Fachartikel vom 28.01.2019

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Einfärben beim Spritzgießen von Thermoplasten

Korrelation zwischen Farbmittel, Verarbeitungsbedingungen und Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinie

Kathrin Klamt, Stefan Lehmann, KUZ - Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH

Dem stetig zunehmenden Bedarf nach Produktdifferenzierung über Farb- und Spezialeffekte bei immer kleiner werdenden Losgrößen kann der Spritzgießverarbeiter relativ kostengünstig, einfach und schnell durch Einfärbung der Kunststoffe unmittelbar im Herstellungsprozess Rechnung tragen. Über die „Farbe“ als Additiv erreicht man die kundenbezogene Diversifikation eines effizient hergestellten Massenproduktes. Das klingt im Prinzip einfach, stellt den Spritzgießverarbeiter im Alltag allerdings immer wieder vor neue Herausforderungen.

Forschung zur Vorhersage der Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinie

Ziel des am Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ) bearbeiteten Forschungsprojektes „Einfärben beim Spritzgießen von Thermoplasten: Korrelation zwischen Farbmittel, Verarbeitungsbedingungen und Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinie" war es, Modelle zu entwickeln, mit deren Hilfe die Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinien beim Einfärben von thermoplastischen Materialien in der Spritzgießverarbeitung vorhergesagt werden kann. Grundlage für die Entwicklung dieser Vorhersagemodelle bildeten systematische Untersuchungen der Korrelation zwischen den in diesem Zusammenhang als bedeutend eingestuften Eingangsgrößen im Spritzgießprozess mit der Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinien.

Schlüsselthema: Materialcharakteristik

Die 17 für ABS, PMMA, PP und PA6 als praxisrelevant ausgewählten Farbmittel wurden in Monobatches und z. T. in wachsbasierte Mikrogranulate sowie Flüssigfarbe eingearbeitet und physikalisch, d. h. über Farbkörpergröße, -form und -verteilung, klassifiziert.



Werkzeug- und maschinentechnische Rahmenbedingungen für die systematischen Spritzgießversuche

  • Modellformteil zur Provokation von Binde- und Fließnähten, alternierend mit einem Werkzeug mit Kalt- oder Heißkanalsystem hergestellt
  • Spritzgießmaschine: IntElect 100/470-180 mit Standardschnecke Æ 30 mm
  • Dosierung der Farbmittel: bei festen Präparationen gravimetrisch, bei den Flüssigfarben über ein Pumpsystem am Einfülltrichter und alternativ in der Meteringzone am Zylinder der Spritzeinheit über das aCC-System, einer Entwicklung der Sumitomo (SHI) Demag Plastics Machinery GmbH
  • Verwendung von Mischelementen der Groche Technik GmbH und PROMIX Solutions GmbH




Methodik: Effektive qualitative und quantitative Beurteilung der Oberflächenqualität

Die Beurteilung der Zusammenfließlinien an den Modellformteilen basierte zum einen auf genormten Prüfungen wie der visuellen Beurteilung und der farbmetrischen Bestimmung. Zudem wurde eine Methode entwickelt, auf der Grundlage von Oberflächenscans die Ausprägung der Zusammenfließlinie zu beurteilen. Die resultierenden Bewertungskriterien wurden in einem Netzdiagramm zusammengefasst, wie am Beispiel in der Abbildung gezeigt wird. Umso größer die Flächendeckung im Netzdiagramm erscheint, umso auffälliger ist die Zusammenfließlinie beim untersuchten Farbmittel.



Signifikante Abhängigkeiten der Qualitätsparameter von den untersuchten Einflussfaktoren

Die Vorhersagemodelle wurden auf Grundlage nichtlinearer statistischer Modelle unter Einbeziehung oben genannter Faktoren mittels der Software STASA QC der Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH entwickelt. In der Abbildung werden die ermittelten Abhängigkeiten aufgezeigt, die eine Vorhersage der Oberflächenqualität im Bereich der Zusammenfließlinien gestatten. Dabei erfolgte eine Wichtung der Einflussgrößen in Größen mit starkem d.h. überdurchschnittlichen, mit mittlerem und mit zu vernachlässigendem Einfluss auf die Oberflächenqualität. Nicht belegt sind die Kombinationen, bezüglich derer keine eindeutige Aussage zu treffen ist.



Ausblick

Die mittlere Farbkörpergröße in der Farbpräparation stellt in Kombination mit der Häufigkeitsverteilung zur Farbkörpergröße bzgl. der Ausprägung der Zusammenfließlinien den primären Einflussfaktor dar. Auf dieser Grundlage ist eine Risikoabschätzung hinsichtlich der zu erwartenden Oberflächenqualität möglich.
Damit stellen die gewonnenen Erkenntnisse die Basis für weitere Entwicklungen dar. Eine Fortsetzung der Untersuchungen mit Farbrezepturen ist notwendig, da in der Praxis i. d. R. nicht mit Monopräparationen sondern Farbrezepturen gearbeitet wird. Zum einen sind die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Farbmitteln, zum anderen ist die Intensität der Zusammenfließlinien in Abhängigkeit von Mengenanteilen einzelner Farbmittel zu untersuchen.

Kontakt: Kathrin Klamt, klamt@kuz-leipzig.de, Telefon +49 (0)341 4941 606

Gefördert durch Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Reg.-Nr.: VF140033)


Weiterführendes Forschungsprojekt – Farbe 4.0

Ziel des aktuell am KUZ laufenden Forschungsthemas „Farbe 4.0 - Inline-Farbmessung und Online-Dosierung von Flüssigfarben zur Regelung der Formteilfarbe“ ist die vollständige Integration der Einfärbung von thermoplastischen Kunststoffen in den Herstellungsprozess beim Spritzgießen. Dabei erfolgen die Rezeptierung und die Farbdosierung sowie die Messung der Formteilfarbe direkt im Spritzgießprozess. Die Umsetzung wird realisiert über die Verknüpfung von Sensoren und Aktoren mit Hilfe einer intelligenten Regelstrategie und entspricht der konsequenten Umsetzung von Industrie 4.0 auf das Einfärben von Thermoplasten im Spritzgießprozess.



Die in der Abbildung dargestellte avisierte intelligente Verknüpfung von Rezeptierung, Dosierung, Vermischung von Kunststoff mit Farben und Farbmessung macht eine unmittelbar im Spritzgießprozess integrierte Qualitätsüberwachung und Senkung der Ausschussrate durch frühzeitige automatische Korrektur von Farbabweichungen möglich. Mit dieser Lösung werden die Voraussetzungen geschaffen, dass der Kunststoffverarbeiter dem Anspruch auf immer stärkere Individualisierung mit häufig wechselnder und flexibler Farbgebung bei hohen Qualitätsanforderungen in der Zukunft nachhaltig gerecht werden kann.

Kontakt: Stefan Lehmann, lehmann@kuz-leipzig.de

Gefördert durch Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Reg.-Nr.: MF170030)


KUZ - Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH

Erich-Zeigner-Allee 44
04229 Leipzig, Deutschland

Tel.:   +49 (0) 341 4941-500
Fax:   +49 (0) 341 4941-555
Email: klamt@kuz-leipzig.de

Internet: www.kuz-leipzig.de


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