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05.12.2013, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 8 Minuten    

COMPAMED 2013: Medizintechnik-Messe mit 681 Ausstellern und fast 17.000 Besuchern

Die COMPAMED 2013, Markt- und Informationsplattform für die Zulieferer der medizintechnischen Fertigung, die parallel zur weltgrößten Medizinmesse MEDICA 2013 vom 20.-22. November in Düsseldorf stattfand, besuchten fast 17.000 Besucher. Die 681 Aussteller präsentierten in den Hallen 8a und 8b des Düsseldorfer Messegeländes eine Fülle an Technologie- und Service-Lösungen für den Einsatz in der „MedTech“-Industrie – von neuen Materialien, Komponenten, Vorprodukten, Verpackungen und Dienstleistungen bis hin zu komplexer Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie.

Ein Beispiel für den Trend der interdisziplinären Herangehensweise ist der Forschungsverbund Ohr-Biofeedback. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss aus Instituten, Universitäten und KMUs mit dem Ziel, die Behandlung von Schmerzpatienten zu verbessern. „Grundlage dafür ist ein Sensor, der so klein ist, dass er ins Ohr passt, und Vitalfunktionen im äußeren Gehörgang misst“, erklärt Dr. Olaf Brodersen, Direktor des Geschäftsbereichs MOEMS des Forschungsinstituts für Mikrosensorik und Photovoltaik CiS. Das miniaturisierte Gerät misst über die so genannte Pulsoximetrie die Vitalparameter wie Herz- und Atemrate. Das Verfahren dient zur nicht invasiven Ermittlung der arteriellen Sauerstoffsättigung über die Messung der Lichtabsorption bzw. der Lichtremission bei Durchleuchtung der Haut. Mit ihm lässt sich feststellen, inwieweit Körper und Seele angespannt sind. Steht der Patient unter Stress, wird ein individuelles Biofeedback-Programm gestartet, bis man sich wieder wohl in seiner Haut fühlt. Der gesamte Ablauf wird über eine App auf dem Smartphone gesteuert. Diese App hat zusätzlich den Charme, dass auf Wunsch der Arzt hinzugezogen werden kann. Binder Elektronik hat die Aufgabe übernommen, die Elektronik für Ansteuerung und Auswertung der Sensoren zu miniaturisieren und zu fertigen. Das Leiterplatten-Layout wurde mittels 3D-Design in die Form des gewünschten Hinterohrgehäuses gebracht und im 3D-Druck hergestellt, da kein passendes Gehäuse am Markt verfügbar war. Die „Beruhigungspille“ im Ohr soll den Bedarf an Schmerzmitteln senken.

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Ein Jet für Zellen und Proteine
Ähnlich interdisziplinär aufgestellt ist das Projekt LIFTSYS, das das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Düsseldorf präsentierte. Auf Basis des Laser Induced Forward Transfer (LIFT) haben die Aachener Wissenschaftler eine Anlage entwickelt, die zur selektiven, kontaktlosen Übertragung von Hydrogelen, lebenden Zellen und anderen Biomaterialien zum Einsatz kommt. Das Verfahren lässt sich überall dort anwenden, wo kleinste Mengen an Material punktgenau auf einem Empfängerträger aufgebracht werden sollen. Ein breites Anwendungsfeld findet es in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung, in der Krankheiten oder Wirkstoffe in gezielt hergestellten Teststrukturen untersucht werden. Hierbei muss das wertvolle Material, wie z.B. Stammzellen, möglichst sparsam verwendet werden. „Bei dem Verfahren befindet sich zwischen Substrat und Zellen eine hauchdünne Titanschicht von wenigen Nanometern Dicke“, sagt Nadine Seiler, Biologin und Projektmanagerin am ILT. Über ein Kamerasystem wird die Zelle ausgesucht, durch einen gepulsten Laserstrahl die Titanschicht verdampft und das Probenmaterial durch den entstehenden Vorwärtsimpuls übertragen. Fachleute sprechen hier von einem Jet. Der laserbasierte Prozess benötigt keinen Druckkopf und kann deshalb Biomaterialien wie RNS, DNS, Proteine und Zellen übertragen.

Cholesterin-Gehalt selbst messen
Ein drittes Beispiel für die erfolgreiche Kooperation von Physikern, Chemikern, Biologen, Medizinern und Ingenieuren – diesmal sogar im Rahmen des europäischen Programms SIMS (Smart Integrated Miniaturised Sensor System), ist ein hoch integriertes System zur Vor-Ort-Kontrolle des Cholesterin-Gehaltes im Blut, ein wichtiger Indikator für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Diagnostik-Einheit besteht aus dem cholesterinempfindlichen Biosensor und einem elektrochromen Display, dass den Cholesterin-Gehalt in sechs Farbstufen anzeigt, der gedruckten Batterie, der organische Elektronik und einer Schnittstelle zum Mobiltelefon für die Übermittlung der Werte an einen Arzt oder eine Klinik. „Ein Tropfen Blut reicht, um den Test zu machen“, betont Dr. Andreas Willert, zuständig für Printed Functionalities am Fraunhofer-Institut für ENAS, das für die gedruckte Energieversorgung in Form einer Zink-Braunstein-Batterie verantwortlich ist. Das kleine Kraftpaket ist schwermetallfrei, benötigt keine aggressiven Elektrolyte und muss nicht aufgeladen werden, da es für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist. Das Konsortium ist inzwischen auf der Suche nach einem Partner, der das System ab 2015 oder 2016 produziert und vertreibt.

Miniaturisierung und Molekularisierung
Die genannten Beispiele stehen abgesehen vom interdisziplinären Ansatz auch für zwei Trends, die Joachim Schäfer, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf, schon vor Beginn der COMPAMED benannt hat: Miniaturisierung und Molekularisierung. „Gerade wenn es um mobile Endgeräte geht, können die Bauteile nicht klein und leicht genug sein“, so Schäfer. Dem Wettbewerb, selbst in kleinste Bauteile größtmöglichen Fortschritt einzubauen, stellen sich bei der COMPAMED auch immer mehr „industrielle Schwergewichte“. Nach BASF, Bayer, Schott und Panasonic hatte nun auch Siemens – seit vielen Jahren regelmäßiger Aussteller bei der MEDICA - die COMPAMED erstmalig in diesem Jahr entdeckt.

Transparente Keramik
Ein Themen-Klassiker bei der COMPAMED sind neue Materialien. Eine echte Innovation hatte diesmal die Firma CeramTec mitgebracht. Sie präsentierte erstmals eine transparente Keramik (Perlucor), die im Serienmaßstab zur Verfügung steht. „Von der Grundidee her ist unser Material mit Saphir vergleichbar, hat aber bessere Eigenschaften. Der hohe Brechungsindex ist zum Beispiel ideal für die Anfertigung von Linsen für die Endoskopie geeignet“, so Dr. Lars Schnettler, Entwickler und Produktmanager Transparente Keramik bei CeramTec. Das Material, ein Magnesium-Aluminium-Spinell, ist extrem hart und fest, kratzfrei und beständig gegen Chemikalien wie Säuren und Laugen. Zudem ist der neue isotrope und polykristalline Werkstoff für Infrarotstrahlung bis zu sechs Millimetern Dicke durchlässig, Alternativen dagegen nur bis zu 2,5 Millimetern. Zudem glänzt das Material mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Fast schon zwangsläufig konnte CeramTec mit „Perlucor“ den DeviceMed-Award in der Kategorie Werkstoffe gewinnen, den die Redaktion des Fachmagazins zum zweiten Mal vergeben hat.

3D-Druck auch in der Medizintechnik
Eine neue Kombination aus Material und Prozess stellt zudem der 3D-Druck dar, der nun auch die Medizintechnik erreicht hat. So sollen im europäischen Projekt „ArtiVasc 3D“, an dem 16 Partner aus sieben Ländern beteiligt sind, Implantate für Weichgewebe im 3D-Druck entwickelt und hergestellt werden, die als medizinischer Gewebeersatz oder als Testsystem für Pharmazeutika und Kosmetika dienen. „Es geht unter anderem um künstliche Stützstrukturen für Adern und Blutgefäße. Die Herausforderung besteht darin, das richtige Material zu finden, das per 3D-Druck bearbeitbar ist“, betont Dr. Martin Wehner vom ILT. Auch das spanische Unternehmen microLIQUID arbeitet bereits mit dem Verfahren. „Wir stellen mit dieser Methode Lab-on-a-Chip-Systeme her, die es erlauben, Proben wie Blut oder andere Körperflüssigkeiten in situ zu untersuchen“, erklärt Borja Barredo, CEO von microLIQUID. Für den 3D-Druck wird ein spezielles Polymer, ähnlich dem Polymethylmethacrylat (PMMA, Plexiglas), eingesetzt. Die integrierten Bauteile aus Mikrofluidik und Elektronik sind bereits auf dem Markt. „Gerade bei den Artikeln zur einmaligen Nutzung, die voll im Trend liegen, ist der 3D-Druck ein preiswertes Verfahren mit Zukunft“, urteilt Dr. Thomas R. Dietrich, ab 1.1.2014 Geschäftsführer des IVAM – Fachverband für Mikrotechnik. Angesichts der wachsenden Bedeutung des dreidimensionalen Druckens hat die Messe Düsseldorf die Marke „3D fab + print“ entwickelt, die den Besuchern verschiedener Messen jeweils branchenbezogen eine Orientierung zu diesem Zukunftsthema geben soll.

Keimfrei durch Polymere, Silber und Kupfer
Ein Dauerbrenner im Medizinbereich bleibt unterdessen das Problem Hygiene. In Europa sterben fast 150.000 Patienten an nosokomialer Infektionen, die sie sich während eines Krankenhausaufenthalts zuziehen. SCS Specialty Coating Systems aus den USA hat vor diesem Hintergrund eine neue Parylene-Technologie – Parylene sind polymere Beschichtungen – mit antibakteriellen Eigenschaften entwickelt. Das Material mit der Bezeichnung „microResist“ kombiniert die bekannten Parylene-Eigenschaften mit einem zusätzlichen Merkmal, der Eliminierung schädlicher Mikroorganismen auf der beschichteten Oberfläche. Die Beschichtungen sind biokompatibel und biostabil, bieten exzellente Feuchte- und Gasbarrieren – auch gegen sehr aggressive Medien – und liefern außerdem beste dielektrische Eigenschaften. Anwendungsgebiete sind z.B. Stents, Katheter, Schweißdrähte für Katheter, Herzschrittmacher und pharmazeutische Container. Auch die BASF hat neue Hygiene-Lösungen entwickelt: Mit „HyGentic SBC“ und „HyGentic PA“ stehen zwei neue Polymere mit „eingebauter antimikrobieller Aktivität“ zur Verfügung. In beiden Fällen sorgen Silberionen für die keimtötende Wirkung. Aber es muss nicht Edelmetall sein: Aktuelle Studienergebnisse belegen, dass die Verwendung antimikrobieller Kupferwerkstoffe die Gefahr nosokomialer Infektionen auf Intensivstationen um 58 Prozent senken kann. Das Deutsche Kupferinstitut hat anlässlich der MEDICA + COMPAMED auf die vielfältigen Möglichkeiten der Kupfer-Anwendung hingewiesen. Laborversuche haben gezeigt, dass Kupferoberflächen 99,9 Prozent aller Bakterien innerhalb von zwei Stunden eliminiert werden. Gut möglich, dass schon zur nächsten COMPAMED entsprechende Entwicklungen vorgestellt werden.

Individuelle Verpackungsmaschinen
Wie das Thema Hygiene steht auch der Bereich Verpackungen immer im Fokus der COMPAMED. Zum ersten Mal war das Unternehmen KOCH Pac-Systeme vertreten, das unter der neuen Marke „KOCH medplus“ Hartblister-Verpackungsmaschinen jetzt für den Bereich Medizintechnik anbietet. Gerade hier ist ein Maschinendesign nach den Grundsätzen des „Good Manufacturing Practice“ (GMP) von großer Wichtigkeit. „So sind unsere Anlagen aus geeigneten Materialien und leicht zu reinigen. Wir vermeiden Hohlräume und verwenden passende Schmiermittel. Natürlich liefern wir die entsprechenden Qualifizierungs- und Validierungsunterlagen mit“, sagt Philipp Bohnet, Leiter des Geschäftsbereichs Medizintechnik bei KOCH. Dazu komme der Wunsch der Kunden nach individuellen Lösungen. Bei KOCH wird dafür ein Basismodul um weitere Komponenten wie z.B. Folien- und Leafletzuführung oder Inspektions- und Kennzeichnungssysteme ergänzt. So entsteht die passende Maschine, auch wenn z.B. der Platz im Reinraum begrenzt ist. „Wir haben oft Kunden, die nur wenige Quadratmeter für die Blistermaschine zur Verfügung haben. Gemeinsam finden wir dann die beste Lösung“, berichtet Philipp Bohnet. „Dadurch sind die Maschinen sehr individuell. Wir bauen kaum eine ein zweites Mal.“

Weitere Informationen: www.compamed.de, www.medica.de

COMPAMED 2014, 12.-14. November 2014, Düsseldorf
MEDICA 2014, 12.-15. November 2014, Düsseldorf

Messe Düsseldorf GmbH, Düsseldorf

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