Fachartikel vom 30.10.2012

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Premium Ambiente im PKW - Spritzgießtechnik trifft auf Handwerkskunst

Gabriele Hopf, Wittmann Battenfeld GmbH

In der Pionierzeit des Automobilbaus hatten alle Fahrzeuge Holzrahmen-Karosserien, hölzerne Armaturenbretter und waren Premium-Produkte, die in individueller Handarbeit hergestellt wurden. Heute ist das Automobil ein Massenprodukt, das in unterschiedlichen Ausführungsklassen produziert wird. Aber die Premium-Versionen heben sich nach wie vor durch hochwertige Ausstattungen vom Standard ab, vor allem im Innenraum. Dazu zählen vor allem Dekorteile mit Oberflächen aus Echtholzfunieren oder Karbongeweben und Veredelungen bis hin zum Klavierlackfinish. Deren Herstellung erfordert trotz aller Mechanisierung nach wie vor einen hohen Anteil an Handwerkskunst.

Marktführer in diesem Gebiet ist die deutsche Novem Car Interior Design GmbH. Zur Herstellung der Holz/Kunststoff bzw. der Karbon/Kunststoff-Verbundteile hat Novem sich für die neuen MacroPower-Spritzgießmaschinen von Wittmann Battenfeld entschieden. Mit ihrer ergonomisch günstig ausgeführten Schließeinheit bieten sie optimale Voraussetzungen für eine effiziente Kombination von Maschinenbedienung und Kunststoffverarbeitung.

Abb.1: Dekorzierleisten in Echtholz oder Karbongewebe mit Kunststoff-Träger und einer Oberflächenveredelung mit PUR werten den Automobilinnenraum auf.
Abb.1: Dekorzierleisten in Echtholz oder Karbongewebe mit Kunststoff-Träger und einer Oberflächenveredelung mit PUR werten den Automobilinnenraum auf.
Die Verarbeitungstechnik zum Hinterspritzen von Lack- oder Dekorfolien stand in den letzten Jahren häufig im Zentrum der fachlichen Berichterstattung, vor allem in Zusammenhang mit Anwendungen im Automobil-Innenraum. Der interessierte Beobachter konnte den Eindruck gewinnen, dass den, zugegebenermaßen immer perfekteren Druckimitationen von Naturmaterial-Oberflächen und deren automatisierter Verarbeitung zu Dekorteilen alleine die Zukunft gehören würde. Aber: Dieser Eindruck musste während des Besuches beim deutschen Autozulieferer und Oberflächenspezialisten Novem in dessen slowenischen Zweigwerk nachhaltig relativiert werden. Denn hier spielen nicht Dekorfolien die Hauptrolle, sondern erlesene Edelholzfurniere aus allen Teilen der Welt oder Karbonfasergewebe und die Handwerkskunst zur Verarbeitung (Abb. 1).


Abb. 2: Beispiel eines Stylingsets mit Echtholz-Furnieroberflächen im Innenraum eines Premium-Fahrzeugs, bestehend aus Mittelkonsolenblende, Armaturenbrett-Einsätzen und Türgriffblenden. (Foto: Porsche Austria GmbH & Co OG)
Abb. 2: Beispiel eines Stylingsets mit Echtholz-Furnieroberflächen im Innenraum eines Premium-Fahrzeugs, bestehend aus Mittelkonsolenblende, Armaturenbrett-Einsätzen und Türgriffblenden. (Foto: Porsche Austria GmbH & Co OG)
Der Eindruck der Hochwertigkeit wird noch verstärkt, wenn diese Dekorteile in ein Umfeld mit ebenfalls hochwertigen Leder- oder Textilapplikationen eingebettet sind (Abb. 2). Diese Dekorteil-Qualitäten sind in den Premium-Varianten der Mittel- und Oberklasse-Baureihen nahezu aller Fahrzeughersteller zu finden. Und, es zeichnet sich ein Trend ab, dieses Premium-Dekor als Ausstattungsoption auch für Klein- und Mittelklasse-Wagen anzubieten.

Doch Premium erfordert Wertarbeit. Trotz aller Technisierungsmöglichkeiten der Neuzeit bedarf es einer ganzen Reihe von Arbeitsgängen und eines hohen handwerklichen Geschicks, um aus dem Roh-Furnier (Abb. 3) ein einbaufertiges Dekorbauteil zu machen.


Battenfeld-Spritzgießtechnik trifft auf Handwerkskunst
Furniere und Gewebe führen trotz sorgfältigster Vorbereitung ein Eigenleben. Sie werden wohl vor der Weiterverarbeitung auf der Spritzgießmaschine durch vorbereitende Arbeitsschritte, wie Beschneiden, Formpressen und Kaschieren mit Zwischenschichten stabilisiert, dennoch erfordert das Einlegen in die Werkzeugkavität die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl eines Maschinenbedieners. Erfahrung deshalb, weil die Furnierformlinge abhängig von den Umgebungsbedingungen ihre Formgestalt etwas ändern und daher gefühlvolles Justieren beim Einsetzen und Positionieren in das Spritzgießwerkzeug erfordern.
Abb.3: Novem-Anwendungstechnikchef Peter Ade demonstriert der Wittmann Battenfeld Kommunikationsleiterin Gabriele Hopf die Ausgangsmaterialien für die Oberflächengestaltung der Dekorsets. Verwendet werden ausschließlich sorgfältig ausgesuchte Edelholz-Furniere oder Kombinationsprodukte daraus.
Abb.3: Novem-Anwendungstechnikchef Peter Ade demonstriert der Wittmann Battenfeld Kommunikationsleiterin Gabriele Hopf die Ausgangsmaterialien für die Oberflächengestaltung der Dekorsets. Verwendet werden ausschließlich sorgfältig ausgesuchte Edelholz-Furniere oder Kombinationsprodukte daraus.
Mit einer Robotermanipulation wäre dies nur mit übergroßem Aufwand zu lösen. Entsprechend groß wäre angesichts der Variantenvielfalt der Programmier- und Adaptierungsaufwand. Eine weitere Besonderheit der Novem-Produktion ist, dass bei der Maschinenspezifikation nicht das Ausnützen der Schließkraft, sondern die ergonomisch günstigsten Arbeitsbedingungen in und um die Schließeinheit ganz oben auf der Agenda stehen. Dazu Peter Ade, leitender Anwendungstechniker bei Novem: “Für uns sind kompakte Maschinen ganz entscheidend. Das gilt vor allem für das Arbeitsumfeld rund um das Spritzgießwerkzeug. Dies deshalb, weil der Maschinen-bediener die Schließeinheit bei jedem Produktionszyklus betreten muss. Unsere Forderung war, dass dies auf ebenem Weg und ohne Verrenkungen möglich sein muss. Der für die Produktqualität entscheidende Einlegevorgang sollte unbehindert erfolgen können. In diesem Zusammenhang möchte ich ganz besonders die gute Zusammenarbeit mit den Battenfeld-Maschinenkonstrukteuren und deren kreative Beiträge zur Optimierung der Maschinenergonomie über den, an sich bereits sehr hohen, Ausgangszustand hinaus hervorheben.“

Konkret wurde nach einem umfassenden Auswahlprozess bei Novem für Wittmann-Battenfeld MacroPower–Maschinen vom Typ 1100 / 3400 entschieden. Deren Schließeinheit weist mit einem Holmabstand von 1.450 x 1.100 mm den nötigen Einbau- und Bewegungsraum auf. Im Gegensatz zur Großzügigkeit bei der Schließeinheit wurde bei der Spritzeinheit für das kleine Aggregat vom Typ 3.400 mit einem 65 mm Schnecke entschieden. Dies entspricht den, in der Regel, kleinen Spritzgewichten der Dekorteile.

Variantenwechsel leicht gemacht
Abb. 4: Da die Produktionsflächen bei Novem-Slowenien bis ans Limit belegt sind, standen bei der Ersatzinvestition kompakte Maschinenabmessungen ganz oben auf der Spezifikationsliste.
Abb. 4: Da die Produktionsflächen bei Novem-Slowenien bis ans Limit belegt sind, standen bei der Ersatzinvestition kompakte Maschinenabmessungen ganz oben auf der Spezifikationsliste.
Ein weiterer, ganz spezifischer Vorteil des Wittmann-Battenfeld-Großmaschinenkonzepts ist die besondere Kürze der Holme. Sie ist das Resultat der Integration der vier Schließvorrichtungen in die Struktur der beweglichen Maschinenplatte, im Gegensatz zur Positionierung an der Platten-Außenseite, wie dies meist der Fall ist. Nach dem Fahren des vollen Plattenhubs bis an die Endposition am Rahmenende ergibt sich ein Freiraum zwischen den Holm-Enden und der Maschinenplatte, der für den Wechsel von Werkzeugen mit übergroßen Platten sowohl von oben, als auch von der Seite, genutzt werden kann. Im gegenständlichen Fall wurde durch eine Rahmenverlängerung um 400 mm der Freiraum zwischen Holmen und Platte auf 1000 mm vergrößert, ein unschätzbarer Vorteil für den seitlichen Werkzeugwechsel, angesichts der geringen Hallenhöhe.

Resumee
Die Novem-Produktion ist ein herausragendes Beispiel für die Bedeutung einer ergonomisch günstig gestalteten Mensch-/Maschine-Schnittstelle. Dieses Resumee zieht auch Peter Ade und fügt hinzu: „Wir sind nach einigen Jahren Pause wieder Battenfeld-Kunde geworden, deshalb, weil das neue MacroPower-Maschinenkonzept die spezifischen Anforderungen voll und ganz erfüllen konnte und zusätzlich mit den vergleichsweise kompakten Abmessungen mithilft, den Bedarf an wertvoller Produktionsfläche klein zu halten (Abb. 4). Die eigentliche Spritzgießleistung ist in unseren Überlegungen im Hintergrund geblieben, denn sie wird selbstverständlich erbracht.“

Wittmann Battenfeld
Wittmann Battenfeld, ein Unternehmen der Wittmann Gruppe mit Sitz in Kottingbrunn (Niederösterreich), ist ein führender Hersteller von Spritzgießmaschinen für die Kunststoffindustrie. Wittmann Battenfeld ist mit eigenen Vertriebs- und Servicegesellschaften als auch Vertretungen in ca. 60 Ländern vertreten und bietet damit seinen Kunden weltweit Unterstützung in allen Fragen der Spritzgießtechnik.

Über Novem
Novem ist ein global agierender Anbieter qualitativ hochwertiger Zierteile und dekorativer Funktionselemente im Fahrzeuginnenraum. Der Automobilzulieferer mit Sitz in Vorbach/Oberpfalz in Bayern ist im Zierteilemarkt bei Edelholzteilen weltweit die Nummer Eins. Neben der bewährten Verarbeitung von Edelhölzern etabliert Novem innovative Kunststoff- und Metalltechnik und ist damit Komplettanbieter.

Mit seinem Programm-Management ist Novem in der Lage, für alle Dekorteile im Fahrzeuginnenraum auch als Systemlieferant zu fungieren. Führende Automobilhersteller und Zulieferer der Premium-Klasse vertrauen den anspruchsvollen Design- und Konstruktionsleistungen aus der Oberpfalz. Zu den Novem Kunden zählen alle renommierten Automobilhersteller. An seinen zehn Standorten beschäftigt Novem derzeit 4.800 Mitarbeiter. www.novem.de


Wittmann Battenfeld GmbH

Wiener Neustädter Straße 81
2542 Kottingbrunn, Oesterreich

Tel.:   +43 2252 404-0
Fax:   +43 2252 404-1062
Email: Gabriele.Hopf@wittmann-group.com

Internet: www.wittmann-group.com


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