionsgütern an und zwar als Standardaltkunststoffe oder als Technische Altkunststoffe
  • Diese sehr unterschiedlichen Sekundärkunststoffmaterialien werden werk- bzw. roh-stofflich verwertet oder es erfolgt deren energetische Nutzung oder die Beseitigung.

Die werkstoffliche Kunststoffverwertung in Deutschland ist v.a. mittelständisch organisiert; sie erfolgt von den Kunststoffverarbeitern, die unterschiedlichen Mengen an Primär- und Sekundärmaterialien einsetzen. Problemlos für das Kunststoffrecycling sind Produktionsabfälle auf Grund ihrer hohen und eindeutig bestimmten Qualitäten. Der Einsatz von Sekundärkunststoffen und von Produkten aus Sekundärkunststoffen ist heute so vielseitig und erfolgreich, dass er hier nicht umfassend dargelegt werden kann. Die Verarbeiter von Altkunststoffen müssen mit den niedrigen Beseitigungskosten der Deponierung und Verbrennung im Inland sowie mit den geringen Produktions- und Beseitigungskosten aus Fernost konkurrieren.

Das werkstoffliche Recycling steht wieder auf dem Prüfstand hinsichtlich seiner ökologischen Bedeutung und der damit verbunden ökonomischen Parameter. Das werkstoffliche Recycling ist weit mehr als das Nutzen der Verbrennungsenergie, denn der Erhalt der umgesetzten Produkte, macht die Kette aus Verfahrensschritten bis zur Produktherstellung überflüssig; d.h. dass alle energetischen, alle verfahrenstechnischen und alle chemischen Schritte beim werkstofflichen Recycling erhalten bleiben. Zusätzlich erfolgen Transportersparnisse und Minimierung des CO2-Ausstoßes. Die Produktionseffizienz bei der Kunststoffherstellung wird beachtlich gesteigert. Für die Herstellung von PET-Produkten wird nicht einfach Erdöl umgesetzt, sondern es erfolgt eine ganze Abfolge von Prozessen bis zur Polymerisation und weiter bis zum Endprodukt. Eben der Erhalt dieser Kette bedeutet nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften! Verluste beim werkstofflichen Recycling verursachen nur die Schritte Waschen und Stofftrennen, die aber die Stoff- und Energiebilanz nicht wesentlich beinträchtigen.

Das chemische Recycling bzw. rohstoffliche Verwertung erhält seine Berechtigung durch die Vielzahl von Kunststoffen, die für das werkstoffliche Recycling ungeeignet sind. In technischen Großanlagen werden v.a. belastete, materialverstärkte, verschmutzte oder kleinteilige Kunststoffmaterialien und Materialverbunde verwertet. Diese Materialfraktionen steigen m.E. auf Grund von Quotenvorgaben (WEEE, AltfahrzeugV) deutlich, so dass künftig genügend Mengen für das chemische Recycling von Kunststoffen zur Verfügung stehen werden. Die Kostenstruktur für das rohstoffliche Recycling wird sich ab dem 01.06.05 durch die beiden Nadelöhre der Beseitigung, das sind die Deponierung und die Verbrennung, stetig verbessern. Die möglicherweise drastischen Auswirkungen der europäischen Chemikalienpolitik in Gestalt von REACh auf die rohstoffliche Verwertung werden weiter unten ausgeführt.

Für die energetische Verwertung von Kunststoffabfällen stehen zahlreiche Wege, wie z.B. die Zementwerke, die Metallherstellung und die Herstellung von Sekundär- bzw. Ersatzbrennstoffe (EBS), offen. Dennoch sind auch bei der EBS-Herstellung entsprechende Parameter bzgl. des Heizwerts sowie der Schad- und Fremdstoffbelastung einzuhalten. Altkunststoffe werden heute erfolgreich als maßgeschneiderte Sekundärbrennstoffe eingesetzt. Bei der Herstellung von EBS müssen die Kosten für das Aufbereiten der Ausgangsmaterialien kalkuliert werden. Grenzkosten für die EBS-Herstellung sind u.a. der Preis für Braunkohle. Zahlreiche Probleme können beim Einsatz von EBS auftreten. Die Sekundärbrennstoffe stehen im harten Wettbewerb mit den verschiedenen energetischen und rohstofflichen Verwertungsmöglichkeiten und der Beseitigung.


1.2 Selbstverständnis

Grundsätzliche Vorbemerkung: Kunststoffe sind die intelligente, nachhaltige und ökologisch beste Nutzung von Erdöl.

Die Kunststoffindustrie in Deutschland besteht v.a. aus mittelständischen Unternehmen, die mit etwa 3.600 Unternehmen und mit etwa 385.000 Beschäftigten einen Umsatz von ca. 67 Mrd. € erwirtschaften, s. Consultic-Studie 2004. Die deutsche Entsorgungswirtschaft entsorgt ca. 399 Mio. Tonnen an Abfall, Reststoffen und Sekundärmaterialien. Ca. 2200 Unternehmen mit etwa 350.000 Beschäftigten erzielen einen Umsatz von etwa 50 Mrd €. Die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft zerfällt in örE und prE. Die prE spalten sich auf in kmU und die Großkonzerne.

Interessanterweise ist die Schnittmenge zw. Kunststoffindustrie einerseits und Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft andererseits nur unzureichend bekannt. Die Kunststoffindustrie und -recycler setzen bei Herstellung von Zwischen- und Endprodukten unterschiedlichen Mengen an Primär- und Sekundärkunststoffmaterialien ein. Die Kunststoffverwertung unterscheidet dabei zw. Standard- (v.a. PE, PP, PET, PS, PU, PVC) und Technischen Kunststoffen (u.a. ABS, PC, PA, PMP, POM, PMMA, PBT, CA, CAB, PSU).



Das werkstoffliche Kunststoffrecycling, das insbesondere auf der Leistung mittelständischer Unternehmen beruht, hat auf allen seiner Ebenen einen so hohen Standard erreicht, dass dessen werkstoffliche Produkte in Deutschland, vermehrt aber in anderen Ländern, inzwischen wie selbstverständlich, eingesetzt werden, ohne dass Qualitätsverminderungen der Produkte erfolgen. Dabei umfasst die Produktionspalette sowohl die Verarbeitung sortenreiner Kunststoffe (PET, PP, PE, PC, PS) als auch die von Mischkunststoffen. Ein Vortrag über die Sekundärkunststoffprodukte würde den zeitlichen Rahmen dieser Veranstaltung sprengen. Manche Anwendungen werden nicht offen gelegt, um die erreichten Marktpositionen nicht zu gefährden und um Preisabschläge zu vermeiden.

Sekundärmaterialien stabilisieren den Primärmarkt, obwohl der Sekundärmarkt nur relativ geringe Mengen an Kunststoffen liefert. Im Gegensatz zum Recycling von Papier, Metallen und Glas haben die Kunststofferzeuger den Wert des Kunststoffrecyclings überhaupt nicht verstanden und versuchen deshalb Sekundärkunststoffe aus dem Markt zu nehmen.


1.3 Mengen

Nach Angaben der Consultic-Studie 2004, die im Auftrag von PlasticsEurope und dem Verband der Kunststofferzeuger erstellt wurde betrug in 2003 die Gesamtmenge der in Deutschland hergestellten Polymere 16,8 Mio. Tonnen. Insgesamt wurden von Kunststoffverarbeitern in Deutschland export- und importbereinigt ca. 10,6 Mio. Tonnen an Kunststoffen verarbeitet. Die Hauptmenge an Kunststoffen sind die Thermoplasten mit ca. 8,1 Mio. Tonnen.

Nach der Consultic-Studie 2004, fiel in Deutschland eine Kunststoffabfallmenge von 4,01 Mio. Tonnen zur Entsorgung an. Hiervon entfielen 3,12 Mio. Tonnen auf Post-Consumer-Abfälle und 0,89 Mio. Tonnen auf Produktions- und Verarbeitungsabfälle. Von den 4,01 Mio. Tonnen Kunststoffabfällen wurden rund 2,34 Mio. Tonnen, also 58,4 %, verwertet, während 1,67 Mio. Tonnen, also 41,6 %, beseitigt wurden. Diese Kunststoffverwertung von 58,4% setzt sich zusammen aus 1,35 Mio. Tonnen (33,7%) werkstofflicher, 0,4 Mio. Tonnen (10,0%) rohstofflicher und 0,59 Mio. Tonnen (14,7%) energetischer Verwertung. Häufig wird der Fokus des Kunststoffrecycling auf die DSD-Mengen gelegt, die ohne Sortierabfälle etwa 0,63 Mio. Tonnen umfassen.

Von der Gesamtmenge an Thermoplasten mit 8,1 Mio. Tonnen, die in Deutschland verarbeitet werden, finden sich bei der Entsorgung aller Kunststoffe nur etwa die Hälfte, also 4,01 Mio. Tonnen, wieder. Von besonderer Bedeutung hierbei ist, dass in 2003 ca. 42%, das sind 1,67 Mio. Tonnen, an Kunststoffabfällen deponiert (0,88 Mio. Tonnen) oder in Verbrennungsanlagen (0,79 Mio. Tonnen) beseitigt werden! Bei einem Blick auf eine Siedlungsabfalldeponie sind die Altkunststoffe besonders augenfällig. Selbstverständlich können nicht alle Kunststoffe, die heute beseitigt werden, entsprechend verwertet werden. Es ist aber unbestritten, dass die Beseitigung immer noch zu billig ist, so dass auch hochwertige Kunststoffe, die bisher auf die Deponie oder in Verbrennungsanlagen gelangten, beseitigt werden. Die Hoffnungen der Kunststoffverwertung ruhen auf dem magischen Datum 01.06.05, das ist die Umsetzung der TASi und AbfAblV.



2. VerpackR und VerpackV

Zentrale Aufmerksamkeit bei der Kunststoffverwertung haben die post-consumer Kunststoffe erhalten, die aus den DSD-Sammlungen und dem Pflichtpfand stammen, obwohl sie nur etwa 600.000 Tonnen pro Jahr betragen. Die Lebensmittel- und Getränkeverpackungen sind von augenfälliger Bedeutung, da der private Verbraucher diese täglich handhabt und besondere Mühen für deren Entsorgung aufwendet. Vor dem Hintergrund der Novellierungen der Verpackungsverordnung und der europäischen Verpackungsrichtlinie gilt die bestehende Verpackungsverordnung.

Der bvse setzt sich daher für folgende Punkte bei der Entsorgung von Lebensmittel- und Getränkeverpackungen aus Kunststoffen ein:

  • Einsatz geeigneter Kunststoffmaterialien bei den Verpackungen (gegen Verbunde, Gewichtsreduzierungen, Recycelfähigkeit)
  • Steigerung der Sammelmengen (Bürgerbeteiligung, Gewerbeabfall, Produktionsabfälle, Verpackungen).
  • Gleiche Bedingungen für die § 6,3-Systeme (DSD, Landbell, Interseroh) untereinander.
  • Angleichen der systemspezifischen Vorschriften für die § 6,3- und § 6,1-Systeme.
  • Angleichen der Vorschriften für den Mengenstrom- und Verwertungsnachweis für Glas, Papier, Kunststoffe.
  • Getrennte Kunststofferfassung.
  • Sortenreiner Erfassung der Wertstoffe - Kunststoffsortierung.
  • Vorrang der werkstofflichen Verwertung.
  • Hochwertige stoffliche Verwertung der gesammelten Kunststoffe.

Ein Rückzug der § 6,3-Systeme auf die Mindestmengen der Quotenvorgaben aus der VerpackV wird mit Sorge betrachtet. Die DKR rechnet nach Abschluss der DSD-AG Leistungsverträge 03/04 mit dem deutlichen Rückgang der Garantiegebermengen. Leider sind die zur DSD-AG konkurrierenden Duale Systeme (Landbell, Interseroh) noch nicht in der operativen Phase. Während 2002 noch 620.000 Tonnen Altkunststoffe über das DSD verwertet wurden, werden für 2006 nur noch 360.000 Tonnen Altkunststoffe prognostiziert. Anstelle von 7,3 kg/E/a können dann nur noch 4,8 kg/E/a innerhalb der § 6,3er-Systeme zur Verwertung bereitgestellt werden. Die DKR ist bestrebt sinkende Preise bei der Kunststoffverwertung zu erzielen. Grenzkostenrechnungen zur energetischen Beseitigung werden präsentiert. Wie oben ausgeführt, gibt es aber eine klare Hierarchie von Vermeiden über Vermindern über Verwerten zum Verbrennen, so dass sich die Verwertungsleistungen auch auf Seiten der Vergütung grundsätzlich und deutlich von der Beseitigung unterscheiden müssen! Ein Salto zurück in den Ofen sollte bei der Kunststoffverwertung ausgeschlossen sein!

Die Entsorger können dem Garantiegeber teilweise nur noch die an den Quotenvorgaben der VerpackV orientierte Mindestmenge kostenlos zur Verwertung bereitstellen. Wer wird dem Verbraucher erklären, dass nach vielen Jahren an entsprechenden Werbesendungen für das DSD-System, künftig die freien Mengen niedriger Qualität in die Verbrennung gelangen? Ein Anstieg der energetischen Verwertung von Mischkunststoff ist zu befürchten. Die DKR will im Wettbewerb der Verwertungsverfahren die Kosten der Kunststoffverwertung langfristig auf das Niveau der Beseitigung bringen. In diesem Zusammenhang wurden in der Fachpresse auch die nachlassende Qualitäten an hochpreisigen Standardkunststoffen (PET, PE, PP) und von Mischkunststoffen thematisiert.


3. Der Kunststoffexport

Der Kunststoffexport nach Fernost bereitet Sorge, da dies im Inland zu fehlenden Input-Mengen, nachlassender Input-Qualität und hohen Annahmepreise führt. Die hohen Annahmepreise für die Altkunststoffe könnten nur teilweise an die Preise der Verarbeitungsprodukte weitergegeben werden. Die aufgebaute Entsorgungssicherheit, die getätigten öffentlichen und privaten Investitionen und die bestehenden Arbeitsplätze werden durch den Fernostexport gefährdet, sofern weltweit nicht ähnliche Produktionsstandards gelten.

Dennoch muss in diesem Zusammenhang auch auf die durchaus positiven Bemühungen aus China verwiesen werden, den Import im Rahmen des Welthandelsabkommen durch die AQSIQ-Registrierung, die bis zum 01.08.04 vorliegen mussten und die ab dem 01.11.04 umgesetzt werden, stärker zu kontrollieren. Überraschend wurden auch in den Niederlanden zum 01.08.04 Registrierungen von Befördern, Einsammlern, Händlern und Maklern für gewerbliche und gefährliche Abfälle eingeführt.


4. Die Verwertung von PET

Der Verwertung von PET erhält insofern besondere Bedeutung als PET zum Schrittmacher der Kunststoffverwertung in Forschung, Entwicklung und Technik wurde. Dem Sekundär-PET-Markt folgen die Polyolefine. Die Effizienz von Sammelsystemen und der Sortierung lässt sich gut an den Zahlen für PET festmachen. Gesetzliche Änderungen und Änderungen im Export schlagen sofort auf die PET-Mengen und die PET-Preise durch.

Die Materialentwicklungen bei PET-Flaschen können im Widerspruch zu deren Recyclingfähigkeit stehen. Probleme entstehen durch:

  • PET-braun vs. PET-bunt,
  • opakes PET vs. transparentes PET,
  • PET-Monolayer vs. PET-Multilayer;
  • CO2-Problematik: Scavenger, PEN;
  • Massenreduktionen,
  • Flaschenperipherie (Verschluss, Label, Kleber).

Bei Einführung des Pflichtpfandes wurden höhere PET-Qualitäten erwartet, da jetzt weniger Störstoffe und höhere Sortenreinheit vorliegen sollte. Zusätzlich sollten deutliche Mengenerhöhungen in Deutschland feststellbar sein auf Grund der Substitution von Glas und Dosen durch PET-Verpackungen. In 2002 wurden von der DSD 61,920 Tonnen PET-Flaschen verwertet bei einer verwertbaren Gesamtmenge von ca. 100.000 Tonnen. EU-weit waren 450.000 Tonnen PET-Flaschen auf dem Markt. In 2002 wurden nur 1700 Tonnen an PET aus Deutschland ausgeführt.

In 2003 haben sich nach anfänglichen Verbesserungen der PET-Flaschenqualitäten drastische Verschlechterungen ergeben. Zudem werden stark schwankende Preise und deutliche Preiserhöhung festgestellt. PET-Mangel wird durch den Export nach Fernost und jetzt auch durch Export in die Türkei bedingt. Während der Export zunächst in einem Graubereich erfolgte, sorgen inzwischen strenger Regelungen für den Einhalt der bestehenden Übereinkommen. Auf Parallelen zum PET-Aufkauf in den USA in 2002 wird verwiesen. Parallel zum PET-Export ist der PE Export von 48,176 Tonnen in 2002 auf 105,837 Tonnen in 2003 angestiegen. In China erfolgt die hochwertige Verwertung von PET v.a. bei der Herstellung von Fasern und Fleeze als Ausgangsstoffe für die Textilindustrie. Der PET-Export unterliegt den Abkommen aus WTO Basler Übereinkunft und Verbringungsverordnung. Der Export stützt auch die inländische Verwertungssituation zumindest solange als Übermengen auf dem Markt sind. Eine ausgeglichenere Wettbewerbssituation entsteht, wenn auch im Ausland entsprechende Mengenstrom- und Verwertungsnachweise bei Einhaltung europäische Mindeststandards für die Verwertung gegeben sind.

Die besonderen Vorteile für der Verwertung von PET in Deutschland oder in der EU sollten nochmals aufgezeigt werden:

  • Ortsnähe,
  • Entsorgungssicherheit (s. USA),
  • Erhalt der getätigten öffentl. und privaten Investitionen,
  • Erhalt bestehender Arbeitsplätze.


5. Nadelöhre Deponierung und thermische Beseitigung

Nach TASi und AbfAblV können ab dem 01.06.05 auf Deponien nur noch vorbehandelte Siedlungsabfälle eingelagert werden. Die Behandlung der Abfälle kann über Trennen, MBA oder thermische Behandlung erfolgen. Bisher wurden die europäischen Vorgaben im Bereich der Deponierung stringent auf nationaler Ebene umgesetzt. Bis 2025 wird angestrebt, Abfälle ohne Deponierungsmöglichkeit zu entsorgen.

Das BMU hat in 2004 einen Entwurf zur DepVerwV vorgelegt. Dieser Entwurf reiht sich ein in die TASi, TA Abfall, AbfAblV, DepV und VersatzV, die wiederum das KrW-/AbfG und in die europäische Deponierichtlinie vollziehen. Daher wäre anstatt der vorliegenden Verordnung ein einheitliches nationales Regelwerk zur Deponierung wünschenswert, das die Handhabung der gesetzlichen Vorschriften vereinheitlicht und den Vollzug vereinfacht. Der Entwurf zur DepVerwV bemüht sich, den sehr unterschiedlichen obertägigen Deponien, z.B. für Hausmüll, Schlämme, Sondermüll, Industriedeponie gerecht zu werden. Der bvse unterstützt die vorliegende DepVerwV, sofern in der DepVerwV alle Möglichkeiten zur Scheinverwertung von Abfällen auf Deponien, hier insbesondere von Haushalts- und Gewerbeabfällen sowie haushaltsähnlicher Abfälle, konsequent ausgeschlossen werden.

M.E. werden sich die Preise für die Deponierung, die sich nahezu im freien Fall befinden, ab dem 01.0605 erholen. Die Wettbewerbssituation für andere Verwertungs- und Beseitigungsverfahren wird sich nach dem 01.06.05 aber nicht plötzlich verändern, sondern eher langsam. Die Auswirkungen auf die verschieden Bereiche der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft sind im Vorhinein schwer abschätzbar, da es inzwischen zahlreiche und flexible Stellparameter gibt. Spannend bleibt, ob das Nadelöhr der Verbrennung, siehe prognos-Studie, wirklich zu Unterkapazitäten führen wird.

Die Auswirkungen der TASi und AbfAblV auf die Kunststoffverwertung sind zur Zeit katastrophal. Diese Situation wird mindestens bis zum 31.05.05 andauern. Vielen Betrieben fehlt das geeignete und qualitativ hochwertige Inputmaterial zu marktfähigen Verwertungspreisen. Ab dem 01.06.05 hoffen bereits viele Verbrenner auf das Füllen ungenutzte Kapazitäten. Entsprechende Preisangebote für die Verbrennung ab dem 01.06.05 liegen vor. Die Chancen des Kunststoffrecyclings liegen darin, die hochwertigen Mengen an Kunststoffen, die bisher in die Beseitigung gelangen, zu verwerten. Voraussetzung hierfür sind aber die getrennte Erfassung von Kunststoffen, entsprechende Sortieranlagen und flexible Sammelsysteme. Eine Patentlösung für Deutschland ist m.E. nicht umsetzbar.


6. Getrennt- contra Gemischterfassung von Kunststoffen

Seit Dez. 2003 werden sehr unterschiedliche Pilotvorhaben zum Thema "Mischtonne" durchgeführt. Abschließende Aussagen zu den durchgeführten, laufenden und geplanten Versuchen können nicht abgegeben werden. Vor allem aus den getätigten Versuchen in NRW ergeben sich jedoch folgende Feststellungen für das Kunststoffrecycling:

  • Die getrennte Kunststofferfassung ist unabdingbare Voraussetzung für die Kunststoffverwertung auf allen Ebenen; das sind das stoffliche Recycling, die EBS-Herstellung und die energetische Verwertung (Zementwerk, Metallherstellung).
  • Kunststoffe, die zusammen mit Hausmüll erfasst werden, ergeben minderwertige Kunststoffqualitäten.
  • Der Verbraucher hat sich für die bestehende Kunststofferfassung und -verwertung ausgesprochen, s. Allensbach-Umfrage 2004. Viele Verbraucher haben erkannt, dass Kunststoff kein wertloser Abfall ist sondern hochwertiges Material, das zum Vorteil der Umwelt möglicht lange in den Stoffkreisläufen zu halten ist.
  • Die aufgebauten Strukturen zur Kunststofferfassung und -verwertung werden durch die bisherigen Versuche stark gefährdet. Für eine bundesweite automatische Nachsortierung müssten entsprechende Sortieranlagen aus- bzw. nachgerüstet werden. Entsprechende Kapazitäten sind aufzubauen, die Biotonne wäre flächendeckend einzuführen. Dies ließe sich weder für die Verbraucher noch die Kommunen kostenneutral finanzieren - steigende Müllgebühren wären die Folge!
  • Die getrennte Erfassung der Wertstoffe im Haushalt ist in großen Teilen kostengünstig und effizient; sie kann aber verbessert werden. Das Konzept der Gelben Tonne als Wertstofftonne kann auch auf andere Kunststoffabfälle und auf andere Materialien erweitert werden; s. ALBA.

Daher lehnt der bvse in Übereinstimmung mit dem UBA-Papier von 07.04, dem VKS im VKU und basierend auf der Praxis in der Schweiz das Revival der Recyclingversuche der alten Grünen Tonne aus den 80er Jahren ab. Der bvse sieht in einigen Versuchen eher den Kampf um den Müll, als das ehrliche Bemühen um ein verbessertes und verbraucherfreundliches Erfassungssystem. Die Gemeinsame Erfassung von Abfallmaterialien mit Wertstoffen gefährdet die qualitativ hochwertige Kunststofferfassung und damit letztlich die § 6,3er-Systeme! Sollten aber die NRW-Versuche doch so erfolgreich sein wie angegeben, so empfehlen wir den Verfechtern der Versuche die oben festgestellten Mengen an Kunststoffen (2004 ca. 1,67 Mio. Tonnen an Kunststoffbeseitigungsabfällen), in den Kommunen, die die Biotonne eingeführt haben, aus dem unveränderten Hausmüll kostenneutral auszusortieren und sodann der hochwertigen Verwertung zuzuführen.


7. REACh eine der zentralen EU-Vorgaben für das Kunststoffrecycling

Hauptinstrument zur Neuordnung das Chemikalienrecht in der EU ist die so genannte REACh-Richtlinie (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals), die die Zulassung chemischer Stoffe und Zubereitungen regelt. REACh erfasst auch diejenigen Zwischen- und Endprodukte, die in der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft unter teilweiser oder vollständiger Verwendung von Sekundärrohstoffen hergestellt werden.

REACh sieht in einem abgestuften Verfahren die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien und Zubereitungen vor und zwar in Abhängigkeit ihrer Toxikologie und Umweltschädlichkeit. Nach Abschätzungen wird eine vollständige Charakterisierung eines Stoffes Kosten von etwa 50.000 Euro verursachen. Jedoch ist für eine Vielzahl von Stoffen nur die Registrierung erforderlich.

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. verweist auf folgende zentrale Punkte, die vor der Umsetzung von REACh im Recyclingbereich unbedingt zu klären sind:

  • Der Bürokratieaufwand und die Kosten für die einfache und die Vollregistrierung der relevanten Stoffe und Zubereitungen muss vor Einführung der REACh-Regelungen dargelegt werden. Alle hierfür notwendigen Formulare sind offen zu legen.
  • Der Eintrag von Hilfsstoffen, Zuschlägen und Additiven in Zwischen-, Vor- und Endprodukte darf nicht zu weiteren Beschränkungen durch REACh führen.
  • Die rechtlichen Verpflichtungen und ihre Konsequenzen aus der Vorregistrierung müssen in allen Punkten offen gelegt werden. Nachfristen für die REACh-Registrierungen sind einzuräumen.
  • Zu klären ist vor allem der Umfang der direkten und indirekten Produkthaftungen, die durch REACh entstehen und an die Aufbereiter und/oder Verarbeiter von Sekundärmaterialien weiter gegeben werden können.

Die REACh-Regelungen erweisen sich als besonders problematisch für die chemischen Verwertungsverfahren. Die Verfahren für das rohstoffliche Recycling, das sind insbesondere die Altölraffination, das rohstoffliche Kunststoffrecycling und die Herstellung von Methanol oder die Aufarbeitung von Lösemitteln, unterliegen nach dem Arbeitsdokument 7/04 ausnahmslos den gleichen REACh-Anforderungen wie die Primärprodukte. Die rohstofflichen Verwertungsverfahren werden gleichgesetzt mit der Neuherstellung von Chemikalien und Zubereitungen.

Von den strengen REACh-Regelungen sind laut Arbeitsdokument die werkstofflichen Recyclingverfahren ausgenommen. Das Arbeitsdokument sieht eine erleichterte REACh-Registrierung dann vor, wenn die Produkte dem bestimmungsgemäßen Gebrauch, also der down-stream Verwendung, unterliegen. Die down-stream Verwendung von Produkten findet z.B. dann keine Anwendung, wenn aus Mischkunststoffen andere Verarbeitungsprodukte als die ursprünglichen hergestellt werden. So hat der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Plastiktüte zunächst nichts mit deren anteiliger Verwendung in einem Buhnenpfahl gemein.

Es wäre eine spannende Aufgabe, wenn Kunststoffhersteller alle Recyclingmöglichkeiten in den Produktdatenblättern auflisten müssten. Dies ist insofern schwierig, als sich immer wieder neue Einsatzmöglichkeiten von Sekundärkunststoffen ergeben, die bisher unbekannt oder unberücksichtigt waren.


Ausblick

Der Verbrauch von Kunststoffen wird innerhalb der EU und in Deutschland weiter ansteigen.

Eine Fixierung auf die Standardkunststoffe aus den DSD-Sammlungen wird wegen rückläufiger Mengen an Standardkunststoffen (Export, § 6,3er-Systeme) erschwert. Letztlich werden aber die Kunststoffverpackungen für Lebensmittel und Getränke weiter zunehmen (Deponierungsverbot, Kunststoffverbrauch). Dennoch sind keine größeren Mengen an Standardaltkunststoffen aus dem Verpackungsbereich zu erwarten, zumindest solange nicht als der Fernostexport mit seinen überschießenden Märkten weiterhin große Mengen an Kunststoffen kontinuierlich aus der EU abzieht. Wegen der angespannt Exportsituation bleiben die Preise auf hohem Niveau.

Dadurch entsteht eine Mangelverteilung von Kunststoffverpackungen. Deshalb sollten andere Mengen an Kunststoffen für die werkstoffliche Verwertung erschlossen werden. Ein möglicher Fokus auf Kunststoffe aus den Bereichen der Elektr(on)ik oder der Altfahrzeuge ist m.E. erschwert, wie nicht zuletzt die beiden letzten FKuR-Kongresse zeigten. Die werkstoffliche Verwertung ist daher gezwungen, die Verarbeitung anderer Standardkunststoffe (PS, PVC, PU) aus weiteren Stoffströmen und die von Technischen Kunststoffe aufzunehmen. Eine weitere Alternative für die Kunststoffverwertung ist die Herstellung von Ersatzbrennstoffen. Der Einsatz von Lösemittelverfahren müsste m.E. weitere Verwertungsmöglichkeiten erschließen. Die praktische Umsetzung bestehender, technisch ausgereifter Lösemittelverfahren bedarf m.E. der besonderen Hilfe der DSD u. DKR.

Der Autor ist verwundert darüber, dass die Bedeutung des werkstofflichen Recycling von Teilen der Verantwortlichen nicht mehr erkannt werden. Erstaunliche Gleichsetzungen von werkstofflichen mit rohstofflichen und mit energetischen Verfahren erfolgen. Das werkstoffliche Recycling ist weit mehr als das Nutzen der Verbrennungsenergie, denn der Erhalt der umgesetzten Produkte, macht die Kette aus Verfahrensschritten bis zur Produktherstellung überflüssig.


bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

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