09.10.2020, 13:44 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Mit Abschluss des IGF-Vorhabens 18926 N „Langzeit-Flammschutz“ in diesem Jahr sind sich das SKZ aus Würzburg und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) einig: ein Flammschutzsystem kann auch dann noch seine Funktion ausüben, wenn die polymere Matrix durch Alterungserscheinungen bereits versagt. Zu diesem Schluss kommen die Forschenden nach Auswertung ihrer zweijährigen Arbeiten an unterschiedlichen Kunststoffrezepturen im E&E Bereich. Neben glasfaserverstärkten PA 6.6 wurden vor allem Ethylen-Vinyl-Acetat (EVA) sowie thermoplastische Polyurethane auf Etherbasis (TPU), die hauptsächlich als schützender Kabelmantel verwendet werden, mit bis zu 60 Gew.-Prozent halogenfreien Flammschutzmitteln unterschiedlicher Arten compoundiert und als Extrusionsbänder, Spritzgießplatten und Prüfkabel getestet. „Wenn wir Brände wirklich verstehen wollen, ist das Verständnis der Grundmechanismen wichtig: nicht der Kunststoff als fester Körper brennt! Es ist das Gemisch aus Luftsauerstoff und den Abbauprodukten der thermischen Zersetzung, der so genannten Pyrolyse“, erklärt M. Sc. Rebecca Schoch vom SKZ. „Die Flamme selbst stellt die Verbrennungsreaktion dar. Ihre Strahlungswärme wirkt zurück auf den Festkörper und zersetzt ihn. Damit bleibt der Brand stabil oder er breitet sich aus. Flammschutzmittel greifen in diesen Mechanismus ein.“ Aus diesem Verständnis heraus werden Brände auf unterschiedliche Weisen bewertet und nach den in der Kunststoffindustrie bekannten standardisierten Verfahren technisch geprüft. Dr. Bernhard Schartel von der BAM erklärt dazu: „Die Brenngeschwindigkeit, das Abtropfen oder das eigenständige Verlöschen einer stabförmigen Probe zu bewerten, ist eine bekannte Methode, aber keinesfalls die einzige. Für die Einschätzung einer möglichen Gefährdung ist die Wärmefreisetzung und die Flammenausbreitung ebenso relevant. Auch eine Rauchgasbewertung sagt sehr viel darüber aus, wie sich ein Kunststoffbrand gegebenenfalls auswirken kann.“ „Wir haben in unserem gemeinsamen Projekt Kunststoffproben bis zu 6.000 Stunden gezielten Alterungsumgebungen ausgesetzt – Heißwasserlagerung, Klimakammer, gezielte Bewitterung mit Regenphasen, Salzsprühnebel und ein erhöhter Sauerstoffpartialdruck im Autoklaven haben ihnen deutlich zugesetzt“, berichtet Rebecca Schoch. Die Alterungserscheinungen wurden mechanisch durch Zug- und Schlagzähigkeitsprüfungen, aber auch mittels spektroskopischer und chromatographischer Methoden, Farbmessungen und der Oberflächencharakterisierung sowie DSC-Messungen quantifiziert. „Als relevante Brandprüfungen wurden die Methoden UL 94 vertical, Sauerstoffindex, Glühdrahttest (GWFI und GWIT) und Cone Calorimeter verwendet“, so Bernhard Schartel. „Im direkten Vergleich hat sich gezeigt, dass die Proben zwar teilweise vergilben, nachdunkeln und rissig werden, sodass ganz offensichtlich ein Ende der Lebensdauer eines Bauteils erreicht ist, aber dass die Effektivität des Flammschutzes nur in ganz bestimmten, wenigen Fällen nicht mehr ausreichend war. In der überwiegenden Anzahl der Tests hat das Flammschutzsystem die Alterung der Kunststoffe überlebt.“ Die Forschungspartner arbeiten derzeit an der Berichtlegung der umfangreichen Ergebnisse und stehen mit den beteiligten Vertretern der Industrie in Kontakt, um die Erkenntnisse in die Anwendung zu bringen. Die Beschreibung und das Verständnis bestimmter Zusammenhänge und Wechselwirkungen öffnen die Türen für weitere Forschungsansätze und vielversprechende Entwicklungsstrategien. Die Arbeiten zeigen, dass die Alterung material- aber auch eigenschaftsspezifisch erfolgt. Insbesondere durch den systematischen Vergleich von Multikomponentensystemen wurden einzelne Additiv-Polymerkombinationen als besonders alterungsanfällig und andere Kombinationen als besonders alterungsstabil identifiziert. Die Degradation der Oberfläche z.B. wurde deutlich sichtbar durch Farbänderung. Überraschenderweise erfolgte auch der Verlust der mechanischen Eigenschaften deutlich früher als der Verlust des Flammschutzes. Das IGF-Vorhaben 18926 N der Forschungsvereinigung FSKZ wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Weitere Informationen: www.skz.de |
SKZ - Das Kunststoff-Zentrum, Würzburg
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