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18.08.2017, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 7 Minuten    

KNF + CNW: Nachbericht zum "Treffpunkt Kunststoff 2017"- Auswirkungen von Mega­trends auf die Kunststoffindustrie – Digitalisierung und neue Mobilität

Die Referenten und Veranstalter: v.l.n.r. hi: Maarten Wermers, Dr.-Ing. Christian Leister, Dipl.-Ing. Thomas Uhlemann, Dr. Klaus Funk, Thomas Elsasser, Dr. Edgar Quandt vorne: Dr.-Ing. Thomas Neumeyer, Marc Kreidler, Dipl.-Kfm. Hans Rausch, Dr. Marcus Rauch
Die Referenten und Veranstalter: v.l.n.r. hi: Maarten Wermers, Dr.-Ing. Christian Leister, Dipl.-Ing. Thomas Uhlemann, Dr. Klaus Funk, Thomas Elsasser, Dr. Edgar Quandt vorne: Dr.-Ing. Thomas Neumeyer, Marc Kreidler, Dipl.-Kfm. Hans Rausch, Dr. Marcus Rauch
Am 27. Juli 2017 luden das Kunststoff-Netzwerk Franken e.V. und der Cluster Neue Werkstoffe nach Bayreuth ein, um die Auswirkungen der Digitalisierung und der neuen Mobilität auf die Kunststoffbranche zu erörtern. Deren Auswirkungen auf die Produktion der Zukunft, verbunden mit einem veränderten Mobilitätsverhalten, bestimmen derzeit die Diskussion in Unternehmen und Medien.

Die daraus resultierenden technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen bieten Chancen und Herausforderungen gleichermaßen. Hans Rausch vom Kunststoff-Netzwerk Franken e.V. und Dr. Marcus Rauch vom Cluster Neue Werkstoffe begrüßten die Teilnehmer und führten zusammen mit KNF-Vorstandsmitglied Dr. Quandt durch die weitere Veranstaltung.

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Zum Auftakt des Treffpunkt Kunststoff stellte Dr. Klaus Funk vom ZD.B (Zentrum Digitalisierung Bayern) das Thema „Digital Engineering and Production – Herausforderungen und der Nutzen von dynamischen kollaborativen Netzwerken“ vor:
"Durch die zunehmende Vernetzung und Integration der Produktionssysteme im Zuge des Industrie 4.0 Ansatzes wird eine technische, prozessuale und kulturelle Integration notwendig", so Dr. Funk. "Dies wird zu Veränderungen bei Produkten, Märkten, Mitarbeitern und Kunden führen. Dabei muss man sich immer vor Augen halten, dass die Digitalisierung bzw. die Industrie 4.0 keine Blaupausen bereithält, sondern immer eine individuelle Anpassung und Optimierung an die Bedarfe der Unternehmung verlangt, sei es im Hinblick auf den Grad der Vernetzung oder auf eine Steuerung, die auf einem dynamischen Modell basierend situativ reagieren kann. Ein weiterer Aspekt sind die immer kürzer werdenden Innovations- und Lebenszyklen. Heute muss oftmals schon eine Entwicklung angestoßen werden, ohne die genau Endspezifikationen zu kennen. Um hier erfolgreich zu sein, werden neue Formen der Zusammenarbeit entlang des Innovations- und Lebenszyklus benötigt, um die steigende Komplexität handhaben zu können."

Mit der Zukunft der Mobilität setzte sich Dr. Marcus Rauch vom Cluster Neue Werkstoffe der Bayern Innovativ auseinander:
"Dass sich die Automobilindustrie in einem Wandel befindet, ist unbestritten und zeigt sich gerade in den heutigen Diskussionen um alternative Antriebe und autonomes Fahren. Schlagworte wie „Neue Mobilität“ und „Nachhaltigkeit“ sind allgegenwärtig. Dies führt zu neuen Themenstellungen wie die Beschleunigung der Fahrzeugentwicklung, die Elektrifizierung oder das Zusammenspiel von Informations- und Kommunikationstechnologien mit rechtlichen Fragestellungen. Spannend wird es, wenn sich der Blick auf das Umfeld des Fahrzeugs richtet. Themen wie Mikromobilität, Smart Mobility Services oder auch Mobilitätsszenarien spielen hier eine Rolle. So entsteht gerade ein Paradigmenwechsel weg vom Besitz eines Fahrzeuges hin zur Fahrzeugnutzung und somit zu einer „Door2Door“ Mobility, was ganz neue Anforderungen und Herausforderungen schafft. Ein Schwerpunkt hierbei sind „Car on Demand und Mobility on Demand“ Konzepte, die eine individuelle Nutzung ermöglichen. In diesem Spannungsfeld bieten sich eine Vielzahl an Möglichkeiten mit maßgeschneiderten Dienstleistungsangeboten den Markt zu erobern. Die heutigen OEMs und Zulieferer müssen sich dieser Herausforderung stellen und neue Strategien entwickelten. Beispielsweise betreibt Bosch mit ihrer Tochterfirma COUP in Berlin einen eScooter Sharingdienst und baut damit ein komplett neues Geschäftsfeld im Bereich der Mobilitätsdienstleistungen auf. Es zeigt sich, dass gerade an den Schnittstellen, wo etablierte Verfahren mit neuen Technologien und neuen Denkweisen aufeinandertreffen, neue Geschäftsmodelle und Innovationen entstehen. All dies wird mehr Chancen als Risiken für die Werkstoff- und Fertigungstechnologien ergeben", wie Herr Dr. Rauch zum Abschluss betonte.

Nach der Mittagspause führte Dr. Edgar Quandt durch den Themenschwerpunkt „Neue Mobilität“.

Maarten Wermers von der Merck KGaA beleuchtete die Herausforderungen und Chancen der neuen Mobilität und schaffte damit den Übergang in die Fachvorträge. Die Zukunft der Mobilität „Was treibt uns an?“ stand dabei im Mittelpunkt der Betrachtungen:
Ausgehend von den Megatrends wie Urbanisierung, Digitalisierung, Circular Economy oder auch Nachhaltigkeit zeigte er die wichtigsten Herausforderungen im Bereich der Mobilität auf. Ausgehend hiervon stellte er die Frage, ob diese Veränderungen nun ein Risiko oder eine Chance für die Werkstoffwelt und insbesondere für Kunststoff darstellen und beantwortete diese mit "Eine Chance, die es zu nutzen gilt. So werden die Fahrzeuge nicht nur leichter und kleiner, sie nutzen auch neue Technologien, um bei der Produktion und der Oberflächengestaltung individuelle Lösungen zu realisieren. Darüber hinaus spielt das Cradle to cradle –Design eine immer größere Rolle, sowohl beim Interieur als auch beim Exterieur. Dies wird dazu führen, dass der Einsatz von recycelbaren und trennbaren Werkstoffen sich erhöht. Die Ausstattung der Fahrzeuge mit Smartphone-Steuerung, der Einbau von Kameras und Sensoren sowie die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Fahrzeugs, z.B. als Energiespeicher, sind weitere Perspektiven der Zukunft. All dies bietet Möglichkeiten, mit Kunststoffen und den richtigen Fertigungsverfahren neue Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Aber auch Herr Wermers sagte deutlich, dass dies nicht alleine möglich sei sondern hier neue Partnerschaften und Kooperationen auf Augenhöhe benötigt werden."

Einen Beitrag zur Reichweitenerhöhung im Hinblick auf die Elektromobilität stellte Dr.-Ing. Christian Leister von der Rehau AG vor.
Er präsentierte das Konzept eines polymeren Wasserstofftanks als Baustein zur langreichweitigen Elektromobilität. Das Konzept dieses polymeren Wasserstofftanks wurde bei Rehau durch eine mehrstufige Verfahrenskombination verwirklicht. Mit Hilfe einer Faserwickeltechnik wird ein Bauteil realisiert, anschließend im Autoglav-Verfahren verdichtet. In seinem Vortrag zeigte Herr Leister, dass durch die innovative Verknüpfung verschiedener Produktionsverfahren hochleistungsfähige Bauteile realisiert werden können, die mit bisherigen Verfahren nicht vorstellbar waren.

Das Thema „Nachhaltige Produktion von Leichtbaustrukturen. Ein Widerspruch?“ beleuchtete Dr.-Ing. Thomas Neumeyer von der Neue Materialien Bayreuth GmbH.
Anhand verschiedener Entwicklungsprojekte erläuterte Dr. Neumeyer, dass es durchaus möglich ist, Kunststoffbauteile in Verbindung mit regenerativen Energien umweltverträglich und nachhaltig zu produzieren. Am Beispiel der Herstellung von EPP-Bauteilen ist es gelungen, durch geschickte Prozessführung den Energie- und Wasserdampfbedarf drastisch zu reduzieren. Die geeignete Prozessführung ermöglicht eine gleichbleibende, hohe Bauteilqualität und schont dennoch die Ressourcen. Bauteile werden nicht unbedingt an jeder Stelle gleich hohen Belastungen ausgesetzt. Daher ist es sinnvoll, Verfahrenskombinationen zu wählen, die die entsprechend belasteten Stellen berücksichtigen, während weniger belastete Stellen durchaus in einem anderen Verfahren ergänzt werden können. Dies zeigte er anhand der Umformung sog. Prepregs-Kohlefasermatten in Verbindung mit dem Spritzgussverfahren.

Den Abschluss des Tages bildete der Themenschwerpunkt „Digitalisierung“, den Dr. Marcus Rauch vom CNW moderierte.

Thomas Uhlemann vom Fraunhofer IPA leitete diesen Themenblock mit dem Vortrag „Bewertung von Produktionsanlagen: Von der messtechnikbasierten Datenanalyse bis zu deep learning“ ein.
Hierbei hob er die Bedeutung des digitalen Zwillings hervor, der es ermöglicht, den Produktionsprozess in allen seinen Facetten zu simulieren. Dabei können bereits bei der Überprüfung der Anlagenauslegung erhebliche Energieeffizienzsteigerungen erreicht werden. Die Optimierung der Steuerungstechniken sowie der verschiedenen Prozessparameter stellen weitere Ansatzpunkte zur Anlagenoptimierung dar. Man muss sich bewusst sein, dass der steigende Einsatz von Technologien zu enormen Datenaufkommen führt. Diese Daten müssen strukturiert werden, damit sie möglichst automatisiert ausgelesen werden können. Die intelligente Zusammenführung der Daten, von der Datenerfassung über die Datenanalyse bis hin zur Datennutzung, sollte das Ziel der Unternehmen sein. Die Datennutzung kann schließlich in Prozessoptimierungen oder auch in neuen Geschäftsmodellen resultieren.

Marc Kreidler von der ARBURG GmbH + Co KG präsentierte das Thema Industrie 4.0 in der Kunststoffbranche:
"Unsere Welt ist gekennzeichnet durch Globalisierungseffekte, der zunehmenden Bedeutung von Wissen bei gleichzeitig individualisierten Produkten. Dies führt zu neuartigen Formen des Arbeitens und setzt die entsprechende Verknüpfung der verschiedenen Elemente voraus. Im Zusammenhang mit Sicherheitsaspekten und dem neo-ökologischen Ansatz bedeutet dies für die Kunststoffindustrie einen Paradigmenwechsel. Industrie 4.0 bedeutet, dass industrielle Prozesse digitalisiert, virtualisiert und untereinander vernetzt werden. Die Welten von Kunden, Lieferanten und Partnern werden zu einem sinnvollen Ganzen und ergeben neue Möglichkeiten der Wertschöpfung", so der Referent. "Die aktuellen Megatrends zeigen, dass sich die Anforderungen an die Kunststoffverarbeitung ändern. Kundenspezifische Produkte, eine zunehmende Variantenvielfalt, eine personalisierte Produktion und kurze Produktionszyklen stellen die Unternehmen vor die Aufgabe, Kleinserien und Einzelteile effizient zu produzieren. Die Komponenten für eine solche Smart-Factory werden durch gesammelte Informationen miteinander verbunden. Das Systemverhalten kann datenbasiert ausgewertet werden. Über selbstlernende Algorithmen werden in Zukunft präzisere Aussagen über das Systemverhalten möglich."

Der Abschlussvortrag beschäftigte sich mit der „Wirtschaftsspionage in Zeiten der Digitalisierung“. Thomas Elsasser vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz zeigte die Entwicklung der Wirtschaftsspionage der letzten Jahrzehnte auf und verdeutlichte, dass sich die Gefahr in Zeiten der Digitalisierung deutlich erhöht hat.
"Waren früher in erster Linie Staaten an der Informationsgewinnung von großen Unternehmen interessiert, können heute auch kleinere Unternehmen mit speziellem Know-how in das Visier der Datendiebe geraten. Heute wie früher ist die größte Schwachstelle der Mensch. Neben den klassischen EDV-gestützten Lösungen sollte daher auch besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes im Hinblick auf vertrauliche Daten gelegt werden. Insbesondere das hierarchische Denken im Unternehmen ermöglicht es immer wieder, durch geschicktes Social Engineering Mitarbeiter zu einem Verhalten zu veranlassen, dass es den Datendieben ermöglicht, Informationen oder auch Geldmittel direkt aus dem Unternehmen zu entwenden. Es ist daher notwendig, alle Mitarbeiter immer wieder auf diesen Sachverhalt hin zu sensibilisieren. In vielen Unternehmen wird dies leider noch nicht ernst genug genommen", so schloss der Referent.

Weitere Informationen: www.kunststoff-netzwerk-franken.de

Kunststoff-Netzwerk Franken e.V. + Cluster Neue Werkstoffe, Bayreuth

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