Fachartikel vom 18.08.2008

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Getränkeflaschen aus PET: Kostendruck erfordert Umdenken und Handeln

Irene Jung, text und technik

Die PET-Flasche ist in der Schweiz1) eine besonders beliebte und seit mehr als zwei Jahrzehnten fest etablierte Getränkeverpackung. Am zweitägigen Kongress "PETnology Europe" (www.petnology.com), an dem in diesem Jahr mehr als 300 internationale Fachbesucher teilnahmen, stand PET wie immer im Mittelpunkt - von der Rohstoffherstellung, über die Produktion der Vorformlinge und PET-Flaschen bis hin zur Entsorgung. Die neusten Trends und Herausforderungen waren Thema der Veranstaltung.

PET-Getränkeflaschen bestehen nur zu einem gewissen Anteil aus PET-Neuware. In der Regel enthalten die Flaschen auch einen bestimmten Prozentsatz an Rezyklat (Flakes) (Bild: PRS).

Im Jahr 1984 wurden in der Schweiz die ersten Getränke in PET-Flaschen auf den Markt gebracht. Seitdem haben sich Flaschen aus dem glasklaren Kunststoff immer mehr durchgesetzt: Im vergangenen Jahr waren in der Schweiz bereits 1,4 Mrd. PET-Getränkeflaschen in Umlauf, wie Patrik Geisselhardt im Auftrag der PET-Recycling Schweiz (PRS) anlässlich des Kongresses "PETnology Europe 2008", der in Neuss stattfand, bekannt gab.

Erdölpreis verändert Rahmenbedingungen

Doch seit der Einführung der ersten PET-Flasche in der Schweiz haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert: Der Erdölpreis und damit auch der Preis für den aus Erdöl hergestellten Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) sind seitdem dramatisch angestiegen. Kostendruck, und daraus resultierend die Bemühungen Energie sowie Material einzusparen, bzw. die Nachhaltigkeit des Materials sicherzustellen, waren deshalb die Themen, die den Kongress beherrschten. Auch die Teilnehmer der international besetzten Gipfelgesprächsrunde2), mit der der Kongress eröffnet wurde, rückten genau diese Aussagen in den Mittelpunkt ihrer Diskussion und bestätigten, dass es sich bei diesen Themen um globale Herausforderungen handelt.

Um den Materialverbrauch pro Flasche zu senken und damit die hohen PET-Rohstoffpreise zu kompensieren, wurden die PET-Flaschen in den letzten Jahren immer leichter. Diese so genannten "Light-Weighting-Bottles" wurden vor allem durch immer dünnere Flaschenwände realisiert. Doch mittlerweile sind die Flaschen derart "abgespeckt", dass eine weitere Wandstärkenreduzierung nicht möglich ist: Noch dünnwandigere Flaschen würden nicht mehr genügend Stabilität aufweisen und damit auch den automatischen Abfüll- und Etikettierprozess und das gesamte Handling sowie die Präsentation im Regal negativ beeinträchtigen.

Materialersparnis im Grammbereich senkt Kosten in Millionenhöhe

Kurzgewinde und passende Verschlüsse der Schweizer Firma Corvaglia Closures in Eschlikon ermöglichen eine beacht- liche Material- und Kostenersparnis bei der Herstellung von PET-Getränke- flaschen. (Bild: Corvaglia).

Es gibt jedoch noch Entwicklungen, mit denen sich Material und Kosten bei PET-Getränkeflaschen sparen lassen, und eine davon kommt aus der Schweiz: Die Corvaglia Closures in Eschlikon hat ein neues Kurzgewinde für PET-Flaschen und die dazu passenden Schraubverschlüsse entwickelt, und dadurch wird Material am Flaschenhals und am Gewinde eingespart. Zum Vergleich: Das normale, genormte PET-Flaschengewinde hat ein Gewicht von rund 5,10 g, das neue Kurzgewinde mit der Bezeichnung PCO Corvaglia wiegt dagegen nur 3,62 g, wie Thomas Anderegg, CEO der Corvaglia Closures, Eschlikon, im Rahmen des Kongresses erklärte. Ein weiterer Vorteil, den diese Reduktion des Flaschenhalses mit sich bringt und der vor dem Hintergrund des hohen (und wahrscheinlich noch weiter steigenden) Erdölpreises besonders interessant ist, ist folgender: Die kurzen Gewinde erfordern auch neue Schraubverschlüsse, für deren Herstellung ebenfalls weniger Kunststoff verbraucht wird. "Vor allem über die gemeinsame Betrachtung von Flasche und Verschluss ist das beste Resultat bei der Gewichts- und somit Kostenreduktion zu erreichen", sagte Thomas Anderegg und stellte klar, dass durch das neue Kurzgewinde und die passenden Verschlüsse von Corvaglia keine Abstriche in der Leistungsfähigkeit des Systems gemacht werden müssen.

Dass die Entwicklungen des Schweizer Unternehmens nicht nur theoretisch funktionieren, sondern auch markttauglich sind, beweist die Einführung eines Corvaglia-Leicht-Verschlusses auf dem amerikanischen Markt für PET-Flaschen mit stillen Getränken.

Auch wenn die Materialeinsparungen auf den ersten Blick nach wenig aussehen, ist das Einsparungspotenzial immens, da es sich bei PET-Flaschen und Verschlüssen um Massenprodukte handelt: Bei einem Output von 1 Mrd. PET-Flaschen und 1 Mrd. Verschlüsse lassen sich pro Jahr mit dem neuen Kurzgewinde und der passenden Verschlusslösung von Corvaglia rund 1'480 Tonnen PET sowie 700 Tonnen Kunststoff für die Verschlussproduktion einsparen. Wie Thomas Anderegg erklärte, ergibt alleine diese Materialersparnis eine Kostensenkung von 2,8 Mio. Euro pro Jahr. Mit diesen Einsparungen amortisieren sich die Investitionen, die nötig sind, um auf die neuen Kurzgewinde und Flaschenverschlüsse umzustellen, in weniger als einem Jahr.

Nachhaltigkeit - eine der grössten Herausforderungen

Flakes werden aus leeren PET-Getränkeflaschen hergestellt (Bild: PRS).

Trotz der Fortschritte, die bei der Materialeinsparung gemacht wurden, ist Nachhaltigkeit bei Getränkeflaschen aus PET ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. John Galt, President und CEO der Husky Injection Molding Systems, Kanada, stellte in der Gipfelgesprächsunde sogar klar, dass Nachhaltigkeit eine der grössten Herausforderungen sein würde, der sich die PET-Branche weltweit in den nächsten Jahren stellen müsse.

Die in Bezug auf die Nachhaltigkeit wichtige Wiederverwertung leerer PET-Flaschen funktioniert in der Schweiz im europaweiten Vergleich vorbildlich: Ein dicht ausgebautes Sammelnetz - im Jahr 2006 waren es 26'000 PET-Sammelstellen und permanent kommen noch weitere dazu - macht den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten das Sammeln und Zurückbringen der leeren PET-Flaschen so einfach wie möglich, und dieses unkomplizierte Rücknahmesystem führt dazu, dass jährlich ca. 76 Prozent der leeren PET-Flaschen zurückgebracht und zu rund 33.000 Tonnen PET-Regranulat rezykliert werden konnten, wie Patrik Geisselhardt erklärte.

Wie die PET-Recycling Schweiz ausserdem mitteilt, lassen sich allein 60 Prozent Energie sparen, wenn bei der Produktion von PET-Flaschen statt Neuware Rezyklat eingesetzt wird. Eine neue PET-Getränkeflasche kann, so PRS weiter, einen Rezyklatanteil von bis zu 75 Prozent enthalten.

1) Unsere Autorin Irene Jung lebt in der Schweiz und schildert die Eindrücke, die sie vom diesjährigen PETnology-Kongress mitgenommen hat, mit Fokus auf die Schweiz.

2) Teilnehmer an der Gipfelgesprächsrunde: Günter Lehner, CEO Technis & Operations Alpla/Österreich, William Long, President der Amcor PET Packaging, Inc., USA, John Galt, President und CEO der Husky Injection Molding Systems, Kanada, Christoph Klenk, Member of the Executive Board der Krones AG, Deutschland, Paul Holderith, Group Executive Vice President der Sidel S.A., Frankreich, Klaus Hartwig, Head of PTC Water der Nestlé Waters Management & Technology (Tochterunternehmen der Nestlé-Gruppe, Schweiz), Ben Chan, Vice Chairman der Zhuhai Zhongfu, China.


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