11.07.2019, 15:53 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Bisphenol A ist ein Stoff, der u.a. als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Polymeren verwendet wird. Er wird ferner als Nichtzwischenprodukt bei der Herstellung von Thermopapier verwendet. Am 19. Juli 2016 erließ die Kommission eine Verordnung1, nach der Bisphenol A als reproduktionstoxisch eingestuft wurde. Die Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail (französische Agentur für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz, ANSES, Frankreich) legte der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) nach dem entsprechenden Verfahren ein Bisphenol A betreffendes Dossier vor, in dem darauf hingewiesen wird, dass dieser Stoff als Nichtzwischenprodukt verwendet werde, es sich dabei jedoch nicht um die einzige Verwendung dieses Stoffes handele. Der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA beschloss im Anschluss an eine Sitzung einstimmig, Bisphenol A als die Kriterien des Art. 57 Buchst. c der REACH-Verordnung erfüllenden besonders besorgniserregenden Stoff einzustufen. Am 4. Januar 2017 erließ der Direktor der ECHA einen Beschluss, mit dem Bisphenol A in die Liste der für eine Aufnahme in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe nach Art. 59 Abs. 1 der REACH-Verordnung in Frage kommenden Stoffe aufgenommen wurde. Der Verband PlasticsEurope vertritt die Interessen von Herstellern und Einführern von Kunststoffprodukten in der bzw. in die Union, u.a. von vier Unternehmen, die Bisphenol A vertreiben. Seiner Ansicht nach hat die ECHA, indem sie den Beschluss vom 4. Januar 2017 erlassen hat, ohne ausdrücklich die Verwendungen als Zwischenprodukt von der Aufnahme von Bisphenol A in die Kandidatenliste auszunehmen, gegen die Bestimmungen der REACH-Verordnung verstoßen. PlasticsEurope wirft der ECHA vor, sie habe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie Informationen über die Verwendungen von Bisphenol A als Zwischenprodukt nicht berücksichtigt habe. Er hat daher beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Direktors der ECHA vom 4. Januar 2017 erhoben. In seinem Urteil vom heutigen Tag weist das Gericht darauf hin, dass ein Stoff, der als standortinternes isoliertes Zwischenprodukt oder als transportiertes isoliertes Zwischenprodukt verwendet wird, nicht automatisch von sämtlichen Bestimmungen der REACH-Verordnung ausgenommen ist. Ein solcher Stoff ist somit nicht dem in dieser Verordnung vorgesehenen Ermittlungsverfahren entzogen. Die in Art. 2 Abs. 8 Buchst. b der REACH-Verordnung vorgesehene Ausnahme betrifft nämlich nur das Zulassungsverfahren. Die Verordnung verwehrt es jedoch nicht, dass ein Stoff als besonders besorgniserregend eingestuft werden kann, selbst wenn er nur als standortinternes isoliertes Zwischenprodukt oder als transportiertes isoliertes Zwischenprodukt verwendet wird. Das Gericht führt ferner aus, dass die ECHA in keiner Weise verpflichtet war, in die „Kandidatenliste“ einen ausdrücklichen Hinweis aufzunehmen, wonach die Verwendungen als Zwischenprodukt von der Aufnahme von Bisphenol A in diese Liste nicht betroffen seien. Das Gericht erklärt, dass eines der Ziele der Kandidatenliste die Festlegung von Verpflichtungen zur gemeinsamen Nutzung der Informationen über besonders besorgniserregende Stoffe innerhalb der Lieferkette und mit den Verbrauchern ist. Die Ermittlung des besonders besorgniserregenden Charakters eines Stoffes dient dazu, die Öffentlichkeit und Fachkreise besser über die Risiken und Gefahren, denen sie sich aussetzen, zu informieren. Das Gericht ist daher der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss dem Ziel entspricht, Informationen über besonders besorgniserregende Stoffe innerhalb der Lieferkette und mit den Verbrauchern gemeinsam zu nutzen. Es stellt fest, dass die rechtlichen Wirkungen dieses Beschlusses nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Das Gericht ist schließlich der Auffassung, dass die Verwendung eines Stoffes als Zwischenprodukt nicht relevant ist, da die mit dieser Verwendung im Zusammenhang stehenden Informationen nicht die inhärenten Eigenschaften dieses Stoffes betreffen, während die Ermittlung und die Aufnahme eines Stoffes in die Kandidatenliste allein aufgrund der inhärenten Eigenschaften eines Stoffes und nicht aufgrund der Verwendungen dieses Stoffes erfolgt. Das Gericht weist die Klage daher insgesamt ab. Gegen die Entscheidung des Gerichts können Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden. Weitere Informationen: www.curia.europa.eu, www.plasticseurope.org |
Gericht der Europäischen Union, Luxemburg
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