12.07.2007 | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Der Bundesgerichtshof (www.bundesgerichtshof.de) hat entschieden, dass der Eigentümer einer individualisierten, d.h. aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen Mehrwegpfandflasche durch den Verkauf des Getränkes über den Großhandel bis zum Endverbraucher das Eigentum an den Flaschen nicht verliert. Er kann deshalb Herausgabe seiner Flaschen fordern und seine Konkurrenten wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und grundsätzlich auch auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, sofern ihm ein erstattungsfähiger Schaden entstanden ist. II ZR 232/05 und II ZR 233/05 Die Beklagte beider Verfahren vertreibt stilles Mineralwasser in 1,5 Liter PET – Einwegpfandflaschen, die von ihr beim Verkauf des Wassers mit einem Pfand von 0,25 € belegt werden. In die Flaschen sind der Name des Wassers eingestanzt und das Wort "Pfand" oder "Pfandflasche" aufgedruckt. Die Flaschen sind mit einer Banderole versehen, die u.a. den Text "Pfand € 0,25" oder "0,25 € Pfand" enthält. Zu der Beklagten zurückgelangte Flaschen werden nicht erneut befüllt, sondern zerkleinert und das Rohmaterial neu verwendet. II ZR 232/05 Die Klägerin im Verfahren II ZR 232/05 befasst sich mit der Sortierung von Getränkeflaschen. Sie bietet diese Dienstleistung Getränkeherstellern an und sortiert aus den Kästen ihrer Vertragspartner die Flaschen anderer Hersteller aus. Als Entgelt dafür darf sie einen vereinbarten Anteil der von ihr aussortierten Flaschen behalten. Auf diese Weise haben sich bei der Klägerin erhebliche Flaschenbestände der Beklagten angesammelt. Sie nimmt nunmehr die Beklagte auf Auszahlung des Pfandgeldes Zug um Zug gegen Herausgabe der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Pfandgeld auszuzahlen und die Flaschen zurückzunehmen. Der Senat hat dem auf der Flaschenbanderole aufgedruckten Begriff "Pfand" das Angebot an jedermann entnommen, den dort angegebenen Betrag gegen Rückgabe der Flasche zu erstatten. Ob die Beklagte nicht nur durch das in der Flaschenbanderole erklärte und von der Klägerin – mit der Aufforderung, ihr die Pfandbeträge gegen Rückerstattung der Flaschen zu erstatten – angenommene Angebot, sondern auch nach den Vorschriften der Verpackungsordnung zur Rücknahme der Flaschen und Auszahlung des Pfandgeldes verpflichtet ist, hat der Senat offen gelassen. Urteil vom 9. Juli 2007 – II ZR 232/05 LG Wiesbaden - Urteil vom 15. November 2004 – 11 O 84/03 ./. OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Juli 2005 – 10 U 274/ 04 II ZR 233/05 Die Klägerin im Verfahren II ZR 233/05 vertreibt - wie die Beklagte - stilles Mineralwasser. Sie füllt ihr Wasser in - nach ihren Angaben bis zu fünfzehn Mal verwendbare - 1,5 Liter PET-Mehrwegflaschen ab, deren Anschaffungskosten sie mit 0,173 € beziffert und die sie mit einem Pfand von 0,15 € belegt. Die Flaschen der Klägerin sind mit der Einprägung "GG-Pool" versehen. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe 728.552 bei ihr aufgelaufene Flaschen der Klägerin mit einem durchschnittlichen Zeitwert von 0,0865 € je Flasche zusammen mit ihren eigenen Flaschen verpresst. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung von Schadensersatz und Unterlassung der Vernichtung weiterer Flaschen in Anspruch und begehrt außerdem die Feststellung, dass die Beklagte zur Herausgabe ihrer Mehrwegpfandflaschen verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, zwar sei zu unterstellen, dass die Klägerin beim Verkauf des Wassers das Eigentum an den Flaschen nicht verloren habe. Jedoch sei unter Berücksichtigung der Vorstellungen des Rechtsverkehrs von einer einvernehmlichen Abrede zwischen allen Beteiligten auszugehen, dass es dem Endkunden freistehe, die Pfandflasche zurückzugeben oder stattdessen den eingesetzten Pfandbetrag verfallen zu lassen. Diese "Ersetzungsbefugnis" gehe auf jeden neuen Besitzer der Pfandflasche über, der sein Besitzrecht vom Endkunden ableite. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat der Revision der Klägerin teilweise stattgegeben. Die vom Berufungsgericht angenommene "Ersetzungsbefugnis" hat der Senat verneint. Er hat entschieden, dass der Eigentümer einer individualisierten, d.h. aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen Mehrwegpfandflasche durch den Verkauf des Getränkes über den Großhandel bis zum Endverbraucher das Eigentum an den Flaschen nicht verliert. Er kann deshalb Herausgabe seiner Flaschen fordern und seine Konkurrenten wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und grundsätzlich auch auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, sofern ihm ein erstattungsfähiger Schaden entstanden ist. Diese Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs war hier nicht erfüllt, weil der wirtschaftliche Wert der zerstörten Flaschen geringer war als der von der Klägerin für jede Flasche vereinnahmte Pfandbetrag. Diesen Betrag muss sich die Klägerin auf den durch den Verlust ihrer Flaschen entstandenen Schaden anrechnen lassen. Urteil vom 9. Juli 2007 – II ZR 233/05 LG Wiesbaden - Urteil vom 9. Dezember 2004 - 13 O 149/04 ./. OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Juli 2005 – 10 U 11/05 |
Bundesgerichtshof, Karlsruhe
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