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Regranulat aus Organoblech-Beschnitten im Spritzguss einsetzen DI Gerhard Bäck, DI Dr. Klaus Fellner, DI Florian Gruber BSc, Dr.-Ing. Norbert Müller, ENGEL Austria GmbH Thermoplastische Composites ebnen dem automobilen Leichtbau den Weg in die Kreislaufwirtschaft und stehen bei den Designern deshalb hoch im Kurs. Mit Bauteilstückzahlen im hohen sechsstelligen Bereich pro Jahr ist die Verarbeitung von Organoblechen aktuell die bedeutendste thermoplastische Composite-Technologie. Ein Schwerpunkt in der weiteren Entwicklung ist das Recycling von Produktionsabfällen wie Beschnittresten. ENGEL konnte nachweisen, dass sich Regranulate aus Organoblechverschnitt bei Beibehaltung der Materialeigenschaften im Spritzguss verarbeiten lassen. Dies macht es möglich, die Composite-Rohstoffe vollständig im Kreislauf zu halten. Organobleche sind Faser-Matrix-Halbzeuge, die meistens als Plattenware angeboten werden. Sie bestehen aus Endlosfasern, die in eine thermoplastische Kunststoffmatrix eingebettet sind. Der rein thermoplastische Ansatz ermöglicht die effiziente Integration von Umformung und Funktionalisierung der Halbzeuge, was die Stückkosten senkt und die Technologie für die Automobilindustrie interessant macht. Zur Verarbeitung werden die Organobleche erwärmt, direkt im Spritzgießwerkzeug umgeformt und unmittelbar danach durch Spritzgießen mit den gewünschten Detailgeometrien versehen. In der Regel werden zum Spritzgießen Materialien aus der Gruppe des Matrixmaterials des Organoblechs verwendet. In der weiteren Konsequenz sollen zukünftig auch Regenerate aus Beschnittresten der Organobleche eingesetzt werden. So ließen sich Bauteile herstellen, die vollständig aus einem einzigen faserverstärkten Thermoplast bestehen und am Ende ihrer Nutzungsdauer im Sinne der Kreislaufwirtschaft stofflich sehr gut recycelt werden könnten.
Bild 1: Für die Versuche wurde aus Organoblech-Verschnittabfällen auf Basis unidirektionaler (UD)-Tapes (links) ein Regranulat (rechts) hergestellt. (Bilder: PURE LOOP) Zum Nachweis der Machbarkeit haben der Spritzgießmaschinenbauer ENGEL (Schwertberg, Österreich) und PURE LOOP, ein Unternehmen der auf Kunststoffrecycling spezialisierten EREMA Gruppe mit Sitz in Ansfelden, Österreich, in einer Versuchsreihe die Aufbereitung von Organoblech-Verschnittabfällen und die anschließende werkstoffgerechte Verarbeitung des Regenerats untersucht. Länge der Glasfasern erhalten Bild 2: Das für die Versuche eingesetzte Composite-Material wurde von Profol in Deutschland aus Glasfasern und Polypropylen produziert. (Bild: Profol) ENGEL nutzte für die Versuche Organobleche der Marke Progano von Profol (Halfing, Deutschland), die aus UD-Tapes mit 72 Gew.-% Glasfasern in einer Polypropylen-Matrix aufgebaut sind (Bild 2). Durch kundenspezifische Zuschnitte fallen Reststücke an. Für die Regranulierung der Beschnittabfälle kam eine ISEC evo 302 Anlage von PURE LOOP zum Einsatz (Bild 3). Das Besondere dieser Anlage ist, dass Schredder und Extruderschnecke auf einer gemeinsamen Welle sitzen. Die Beschickung erfolgte mit ca. 1,5 Meter langen Organoblechstreifen. Angestrebt wurde eine Verdünnung des Fasergehalts auf 40 Gew.-%. Mit Hilfe eines Förderbands wurde das Beschnittmaterial der Anlage zugeführt. Es fällt in einen Trichter, an dessen unterem Ende die Welle beginnt. In diesem Bereich der Welle sitzen die Schneidelemente. Das zerkleinerte Material gelangt durch einen Verdichterbereich zu einer Irisblende, die den Materialstrom regelt. Unverstärktes PP wird in Granulatform zugeführt und das Materialgemisch wird plastifiziert. Auf einen Filter im Extrusionsbereich wurde bewusst verzichtet, denn dieser würde die langen Fasern entfernen. Abschließend wurde das Material heiß abgeschlagen und in einer Zentrifuge getrocknet. Bild 3: Für die Regranulierung der Beschnittabfälle kam eine ISEC evo 302 Anlage von PURE LOOP zum Einsatz. Schredder und Extruderschnecke sitzen bei diesem Anlagentyp auf einer gemeinsamen Welle. (Bild: PURE LOOP) Die erfolgreiche Aufbereitung von Produktionsabfällen zeigt das Potenzial für Automobilbauteile am Ende der Fahrzeugnutzungsdauer auf. Nach dem Reinigen der Bauteile und dem Entfernen von eingesetzten metallischen Einlegeteilen können diese auf die gleiche Weise in Regranulat rückgeführt werden. Im Spritzguss kein Unterschied zu Neuware In der weiteren Folge wurden mit dem erhaltenen Regranulat Spritzgießversuche durchgeführt, um sowohl die Verarbeitbarkeit als auch die zu erzielende Bauteilqualität beurteilen zu können. Im Technikum von ENGEL am Stammsitz in Schwertberg wurden auf einer e-victory 1640/300 Spritzgießmaschine Musterteile produziert, einer Anlage, die für die Fertigung von Organoblech-Bauteilen mittlerer Größe prädestiniert ist. Aufgrund ihrer holmlosen Schließeinheit ermöglicht die e-victory Hybridmaschine mit elektrischer Spritzeinheit ein schnelles Hothandling, was bei der Herstellung von Produkten mit dünnen Organoblechen entscheiden für die Realisierbarkeit des Prozesses ist. Bild 4: An der LIT Factory in Linz, Österreich, wurden in einem integrierten Prozess seriennahe Musterteile produziert. (Bild: ENGEL) Das Regranulat wurde in einem Masterbatchmischer versuchsweise vorgemischt, um den Einfluss eines optionalen Homogenisierungsschritts – zum Beispiel in einem Silo mittels Rührer – nachzustellen. Das Wiegen der Bauteile ergab für das Regranulat leicht höhere Standardabweichungen gegenüber der Neuware. Absolut gesehen waren die Standardabweichungen aber für beide Materialien sehr gering. Bei einem Sollschussgewicht von 400 Gramm lag die Standardabweichung beim Verarbeiten des Regranulats im Bereich von 0,7 Gramm und beim Verarbeiten der Neuware bei etwa 0,15 Gramm. Bild 5: Die sehr gute Qualität der produzierten Musterteile und die hohe Effizienz des integrierten Verarbeitungsprozesses zeigen das große Potenzial der Aufbereitung von Organoblechverschnittabfällen auf. (Bilder: ENGEL) Automobile Serie im Blick LIT Factory Nach den erfolgreichen Regranulier- und Spritzgießversuchen anhand von tapebasierten Organoblechen stellte sich die Frage nach der Übertragbarkeit auf reale Bauteile. ENGEL und PURE LOOP haben gemeinsam mit der LIT Factory in Linz, Österreich, in einem integrierten Prozess seriennahe Musterteile produziert (Bild 4). Die endlosfaserverstärkten Organobleche wurden zugeschnitten und über Magazine dem Handlingroboter zugeführt. Sie wurden im integrierten IR-Ofen erwärmt, vom Knickarmroboter in das Werkzeug der ENGEL duo 350 Spritzgießmaschine eingelegt, dort umgeformt und mit dem Regranulat der Beschnittabfälle umspritzt (Bild 5 und Titelbild). Die sehr gute erzielte Bauteilqualität und hohe Effizienz des integrierten Verarbeitungsprozesses zeigen das große Potenzial der Aufbereitung von Organoblech-Verschnittabfällen für Serienanwendungen im automobilen Leichtbau auf. ENGEL und PURE LOOP arbeiten weiter gemeinsam daran, dieses Potenzial zu heben.Die LIT Factory des Linz Institute of Technology (LIT) an der Johannes Kepler Universität ist eine vernetzte Lehr-, Lern- und Forschungsfabrik. Mit Fokus auf die Digitalisierung und Vernetzung von Produktionsprozessen werden dort vor allem Leichtbautechnologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktentwicklung und Verarbeitung bis hin zur Wiederverwertung im Sinne einer Kreislaufwirtschaft – entwickelt und optimiert. EREMA und ENGEL gehören zu den Gründungsmitgliedern und Partnern der LIT Factory. Literatur Müller, N., Zwicklhuber, P.: Blick fürs Essenzielle, Kunststoffe 8/2020, S. 26-29 ENGEL Austria GmbH Ludwig-Engel-Straße 1 Tel.: +43(0)50 620-0 Internet: www.engel.at |
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