17.09.2019, 05:58 Uhr | Lesedauer: ca. 7 Minuten |
Die AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V. hat Innovationspreise in drei Kategorien vergeben. Mit den Preisen werden Innovationen ausgezeichnet, wobei ein besonderes Augenmerk auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt wird. Die Jury aus Experten der Composites-Industrie hat aus vielen Einreichungen die Platzierungen in den drei Kategorien "Produkte und Anwendungen", "Prozesse und Verfahren" sowie "Forschung und Wissenschaft" festgelegt. In der Kategorie "Produkte und Anwendungen" wurde die Büfa Composite Systems GmbH & Co. KG, Rastede mit einem RTM-light Bauteil mit Class A-Oberfläche mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Im Bereich "Prozesse und Verfahren" siegte die CEAD B.V., Delft, mit der Entwicklung eines Prozesses, bei dem in der additiven Fertigung Endlosfasern für Großbauteile für industrielle Anwendungen verwendet werden können. In der Kategorie „Forschung und Wissenschaft“ kamen die Technischen Universitäten Clausthal und Dresden mit der Entwicklung eines simulationsgestützten Verfahrens zur schnelleren Infiltration textiler Verstärkungshalbzeuge über temporäre Fließkanäle auf den ersten Platz. 1. Platz Kategorie "Produkte und Anwendungen" Büfa Composite Systems GmbH & Co. KG, Rastede: "Effizient und ökologisch zum RTM-light Bauteil mit Class A-Oberfläche" Ausgezeichnet wurde die Entwicklung eines speziellen Harztyps. Mit Büfa-VE 6520 RTM-Class A-Harz sollen Class A-GFK-Oberflächen bereits bei 20°C im einfachen RTM-light Prozess realisiert werden können. GFK-üblicher Faserprint, Schrumpfungsmarkierungen durch Metallinserts, Fließkanäle etc. sollen verschwinden. Besondere Low Profile-Additive in einer speziellen Rezeptur (EP-BisA-VE) sollen nicht nur die Schrumpfung kompensieren, sondern auch sehr gute mechanische Eigenschaften zeigen und eine Wärmeformbeständigkeit von über 100°C ermöglichen. Außerdem bieten sie den Angaben zufolge eine sehr gute Haftung zum Gelcoat, den Sandwichmaterialien und textilen Halbzeugen. Das Harzsystem benötige keine Pufferschichten. Dadurch werde die Arbeitszeit am Bauteil um ca. 25 Prozent reduziert. Die eingesparten handwerklichen Arbeitsschritte stabilisieren den Prozess, Oberflächendefekte würden um mehr als 40 Prozent reduziert. Außerdem sollen die VOC-Emissionen um ebenfalls 50 Prozent verringert werden. Bei der SMC/BMC-Verarbeitung haben sich seit vielen Jahren Class-A Oberflächen durch den Einsatz von Low Profile-Additiven umsetzen lassen, jedoch meistens bei Temperaturen von mehr 120°C. Das Büfa-VE 6520 RTM-Class A-Harz benötige nur Raumtemperatur. Es werde keine zusätzliche Pufferschicht, wie beispielsweise eine erste Lage (Vlies+Harz im Handlaminierverfahren) oder ein Barriercoat (Spritzapplikation) benötigt. Zudem sollen sich Metallinserts und Lochungen, Fließkanäle und Stöße von Sandwichkernen nicht abzeichnen. Durch die Low-Profile-Additive in einer Bisphenol-A-Epoxid-Vinylester-Rezeptur würden beispielsweise die Schrumpfung kompensiert, die Qualität der Oberflächen verbessert und auch die Spannungen im Bauteil selbst reduziert. Das Harz besitze eine sehr niedrige Viskosität und sei deshalb sehr gut für den Einsatz in Vakuuminjektions- sowie RTM-Prozessen geeignet, in den Bereichen Freizeit, Bootsbau, Sanitär oder Behälterbau. Im Prozess fallen den Angaben zufolge mit dem neuen Harz weniger Verschnitt, Overspray oder überschüssige Harzmengen an, der Abfallstrom werde in hohem Maße reduziert. Die Arbeitsschritte werden reduziert, auch bei der Nacharbeit, da es z.B. weniger Lufteinschlüsse oder Vorentformungen gebe und sogar weniger Ausschuss. 1. Platz Kategorie "Prozesse und Verfahren" CEAD B.V.: "Additive Fertigung mit Endlosfasern (CFAM – Continuous Fibre Additive Manufacturing) - 3D-Druck großer Verbundbauteile für die industrielle Anwendung" Bis 2017 war die additive Fertigung mit Endlosfasern nicht möglich, z.B. um Fassadenverkleidungselemente, Zugaußenpaneele oder Autoklavformen herzustellen. Durch die Entwicklung der CFAM-Technologie sollen Endlosfasern im 3D-Druck großformatig und mit hoher Geschwindigkeit eingesetzt werden können. Dabei können Teile in einer Größe von bis zu 4 m x 2 m x 2 m x 1,5 m hergestellt werden. In der Fertigung kann mit einer durchschnittlichen Leistung von 15 kg/h und einer maximalen Leistung von 25 kg/h gedruckt werden. Der Prozess, bei dem Endlosfasern und thermoplastische Materialien in dieser Größenordnung kombiniert werden, wurde bereits patentiert. Durch den Einsatz eines Einschneckenextruders sollen sowohl Glas- als auch Carbonfasern sowie praktisch alle thermoplastischen Materialien, von PP bis PEEK, verwendet werden können. Die CFAM-Technologie könne für komplexe und große Verbundbauteile genutzt werden, die in geringen Stückzahlen hergestellt werden, wie Fassadenverkleidungen oder Kabinenabdeckungen. Außerdem sollen Formen gedruckt werden können, die zur Herstellung von Verbundbauteilen in Autoklaven verwendet werden können. Da in diesen beiden Bereichen viel Handarbeit benötigt wird, wurden diese Produktionen oft nach Fernost verlagert. Durch die Möglichkeit mit Endlosfasern zu drucken, könnten diese Bauteile kostengünstig und schnell lokal produziert werden. Das erleichtere auch bei Reparaturen die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und verringere die Vorlaufzeit der Formen und der Endteile. 1. Platz Kategorie "Forschung und Wissenschaft" Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK), Technische Universität Clausthal und Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungs-Werkstofftechnik (ITM), Technische Universität Dresden: "Entwicklung eines simulationsgestützten Verfahrens zur schnellen Imprägnierung großer und komplexer Compositestrukturen auf Basis neuartiger textiler Halbzeuge mit integrierten temporären Strömungskanälen" Das Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung eines simulationsgestützten Verfahrens zur textiltechnischen Integration von temporären Strömungskanälen, wobei sich diese in den Verstärkungshalbzeugen nach der Infiltration schließen. Dabei lag der Fokus des Projekts darauf, die Infiltrationszeit von großflächigen Bauteilen zu verringern. Das funktioniere über eine definierte Einstellung der Permeabilität der textilen Halbzeuge über temporäre Fließkanäle. Wichtig sei dabei, dass die hohen mechanischen FVK-Bauteileigenschaften sichergestellt sind und eine homogene Verstärkungsfadenanordnung im FVK-Bauteil erreicht wird, indem sich die Fließkanäle nach dem Ende der Infiltration schließen und keine Fließhilfen verwendet werden müssen. Die Infiltrationszeiten für das Halbzeug sollen dadurch um bis zu 50 Prozent gesenkt werden können. Das bedeute, dass die FVK-Bauteile durch das neuartige Halbzeug schnell, ressourcenschonend und nachhaltig mit geringen Taktzeiten hergestellt werden können und sich dadurch die Bauteilkosten deutlich senken lassen. Eine vollständige Imprägnierung von Faserhalbzeugen mit einem duromeren Harzsystem gilt als eine wesentliche Voraussetzung für die Produktion von hochbelastbaren und ressourceneffizienten Faserverbundbauteilen. Die Harze werden, gerade bei großen Bauteilen am häufigsten durch Infusions- und Injektionsverfahren eingebracht. Damit eine vollständige Imprägnierung gewährleistet ist, benötigt man üblicherweise Fließhilfen oder eine sehr langsame Infiltrierung mit hohen Topfzeiten. Bei dem neuen Verfahren werden temporäre, faserbasierte Kanäle in der textilen Struktur geschaffen, die sich nach der vollständigen Harzinfusion schließen. Dazu wurden spezielle Rovings entwickelt und deren Verteilung vorher durch Simulationsrechnungen bestimmt. Die Permeabilität der Halbzeuge sei dabei um bis zu 100 Prozent erhöht worden, die Faserverstärkung auch im Bereich der Kanäle homogen. Die simulative Abbildung der temporär erhöhten Permeabilität bzw. Infusion unter Berücksichtigung von Dual-Scale-Effekten soll eine schnelle und zielgerichtete Entwicklung von permeabilitätsangepassten Verstärkungshalbzeugen ohne aufwändige Trial- and Errorversuche erlauben. So könnte zukünftig auch die Herstellung großer Faserverbundbauteile beispielsweise von Rotorflügeln einer Windkraftanlage mit mind. zehn Prozent weniger Harzeinsatz bei einer um 50 Prozent verkürzten Infusionszeit ermöglicht werden. Nicht mehr erforderliche Fließhilfen während der Infusion würden die Fertigungszeiten zusätzlich reduzieren, da der Aufbau und Abbau der Fließhilfen entfällt. Die Forschungsergebnisse sollen außerdem auch die Basis für eine schnelle und großserientaugliche Fertigung geometrisch komplexer 3D-geformter Bauteile in Imprägnierverfahren schaffen. Mit geringem Aufwand sei das Verfahren industriell nutzbar. Hierbei könnten bereits vorhandene Technologien angepasst werden, da das Verfahren mit allen bekannten textilen Verfahren zur Herstellung von Verstärkungsstrukturen kompatibel sei. Übersicht aller Preisträger in den drei Kategorien: Kategorie „Innovative Produkte und Anwendungen“ 1. Platz: „Effizient und ökologisch zum RTM-light Bauteil mit Class A-Oberfläche“ - Büfa Composite Systems GmbH & Co. KG 2. Platz: „Modulare Bohrschablonen - 3D-Druck und CFK im Verbund“ - Composite Technology Center GmbH, Stade, Partner: Airbus 3. Platz: „Handlaminiergerät: Tapeableger zur händischen Applikation von unidirektional orientierten Fasertapes“ - M&A Dieterle GmbH Maschinen- und Apparatebau Kategorie „Innovative Prozesse und Verfahren“ 1. Platz: “Continuous Fibre Additive Manufacturing (CFAM), 3D-Druck großer Verbundbauteile für die industrielle Anwendung” – CEAD B. V., Delft 2. Platz: „Bauweisen- und Prozessentwicklung für funktionalisierte Faserverbundstrukturen mit komplex geformten Hohlprofilen (FuPro)“ - Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG, Coburg, Partner: Arburg, Aumo, DITF, Elring Klinger, GK Concept, GWK, Hofmann, ILK TU Dresden, PHP, Schmalz 3. Platz: „Continuous Fiber Tailoring - kostengünstige, hochautomatisierbare Herstellung endkonturnaher Preforms für den hochvolumigen Einsatz von CFK-Strukturen“ - Fraunhofer-Einrichtung für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV, Augsburg, Projekt- und Industriebeirat im HErzSchLag-Projekt: Audi AG, BMW AG, Carbon Composites e.V., MAI Carbon, SGL Carbon SE Kategorie „Forschung und Wissenschaft“: 1. Platz: „Entwicklung eines simulationsgestützten Verfahrens zur schnellen Imprägnierung großer und komplexer Compositestrukturen auf Basis neuartiger textiler Halbzeuge mit integrierten temporären Strömungskanälen“ - Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK), TU Clausthal, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM), TU Dresden 2. Platz: „Composites 4.0: Entwicklung sensorintegrierter Faserverbundbauteile in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben zwischen Wissenschaft und Industrie“ - ARENA2036, Stuttgart, Partner: Universität Stuttgart - Institut für Flugzeugbau, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsche Institute für Textil+Faserforschung (DITF), Hochschule Ravensburg-Weingarten, Daimler AG, Robert Bosch GmbH 3. Platz: „Entwicklung einer textilen Materialzuführung zur Erhöhung der Preformqualität bei der Stempelumformung von Verstärkungslagenpaketen“ - Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, Aachen Die Preisverleihung erfolgte während der Composites Europe 2019 (10.-12. September 2019). Weitere Informationen: www.avk-tv.de |
AVK Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V., Frankfurt
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