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Neue Perspektiven für Hersteller: Die dritte Generation von Bio-Werkstoffen Dipl.-Ing. Julia Schmitz und Dipl.-Ing. Michael Tesch, Kunststoff-Institut Lüdenscheid Die Wahrnehmung für die Endlichkeit unserer natürlichen Ressourcen, die Einführung verschiedener Umweltgesetzte, aber auch die Forderung des Marktes nach "grünen" Produkten hat dazu geführt, dass in allen Industriebereichen vermehrt der Einsatz von biobasierten Werkstoffen oder Naturfasermaterialien (NFK, WPC) im Fokus des Interesses steht. Statt auf begrenzt verfügbare fossile Rohstoffe setzt die Industrie immer öfter auf nachwachsende Biomaterialien. Die Produkthersteller reagieren damit nicht nur auf steigende Rohstoffpreise, sondern stärken zugleich ihr Profil als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen in der Öffentlichkeit. Forschung und Entwicklung beschäftigen sich seit über 30 Jahren mit dem Einsatz von Biopolymeren. Produkte der ersten Generation waren allerdings nicht in der Lage, sich marktgerecht zu entwickeln, was nicht zuletzt auf die ursprünglich fehlenden politischen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Inzwischen hat die zweite Generation dieser Werkstoffgruppe erfolgreich insbesondere im Verpackungswesen Einzug gehalten.
Gesetze wurden verabschiedet, Abkommen zur Senkung des CO2-Haushalts beschlossen und Forschungsvorhaben forciert. Kommerziell erhältliche Produkte, meist in Form von Verpackungsmaterialien, wurden erfolgreich in den Markt eingeführt. Insbesondere in der Landwirtschaft haben sich Folienprodukte bewährt, die als abbaubare Ackerfolien den Nutzern das Einsammeln nach der Ernte ersparen und einfach untergepflügt werden können. Technische Anwendungen auf dem Vormarsch Liegt der Fokus in der zweiten Generation der Biokunststoffe noch hauptsächlich im Einsatz abbaubarer Materialien, so ist der Einsatz der dritten Generation vornehmlich den technischen Anwendungen vorbehalten. Fossile Monomere werden gegen biobasierte substituiert: Es entstehen technische Polymere, die ganz oder teilweise biobasiert sind und ein Eigenschaftsprofil ähnlich ihrer petrochemischen Pendants aufweisen. Zusätze optimieren die Eigenschaften biobasierter, biologisch abbaubarerer Polymere im Hinblick auf die Produktlebensdauer oder die Temperaturbeständigkeit. Am Beispiel des Werkstoffs PLA (Polylactid) wird die Entwicklung deutlich: Erste Hersteller bieten materialspezifische, halogenfrei flammgeschützte Compounds an, die die RoHS-Richtlinie erfüllen und auf den Einsatz von rotem Phosphor, Antimon und Zink als Flammschutz verzichten. Damit öffnen sich in diesem Entwicklungsstadium der Biopolymere die Tore zu höherwertigen Anwendungen, die gesteigerte Materialkennwerte erfordern. In Bild 1 und 2 sind beispielhaft technische Bauteile abgebildet, die u.a. aus Biokunststoffen (biobasiertes TPE) hergestellt sind (Bild 2) oder einen hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe aufweisen (Polymer mit Holzmehl, Bild 1). In der dritten Generation ist der Begriff "Biokunststoff" wie folgt definiert: Er muss
Diese verschiedenen Biopolymergruppen sind in Bild 3 anschaulich dargestellt. Bild 3: Einordnung der verschiedenen Biopolymergruppen und der konventionellen Kunststoffe (Quelle: KIMW) Häufig werden auch die konventionellen petrochemisch basierten Polymere, wie z.B. PP, als Biopolymere bezeichnet, wenn sie mit einem Anteil an Naturfasern (NFK, Naturfaserverstärkter Kunststoff) oder Holzmehl (WPC, Wood Plastic Compound) gefüllt sind. Hier wird der Begriff "Biopolymer" jedoch unscharf und bedarf einer Definition über die Höhe des Füllgrads, die die Bezeichnung "Biopolymer" rechtfertigt. Grundsätzlich wird durch den Einsatz dieser Füll- und Verstärkungsstoffe der Anteil konventioneller Materialien reduziert, so dass sie lediglich als Trägermaterialien für die Verarbeitung der Produkte zum Einsatz kommen. Insbesondere biobasierende Materialien, deren Anteil an nachwachsenden Rohstoffen mittlerweile einen hohen Prozentsatz betragen kann, können konventionelle Materialien erfolgreich ersetzen. Am Beispiel des auf Rizinusöl basierenden Polyamids werden Vorteile dieser Materialsysteme deutlich. Sie liegen in einer geringeren Schwindung oder einer reduzierten Feuchtigkeitsaufnahme. Der Zusatz von Füll- und Verstärkungsstoffen ist möglich, so dass die mechanischen Eigenschaften und die Wärmeformbeständigkeit positiv beeinflusst werden. Die Entwicklung von Biopolymeren ist seit einigen Jahren trotz Wirtschaftskrise ungebremst und hat besonders 2009 einen deutlichen Entwicklungsschub erlebt. Das liegt nicht zuletzt darin begründet, dass viele Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten in diesen zukunftsträchtigen Themenbereich investieren. Der Markt für Biopolymere wächst in Europa seit Jahren mit Wachstumsraten von mehr als 20 Prozent. Bild 4 zeigt, wie sich die Produktionskapazitäten in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Bild 4: Weltweite Produktionskapazitäten von 2005 bis 2009 und deren voraussichtliche Entwicklung in den kommenden Jahren (Quelle: European Bioplastics) Neues Verbundprojekt gibt technische Hilfen Diesen Trend unterstützt auch das Kunststoff-Institut mit dem aktuellen Verbundprojektangebot "Einsatz nachhaltiger Materialien – Technische Anwendungen biobasierter Werkstoffe", das in Kooperation mit der ISK Iserlohner Kunststoff-Technologie GmbH und der FH Südwestfalen durchgeführt wird. In dem Verbundprojekt sollen Fragen hinsichtlich der Themenschwerpunkte "Material, Werkzeug, Verarbeitung und Oberfläche" näher untersucht und ausgewählte Versuchsreihen Aufschluss über die Möglichkeiten einer Umsetzung geben. Schwerpunkte bilden Materialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe und naturfaserverstärkte Kunststoffe. Der Einsatz von Sonderverfahren beim Spritzgießen oder der Oberflächentechnik genießt besondere Bedeutung. Das Projekt wurde im Juni 2010 gestartet, ein Quereinstieg ist jederzeit möglich. KIMW - Kunststoff-Institut Lüdenscheid Karolinenstraße 8 Tel.: +49 (0) 2351 106419-1 Internet: www.kunststoff-institut.de |
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