Fachartikel vom 29.09.2003

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Zerkleinerung von lang- und endlosfaserverstärkten Thermoplasten

Hans-Peter Fischer, WEIMA Maschinenbau GmbH

Die werkstoffliche Verwertung von lang- und endlosfaserverstärkten Thermoplasten zu hochwertigen, langfaserverstärkten Fließpreß-Bauteilen erfordert eine schonende Zerkleinerung der zu verwertenden Materialien zu grobstückigem Mahlgut, um eine möglichst große Faserlänge zu erhalten. Die Eigenschaften der mit diesem Mahlgut hergestellten Bauteile werden nämlich maßgeblich von der Faserlänge bestimmt. Dem eingesetzten Zerkleinerungsaggregat kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu. In einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt hat die WEIMA Maschinenbau GmbH, Ilsfeld, zusammen mit namhaften Partnerunternehmen die Einwellenzerkleinerer der Baureihe WLK-F (Bild 1) entwickelt.



Leichte Bauweise durch Fasern

Kurzfaserverstärkte Thermoplaste haben sich in den letzten Jahren speziell im automobilen Leichtbau zunehmend durchgesetzt. Auch langfaserverstärkte Thermoplaste kommen in Form von glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) immer mehr in der Großserienproduktion zum Einsatz. Endlosfaserverstärkte Thermoplaste sind eine relativ junge Werkstoffgruppe, deren Einsatz speziell durch alle namhaften nationalen und internationalen Automobilhersteller für Bauteile oder ganze Karosserien aus Faser-Kunststoff-Verbunden vorangetrieben wird. Wichtige Anwendungen sind bis heute Unterbodenverkleidungen, Montageträger, Sitzschalen, Schallkapseln und Stoßfänger. Aktuelle Entwicklungen sehen den Einsatz von Langfasergranulaten und sog. Organoblechen (gewebeverstärkte Thermoplaste) aus der Gruppe der endlosfaserverstärkten Thermoplaste vor. So muss in den nächsten Jahren mit einer steigenden Menge von Altteilen und Produktionsausschuß in Form von Stanzteilen, Randabschnitten etc. aus lang- und endlosfaserverstärkten Thermoplasten gerechnet werden.

Voraussetzung für eine hochwertige Verwertung dieser Bauteile ist eine Zerkleinerung, die ein grobstückiges Mahlgut erzeugt, um so den Erhalt einer gewissen Faserlänge zu gewährleisten. Weiterhin darf die Matrix nicht zu stark beansprucht werden, um Rißeinleitung bzw. Rißausbreitung sowie eine thermische Schädigung zu vermeiden. Lang- und endlosfaserverstärkte Thermoplaste besitzen eine zäh-elastische Matrix und spröde Fasern, wodurch sie kein eindeutiges Bruchverhalten kennzeichnet. Die Zerkleinerung zu grobstückigem Mahlgut erfordert somit eine spezielle Zerkleinerungstechnik.


Optimale Faserlänge ermöglicht hochwertige Verwertung

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden alle verfügbaren Zerkleinerungstechniken wie Schneidmühlen, Zwei- und Vierwellenshredder sowie Einwellenzerkleinerer getestet. Ein wichtiges Ergebnis war, dass die langen Fasern in den Versuchen beim Zerkleinerungsvorgang zerrieben wurden und nur ein kleiner Anteil vom erzeugten Mahlgut eine definierte mittlere Faserlänge aufwies, unabhängig von der eingesetzten Zerkleinerungstechnik. Ein weiteres Problem war ein zu hoher Feinanteil, der u.a. durch die zwischen Rotor und Sieb entstehende Friktion erzeugt wurde.

Die Erzeugung grobzerkleinerter faserverstärkter Thermoplaste im Stückgrößenbereich oberhalb von 50 mm hat sich im Rahmen der Versuche als optimal für die spätere Verarbeitung zu neuen Bauteilen herausgestellt. Hierbei sollte durch die Zerkleinerung allerdings kein Aufschluß des Verbundes erfolgen. Weiterhin ist eine möglichst enge Stückgrößenverteilung um die mittlere Stückgröße wünschenswert. Bei gleichförmigen Produkten, wie z.B. Platten, wäre eine Zerkleinerung durch Stanzen die ideale Lösung, da hierbei eine gleichmäßige Stückgröße erzeugt werden kann.


Einwellenzerkleiner der Baureihe WLK-F

Die vielversprechendsten Ergebnisse lieferten die konventionellen WEIMA-Einwellenzerkleinerer der Baureihe WLK, die nun im Rahmen des Projektes konsequent gemäß der gestellten Aufgabe weiterentwickelt wurden. Umfangreiche Zerkleinerungsversuche mit unterschiedlichsten Bauteilen wurden mit verschiedenen Messern, Messeranordnungen, Sieblochgeometrien etc. durchgeführt und dokumentiert. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse wurde ein neuer Rotor mit speziellen Messern und Gegenmessern und spezieller Siebtechnik entwickelt. Die meist glasfaserverstärkten Thermoplasten erzeugen während der Zerkleinerung aufgrund ihrer hohen Abrasivität einen hohen Verschleiß der Zerkleinerungswerkzeuge und des Rotors. Aus diesem Grunde wurde der aus Spezialstahl hergestellte Rotor, der aus dem Vollen gefertigt und eine spezielle Profilierung (V-Rotor) sowie einen patentierten Messersitz besitzt, mit einem erneuerbaren Hardox-Mantel aufgepanzert.

Die auf dem Rotorumfang angebrachten Schneidwerkzeuge sind konkav geschliffene Hohlmesser mit einer Kantenlänge von 40 mm. Sie werden aus gesintertem und hochverschleißfestem Spezialstahl hergestellt und sind vierfach wendbar. Sie werden in Messerträger eingeschraubt, die wiederum in den Rotor eingeschraubt sind (Bild 2), so dass sie leicht und schnell erneuert werden können. Auf dem Rotorumfang sind üblicherweise zwei Messerreihen angebracht, wodurch eine kurze Verweildauer des Materials und damit ein großer Durchsatz erzielt wird.

Über eine flexible Gegenmesserleiste ist die exakte Einstellung des Schnittspaltes möglich. Ein exakter und enger Schnittspalt ist für eine hohe Schnittqualität unerläßlich. Ein zu großer Schnittspalt würde zu einer reißenden Beanspruchung des Materials führen, wodurch der Erhalt langer Fasern verhindert wird. Die Gegenmesserleiste ist segmentiert (Bild 3), so dass der verschleißbedingte komplette Austausch durch die Segmentierung erleichtert wird. Auch bei einer möglichen Beschädigung muß so nicht die gesamte Gegenmesserleiste erneuert werden, sondern nur das jeweils betroffene Segment.

Die Maschinen sind mit einem hydraulisch wegschwenkbaren Siebkorb ausgestattet, in den das ebenfalls segmentierte Sieb eingeschraubt ist. Die Siebe werden in hochverschleißfestem Stahl mit einer speziellen Anordnung der Sieböffnungen ausgeführt. Diese befinden sich hierbei in einer genau definierten Anordnung zu den auf dem Rotor angebrachten Messern. Der schnelle Zugang zum Rotor bewirkt kurze Rüstzeiten bei Reinigung und Wartung und garantiert somit geringe Stillstandszeiten und eine hohe Verfügbarkeit der Maschinen.


Sicherer Betrieb und flexible Ausführung

Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Auslegung war, dass die Maschine in der Produktionsumgebung, z.B. eines Automobilzulieferers, steht. Allein schon aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen darf hier möglichst gar kein Feinanteil in die Luft abgegeben werden. Deshalb wurde innerhalb der Maschine eine Feingutseparation integriert. Hierbei werden die Feinanteile über innerhalb des Maschinenkörpers angebrachte Absaugschlitze mittels Unterdruck abgesaugt. Neben der Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Grenzwerte an Feingutanteilen in der Luft wird somit auch die Qualität hinsichtlich eines geringen Feingutanteils im erzeugten Mahlgut sichergestellt.

Die Maschinen sind somit bei minimalem Personaleinsatz voll in den Produktionsprozess integrierbar. Sie setzen sich bei einem bestimmten Füllgrad automatisch in Betrieb und schalten automatisch ab, sobald der Trichter leer ist.

Die Einwellenzerkleinerer der Baureihe WLK-F zeichnen sich aus durch einen starken und robusten Antrieb und eine große und praxistaugliche Stabilität des Maschinenkörpers. Sie ermöglichen die Verarbeitung unterschiedlicher Bauteilgrößen von klein bis groß sowie Bauteile unterschiedlicher Komplexität. Weiterhin ermöglichen sie die stückweise, die chargenweise (kompletter Container, Batchbetrieb) und die endlose Beschickung (innerhalb einer automatisierten Produktion). Die Auslegung erfolgt hierbei im wesentlichen nach der Größe der zu zerkleinernden Bauteile. Die Maschinen werden üblicherweise in Rotorbreiten von 600 mm bis 2.500 mm ausgeführt. Der Rotordurchmesser beträgt 368mm. Die Antriebsleistungen liegen zwischen 30 kW und 55 kW.

Die Materialzufuhr auf den Rotor erfolgt über einen horizontal im Maschinenraum gelagerten Schieber, der das Material, lastabhängig gesteuert, diskontinuierlich gegen den Rotor drückt. Bei Überlastung schalten die Maschinen in einen reversierenden Betrieb, wobei der Schieber ebenfalls entlastet. Der Schieber wird über segmentierte und austauschbare Bodenführungen exakt geführt und ist mit einer Messingauflage versehen, wodurch eine leichte und sichere Führung gewährleistet wird. Weiterhin ist der Schieber seitlich mit nachstellbaren Abstreifleisten ausgestattet, die unerwünschten Materialeinzug zwischen Schieber und Maschinengehäuse verhindern.

Diese Serie ist zwischenzeitlich bei zahlreichen namhaften Automobilherstellern und Zulieferern im Einsatz.


WEIMA Maschinenbau GmbH

Bustadt 6-10
74360 Ilsfeld, Deutschland

Tel.:   +49 (0) 7062 9570-0
Fax:   +49 (0) 7062 9570-92

Internet: weima.com


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