Fachartikel vom 24.06.2005

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Kunststoffrecycling: Rasante Entwicklung in den letzten 10 Jahren

Dr. Thomas Probst, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.


Das Kunststoffrecycling in Deutschland hat in den letzten 10 Jahren eine rasante Entwicklung vollzogen. Und das nicht nur ökonomisch, so wurden beispielsweise im April dieses Jahres für gebrauchte PET-Einwegflaschen durchschnittlich 260 Euro/Tonne erzielt. Auch die ökologische Bedeutung des Kunststoffrecyclings kann sich sehen lasse. So wurde inzwischen eine Verwertungsquote von fast 60% erreicht. Pointiert ausgedrückt: das stoffliche Recycling schont die Ölreserven und hat eine vorteilhafte CO2-Bilanz, die bei der Umsetzung des Kyoto-Protokolls von Bedeutung ist. Ein Paradebeispiel also für nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften!

Zahlen - Daten - Fakten

Ein erster Blick auf den Markt der Primär- und Sekundärkunststoffe spiegelt positive Kennzahlen wider. So steigt der Kunststoff- und insbesondere der Verpackungsverbrauch in allen Bereichen weiter an. In 2002 wurden weltweit ca. 194 Mio. Tonnen an Polymeren produziert. In Europa ist Deutschland der größte Kunststoffproduzent mit etwa 17,5 Mio. Tonnen. Insgesamt wurden von Kunststoffverarbeitern in Deutschland export- und importbereinigt ca. 10,6 Mio. Tonnen an Kunststoffen verarbeitet.

Nach der Consultic-Studie 2004 fiel in Deutschland in 2003 eine Kunststoffabfallmenge von 4,01 Mio. Tonnen zur Entsorgung an. Von den 4,01 Mio. Tonnen an Altkunststoffen entfielen 3,12 Mio. Tonnen auf Post-Consumer-Abfälle und 0,89 Mio. Tonnen auf Produktions- und Verarbeitungsabfälle. Von den 4,01 Mio. Tonnen Kunststoffabfällen wurden rund 2,34 Mio. Tonnen, also 58,4 %, verwertet, während 1,67 Mio. Tonnen, also 41,6 %, beseitigt wurden.

Diese Kunststoffverwertung von 58,4% setzt sich zusammen aus 1,35 Mio. Tonnen (33,7%) werkstofflicher, 0,4 Mio. Tonnen (10,0%) rohstofflicher und 0,59 Mio. Tonnen (14,7%) energetischer Verwertung. Häufig wird der Fokus des Kunststoffrecycling auf die DSD-Mengen gelegt, die ohne Sortierabfälle nur etwa 0,63 Mio. Tonnen umfassen. Von besonderer Bedeutung ist, dass in 2003 ca. 42%, das sind 1,67 Mio. Tonnen, an Kunststoffabfällen deponiert (0,88 Mio. Tonnen) oder in Verbrennungsanlagen (0,79 Mio. Tonnen) beseitigt werden! Bei einem Blick auf eine Siedlungsabfalldeponie sind deshalb die Altkunststoffe besonders augenfällig.

Selbstverständlich können nicht alle Kunststoffe, die heute beseitigt, entsprechend verwertet werden, aber diese Zahlen zeigen, dass trotz der sehr guten Verwertungsquote von fast 60% noch ein großer Spielraum zur weiteren Steigerung der Verwertungsquote besteht.

Die Kunststoffverwertung

Die werkstoffliche Kunststoffverwertung, die insbesondere auf der Leistung mittelständischer Unternehmen beruht, hat inzwischen einen so hohen Standard erreicht, dass sich ein stabiler Absatzmarkt entwickelt hat. Aus Sekundärkunststoffen wird eine Vielzahl von Produkten sortenrein oder aber aus Mischkunststoffen hergestellt. Beim Kunststoffrecycling werden unterschiedliche Mengen an Primär- und Sekundärmaterialien eingesetzt. Die Produktvielfalt übersteigt dabei die oft zitierte Parkbank und den Blumentopf bei weitem. Manche Anwendungen werden nicht offen gelegt, um die erreichten Marktpositionen nicht zu gefährden, um einer Benachteiligung zu entgehen oder um das Produkt vor Konkurrenten zu schützen. Problemlos für das Kunststoffrecycling sind Produktionsabfälle auf Grund ihrer hohen und eindeutig bestimmten Qualitäten. Die Verarbeiter von Altkunststoffen müssen mit den niedrigen Beseitigungskosten der Deponierung und Verbrennung im Inland sowie mit den geringen Produktions- und Beseitigungskosten aus Fernost konkurrieren.

Das chemische Recycling bzw. die rohstoffliche Verwertung erhält seine Berechtigung durch die Vielzahl von Kunststoffen, die für das werkstoffliche Recycling ungeeignet sind. In technischen Großanlagen werden vor allem belastete, materialverstärkte, verschmutzte oder kleinteilige Kunststoffmaterialien und Materialverbunde verwertet. Diese Materialfraktionen werden auf Grund von Quotenvorgaben (ElektrogeräteG, AltfahrzeugV) deutlich steigen, so dass künftig genügend Mengen für das chemische Recycling von Kunststoffen zur Verfügung stehen werden. Die Kostenstruktur für das rohstoffliche Recycling wird sich ab dem 1.6.2005 durch die beiden Nadelöhre der Beseitigungsverfahren, also Deponierung und die Verbrennung, stetig verbessern.

Für die energetische Verwertung von Kunststoffabfällen stehen zahlreiche Wege, wie z.B. die Zementwerke, die Metallherstellung und die Herstellung von Sekundär- bzw. Ersatzbrennstoffen (EBS), offen. Dennoch sind auch bei der EBS-Herstellung entsprechende Parameter bzgl. des Heizwertes sowie der Schad- und Fremdstoffbelastung einzuhalten. Altkunststoffe werden heute erfolgreich als maßgeschneiderte Brennstoffe eingesetzt. Bei der Herstellung von EBS müssen die Kosten für das Aufbereiten der Ausgangsmaterialien kalkuliert werden. Grenzkosten für die EBS-Herstellung sind unter anderem der Preis für Braunkohle. Die Sekundärbrennstoffe stehen im harten Wettbewerb mit den verschiedenen energetischen und rohstofflichen Verwertungsmöglichkeiten und der Beseitigung.

Getrennt- contra Gemischterfassung von Kunststoffen

Seit Dezember 2003 werden sehr unterschiedliche Pilotvorhaben zum Thema "Mischtonne" durchgeführt. Vor allem aus den getätigten Versuchen in NRW ergeben sich jedoch folgende Feststellungen für das Kunststoffrecycling:

  • Der Verbraucher hat sich für die bestehende Kunststofferfassung und -verwertung ausgesprochen, s. Allensbach-Umfrage 2004. Viele Verbraucher haben erkannt, dass Kunststoff kein wertloser Abfall ist sondern hochwertiges Material, das zum Vorteil der Umwelt möglichst lange in den Stoffkreisläufen zu halten ist.
  • Kunststoffe, die zusammen mit Hausmüll erfasst werden, ergeben minderwertige Kunststoffqualitäten.
  • Die getrennte Kunststofferfassung ist unabdingbare Voraussetzung für die stoffliche Kunststoffverwertung und für die Herstellung von Ersatzbrennstoffen. Auch für die energetische Verwertung (Zementwerk, Metallherstellung) müssen Mindeststandards eingehalten werden.
  • Die getrennte Erfassung der Wertstoffe im Haushalt ist in großen Teilen kostengünstig und effizient; sie kann aber verbessert werden. Das Konzept der Gelben Tonne als Wertstofftonne kann auch auf andere Materialien - nicht aber auf Hausmüll - erweitert werden.

Die Gemeinsame Erfassung von Abfallmaterialien mit Wertstoffen gefährdet die qualitativ hochwertige Kunststofferfassung.


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