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14.12.2016, 06:08 Uhr | Lesedauer: ca. 6 Minuten    

AVK: GFK-Marktbericht 2016 für Europa

Die Herstellungsmenge von Glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) wächst laut AVK in den betrachteten europäischen Ländern im Jahr 2016 wie im Vorjahr um 2,5 % auf eine Produktionsmenge von 1,096 Mio. Tonnen. Damit hat sich das Wachstum in diesem größten Segment der Faserverbundkunststoff- bzw. Composites-Industrie verstetigt. Der Composites-Markt ist sehr heterogen und von großen regionalen Unterschieden gekennzeichnet.

Der betrachtete Markt
Wie in den Vorjahren beinhaltet der GFK-Marktbericht 2016 die Länder in Europa, deren Produktionsmengen sich valide erfassen lassen sowie die Türkei, die aber separat ausgewiesen wird. Um eine konstante Marktbetrachtung zu gewährleisten, werden als GFK alle Glasfaserverstärkten Kunststoffe mit einer duroplastischen Matrix sowie Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) und Langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) bezeichnet. Die europäische Herstellungsmenge für kurzfaserverstärkte Thermoplaste liegt nur als Gesamtmenge vor und wird separat ausgewiesen. Auf Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) wird im zweiten Teil des Marktberichtes separat eingegangen.

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Gesamtentwicklung von GFK 2016
Die GFK-Produktionsmenge hat sich im Jahr 2016 kontinuierlich weiterentwickelt. Wie im Vorjahr hat das erste Halbjahr die Erwartungen der meisten Marktteilnehmer erfüllt, das zweite Halbjahr bleibt teilweise etwas unter den Erwartungen. Der GFK-Markt Europa wächst wie im Vorjahr um 2,5 % auf geschätzte 1,096 Millionen Tonnen (s. Abb. 1). Damit liegt die prozentuale Gesamtentwicklung des GFK-Marktes erneut deutlich über der prozentualen Zunahme des Bruttoinlandproduktes in Europa.

GFK-Marktentwicklung Europa (in Kilotonnen)

Abb. 1: GFK-Produktionsmenge in Europa seit 2000 (in Kilotonnen) (2016* = geschätzt)
Abb. 1: GFK-Produktionsmenge in Europa seit 2000 (in Kilotonnen) (2016* = geschätzt)

Die volkswirtschaftlich relevanten Industriebereiche Transport und Bau sind mit jeweils etwa einem Drittel der gesamten Produktionsmenge Hauptabnehmer für GFK-Bauteile. Deshalb folgt die Herstellung von GFK in der langfristigen Betrachtung tendenziell der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dennoch ist auch in den kommenden Jahren nicht mit einem sprunghaften Anstieg der Produktionsmenge (wie im CFK-Segment) zu rechnen. Das liegt zum einen an dem bereits beachtlichen Produktionsniveau, zum anderen werden Schwankungen in einzelnen Industrien durch andere Anwendungen "geglättet".

Der Anteil Europas an der weltweiten Composites-Produktion nimmt – trotz des absoluten Mengenwachstums in den vergangenen Jahren – immer weiter ab. Vor allem hinsichtlich der Verarbeitung von Commodities (Standardprodukte) hat es in den vergangenen Jahren eine klare Verschiebung zugunsten Asiens und Amerikas gegeben. Die GFK-Menge in Europa ist also weiterhin auf Wachstumskurs, aber sie bleibt voraussichtlich hinter der weltweiten Mengenentwicklung zurück.

Tendenzielle Entwicklungen von Verfahren/Teilen

Abb. 2: GFK-Produktionsmengen in Europa nach Verfahren/Teilen (Kt = Kilotonnen, 2016* = geschätzt)
Abb. 2: GFK-Produktionsmengen in Europa nach Verfahren/Teilen (Kt = Kilotonnen, 2016* = geschätzt)


Duroplastische Materialien

SMC/BMC
Für die Herstellung von SMC- (Sheet Moulding Compound) und BMC- (Bulk Moulding Compound) Teilen ist die Serienfertigung von Composites schon lange Realität. SMC- und BMC-Halbzeuge werden zu Bauteilen verarbeitet und vor allem im Elektro- und Elektronikbereich und in der Automobilindustrie eingesetzt. Das SMC-/BMC-Segment entwickelt sich mit einem Wachstum von über 3 % besser als alle anderen duroplastischen Werkstoffe. Über ein Viertel der gesamten GFK-Menge in Europa wird aus SMC bzw. BMC hergestellt.

Open mould / Offene Verfahren
Das eher handwerklich geprägte Segment der sogenannten Offenen Verfahren – Handlaminieren und Faserspritzen – ist mit einer Herstellungsmenge von 237 Kilotonnen immer noch das zweitgrößte im europäischen GFK-Markt. Viele kleine Unternehmen prägen dieses relativ gering automatisierte Geschäft. Typische Produkte sind z. B. Gehäuse für Windenergieanlagen, Schwimmbecken, Bootsrümpfe oder An- und Aufbauteile für Sonderfahrzeuge.

RTM
Bauteile, die mit dem RTM- (Resin Transfer Moulding) Prozess hergestellt werden, wachsen leicht überdurchschnittlich mit fast 3 %. Die europäische Gesamtmenge beträgt hier 141 Kilotonnen. Wie in den Vorjahren beinhaltet diese Zahl alle Verfahren, in denen eine geschlossene Form angewandt wird. Anwendungsbeispiele sind der Fahrzeugbau, Gehäuse für Windenergieanlagen, der Boots- und Schiffbau sowie der Sport- und Freizeitbereich.

Continuous Processing / Kontinuierliche Verfahren
Das beständige gute Wachstum im Segment der Kontinuierlichen Verfahren setzt sich mit 3 % auch 2016 fort. Die Ausbringungsmenge steigt in Europa auf 139 Kilotonnen. Platten werden seit Jahren vor allem für Fahrzeuge hergestellt. Hinzu kommen Anwendungen im Fassadenbereich. Die wesentlichen Anwendungen für pultrudierte GFK-Profile finden sich im Baubereich oder im Anlagenbau. Hinzu kommen Anwendungen im Consumer-/Privatbereich.

Pipes and tanks / Rohre und Tanks
GFK-Rohre und Tanks werden entweder mit dem Schleuder- oder dem Wickelverfahren hergestellt. Die relativ wenigen großen Produzenten haben jeweils eine vergleichsweise große Materialmenge im Einsatz. In Europa wurden 2016 insgesamt 148 Kilotonnen verarbeitet. Mit einem Nullwachstum stagniert dieses Marktsegment allerdings – wenn auch auf relativ hohem Niveau. Haupteinsatzgebiete sind der Anlagenbau, der Rohrleitungsbau sowie die Öl-/Gas- und Chemie-Industrie.

Thermoplastische Materialien

GMT/LFT
Das mit Abstand stärkste Wachstum im GFK-Markt mit über 6 % gibt es bei den Glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) und den Langfaserverstärkten Thermoplasten (LFT). Die Gesamtmenge von 140 Kilotonnen teilt sich etwa im Verhältnis zwei Drittel (LFT) und ein Drittel (GMT) auf. Wachstumstreiber sind für alle thermoplastischen Materialien insbesondere Projekte in der Automobilindustrie.

Kurzfaserverstärkte Thermoplaste
Der europäische Markt für thermoplastische, glasfaserverstärkte Compounds war mit etwa 1.300 Kilotonnen im Jahr 2015 (Quelle: AMAC) etwas größer als der GFK-Markt (duroplastische Materialien plus GMT/LFT). Rechnet man allerdings die in den GFK-Zahlen nicht enthaltene Menge der mit Infusionsverfahren hergestellten GFK-Bauteile mit ein, sind die Märkte der duroplastischen und thermoplastischen Composites in etwa gleich groß. Der Markt für glasfaserverstärkte Compounds ist auch in 2015 überdurchschnittlich mit 4,5 % gewachsen (Quelle: AMAC). Der größte Anteil von Anwendungen ist im Transportbereich zu finden, daneben im Elektro- und Elektronikbereich und im Sport- und Freizeitsegment.

Die Anwendungsindustrien im Überblick
Trotz der unterschiedlichen Entwicklungen in den Märkten der einzelnen Herstellungsverfahren bleibt der Anteil der großen GFK-Anwendungsindustrien in Europa gegenüber dem Vorjahr erneut konstant. Jeweils ein Drittel der gesamten Produktionsmenge wird für den Transportbereich und für den Baubereich hergestellt. Weitere Anwendungsbereiche sind die Elektro-/Elektronikindustrie sowie die Sport- und Freizeitindustrie (s. Abb. 3).

Abb. 3: Aufteilung der GFK-Produktion in Europa auf Anwendungsindustrien (Jahr: 2016)
Abb. 3: Aufteilung der GFK-Produktion in Europa auf Anwendungsindustrien (Jahr: 2016)


GFK-Produktion 2016: Länder-Betrachtung
Die in den Vorjahren teilweise stark divergierende Entwicklung in den Ländern hat sich etwas nivelliert. Außer in der Ländergruppe Österreich/Schweiz ist überall Wachstum zu verzeichnen. Das weiterhin größte Wachstum zeigt sich in Deutschland (3,8 %) und den osteuropäischen Staaten (3,6 %). Laut Türkischem Composites-Verband TCMA wird in 2016 mit einem Wachstum von 5 % gerechnet.

Abb. 4: GFK-Produktionsmengen in Europa und in der Türkei nach Ländern/Ländergruppen (Kt = Kilotonnen / 2016* = geschätzt / Eastern Europe** = Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Serbien, Kroatien, Mazedonien, Lettland, Litauen, Slowakei und Slowenien / Turkey*** = Quelle: TCMA)
Abb. 4: GFK-Produktionsmengen in Europa und in der Türkei nach Ländern/Ländergruppen (Kt = Kilotonnen / 2016* = geschätzt / Eastern Europe** = Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Serbien, Kroatien, Mazedonien, Lettland, Litauen, Slowakei und Slowenien / Turkey*** = Quelle: TCMA)


Weitere Composites-Materialien
GFK bleiben in der Composites-Industrie weiterhin die mit Abstand größte Materialgruppe. Die Verstärkungsfasern sind in über 95 % der Composites-Gesamtmenge Glasfasern (Kurz- und Langfasern, Rovings, Gelege…). Von den in 2014 weltweit 8,8 Millionen Tonnen hergestellten Composites (Quelle: JEC Composites) wurden in Europa 2,3 Millionen Tonnen Glasfaserverstärkte Kunststoffe hergestellt. Davon machte in 2014 der GFK-Markt 1,04 Millionen Tonnen aus und die Kurzfaserverstärkten Thermoplaste 1,250 Millionen Tonnen. Der weltweite Bedarf an Kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) beträgt im Jahr 2016 geschätzte 100.000 Tonnen (s. hierzu den zweiten Teil dieses Marktberichtes).

Ausblick
Vielfach eingestuft als Leichtbau-Werkstoff vorrangig für die Automobil- und Luftfahrtindustrie, werden derzeit schon existierende Anwendungsfelder oft übersehen. Hinter dem "Zukunftswerkstoff" steht bereits ein real existierender
Markt mit anderen Anwendungsfeldern, in dem sich zahlreiche Werkstoffe bereits etabliert haben. Selbstverständlich sind Forschungsaktivitäten im Hinblick auf einen weiteren Serieneinsatz positiv zu beurteilen. Übersehen werden sollten dabei nicht zahlreiche Chancen zur Erschließung neuer oder Erweiterung bestehender Märkte. Festzustellen sind neben Materialoptimierungen vor allem neue Prozessvariationen, die sich durchzusetzen beginnen. Aber auch "etablierte" Prozesse werden stetig weiterentwickelt und angepasst. Die weitere Optimierung von RTM-Prozessen ist nach wie vor eines der zentralen Themen, genau wie die künftigen Herausforderungen der integrativen Produktionstechnologien. Die Automatisierung ist dementsprechend nach wie vor ein wichtiges Schlagwort.

Der Trend zur Schaffung und Weiterentwicklung von Multimaterialsystemen und der Einsatz von Hybridbauteilen wird eine der zentralen Herausforderungen bleiben. Hybrid- bzw. entsprechende Multimaterial-Systeme bilden die Zukunft des Leichtbaus. Ob oder wie sich Composites in weiteren Bereichen durchsetzen werden, hängt von anderen Faktoren ab. So sind im Bau-/Infrastrukturbereich oftmals entsprechende Normen und Standardisierungen entweder Türöffner oder Hemmschuh.

Weitere Informationen: www.avk-tv.de

AVK Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V., Frankfurt

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