Fachartikel vom 27.06.2011

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Innovative Kombination von Prozessen führt zu höchsten Oberflächenqualitäten

Ulrich Stieler, Stieler Kunststoff Service GmbH

Die Kombination verschiedenster Verfahrenstechniken wie z. B. Gasaußendruck und spezieller Formtemperierung zeigt einen deutlichen Trend bei hochglanzpolierten Oberflächen. Federführend war diesmal nicht die Automobilindustrie, sondern die IT-Branche, die das Etikett „Green-IT“ gern auf den Produkten zeigt. Hier war nicht nur die Recyclefähigkeit der Elektronikkomponenten gemeint, sondern auch Gehäusebauteile, die nur dann vollständig recyclefähig sind, wenn sie z. B. nicht mehr lackiert werden müssen.

LVD-TV-Fuss, Ober- und Unterseite
LVD-TV-Fuss, Ober- und Unterseite
Die japanische Elektronikbranche hatte dabei eindeutig den Vorteil, dass diese Notwendigkeit hier zwingend gegeben war. Die ersten Entwicklungen mit Heißdampf als Form-Temperiermedium, welches zum Kühlen nur auf das übliche Wassersystem umgeschaltet wurde, kamen von Fujiseiko als Formenbauer und Mitsubishi International als Zulieferer für Dampfregelgeräte. Alle Hersteller von Elektronikkomponenten sind inzwischen auf dem Weg per Dampftemperierung oder alternativen Temperiertechniken, wie induktiver Heizung, Infrarotstrahlung oder gar der Laserstrahlung, die Formoberflächen ganz oder nur partiell aufzuheizen, um bei immer dünner werdenden Wandstärken längere Fließwege und geringere Spritzdrücke zu erhalten. Bindenähte können dabei zwar nicht verhindert werden, sind jedoch nicht mehr sichtbar. Die Oberflächen werden dazu kurzfristig, oft nur wenige mm tief, auf ein Temperaturniveau von ca. 140 bis 180°C aufgeheizt, um der Schmelze beim Füllen der Kavität zu helfen. Sobald die Schmelze in die Kavität eindringt, wird bereits auf die Kühlung mit Wasser umgeschaltet. Da Dampf trotz geringer Dichte erheblich mehr Wärmekapazität hat als heißes Wasser, ist hier ein Aufheizen von nur ca. 4 bis 6 Sekunden nötig. Das Abkühlen erfolgt in einer ähnlichen Zeitdifferenz, sodass der Zyklus oft nur unwesentlich verlängert werden muss. Oft ist eine Aufheizung bereits parallel zur Formbewegung möglich, so dass sich eine zyklusneutrale Betrachtung ergibt.

Hochglänzende Oberflächen ohne Einfallstellen dank Gasaußendruck
Gasaußendruckverfahren
Gasaußendruckverfahren
Nun galt es jedoch nicht nur die fantastische Prägung der hochglanzpolierten Oberflächen zu erreichen, sondern auch noch eine Fläche ohne jegliche Einfallstellen, trotz Befestigungs- und Rippenelementen auf der Rückseite. Hier kommt die zweite Innovation zum Einsatz, das Gas-Außendruck-Verfahren. Der Gasaußendruck wirkt von der Auswerferseite aus wie ein Spritzprägestempel, jedoch dreidimensional und drückt das Bauteil über die gesamte Oberfläche in die „Schokoladenseite“. Dabei wirkt das Gas flächig als Nachdruck über die gesamte Kühlzeit auf Elemente, die normalerweise durch die Volumenschwindung Einfall verursachen würden. Somit kann die Kühlung verbessert werden, da die gesamte Fläche in die kühlende Sichtseite gedrückt wird. Ein Verzug der Bauteile wird dadurch auch erheblich reduziert, da die Eigenspannungen auf die gesamte Fläche verteilt auf dem Gasdruckniveau – also bei ca. 50 bis 250 bar – eingefroren sind. Dadurch lassen sich automatische Fügeprozesse erheblich optimieren. Falls die Elektronikkomponenten im Lebenszyklus heiß werden oder dem Herstellprozess Wärmebehandlungsvorgänge nachgeschaltet werden, herrscht in diesen Bauteilen aufgrund der geringen Eigenspannung kein nennenswerter Memoryeffekt.

Die Bauteile werden aufgrund Kompensation der Volumenschwindung durch das Gas um ca. 5 bis 15 % leichter. Das geringere Spritzgewicht und die dadurch resultierende geringere Aufschmelzenergie führen zu einer gewissen Kompensation der energieintensiven Formtemperierung und zu einer nochmaligen Steigerung der Produktqualität.

Um das Gas auf der Rückseite des Produkts abzudichten wurden verschiedene Dichtungsvarianten entwickelt, die je nach Rohstoff oder Anwendung ausgewählt werden können. Hierin steckt der größte Anteil des Knowhows in der Gasaußendrucktechnik. Sehr schnell kristallisierende Rohstoffe eignen sich nicht für das Verfahren und bei glasfaserverstärkten Rohstoffen kann nur die Oberfläche verbessert werden, jedoch nicht der Verzug, da dieser noch nachhaltig durch die Glasfasern beeinflusst wird. Die meisten Produkte wurden mit den Rohstoffen ABS bzw. ABS/PC sowie PP umgesetzt, da hier das Gas noch über die gesamte Kühlzeit wirken kann.

Auf der Fakuma 2011 können Sie sich auf dem Stand der Firma Stieler Kunststoff Service GmbH (Halle 4, Stand 4230) über die aktuellen Entwicklungen bei dieser Technik informieren.


Stieler Kunststoff Service GmbH

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