25.06.2018, 09:07 Uhr | Lesedauer: ca. 6 Minuten |
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In vielen Bereichen und Produkten des täglichen Lebens, angefangen vom Automobilbau, über die Elektronik bis hin zur Medizintechnik haben Silikone aufgrund ihrer einzigartigen Kombination von Eigenschaften eine große Bandbreite von Anwendungen erobern können. Auch die Kombination eines Thermoplasts mit einem Flüssigsilikonkautschuk in einem Spritzgießzyklus, um Materialsubstitutionen zu realisieren oder spätere Montageschritte zu vermeiden, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Wie die Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH (KUZ) weiter mitteilt, hat sich im Normalspritzguss diese Materialkombination bereits etabliert, die im Mikrospritzguss noch umgesetzt werden müsse. Ziel der Entwicklung Das Forschungsprojekt „Entwicklung technologischer und konstruktiver Lösungen zum Mikrospritzgießen von 2K-Mikroformteilen in Kombination Thermoplast – Silikon“ am KUZ widmete sich dieser anspruchsvollen Thematik. Ziel war es, durch neue technische und technologische Lösungen beim 2K-Mikrospritzgießen eine Formteilverbindung Thermoplast – Silikon in einem Spritzgießzyklus ohne zusätzliche Montageschritte an einem 2K-Mikroformteil zu realisieren. Dabei sollen kurze Zykluszeiten erreicht werden, wie sie für das Mikrospritzgießen mit seinen geringen Wandstärken typisch sind. Die Basis des Projektes bildet dabei die modulare Maschinenplattform mit Kolbenspritzeinheiten „2K-formicaPlast“, die am KUZ für das Zweikomponenten-Mikrospritzgießen mit integriertem Indexarm entwickelt wurde. Ein Schwerpunkt stellt die Entwicklung eines Konzeptes für die thermische Trennung der Formeinsätze in der Dreheinheit dar, da der Flüssigsilikonkautschuk wesentlich höhere Werkzeugtemperaturen zum Vulkanisieren benötigt als die Thermoplastkomponente zum Erstarren. Weiterhin muss beachtet werden, dass nach der Drehung des Indexarms beide Formeinsätze schnell die entsprechend geforderte Werkzeugtemperatur annehmen können. Zielgerichtete Untersuchungen sollen zeigen, welche Kombination der beiden Komponenten für den Mikrospritzguss zu einer optimalen Verbindung führt. Technologische Entwicklung und systematische Tests Der erforderliche Gesamtumfang der FuE-Arbeiten für dieses Projekt umfasste zwei Themenkomplexe: Wie in Bild 1 dargestellt, wurden die 2K-Mikro-Demonstrationsformteile nach den Regeln der kunststoff- und spritzgießgerechten Gestaltung für das Mikrospritzgießen entwickelt. Zu beachten war dabei, dass das Demonstrationsformteil A nur eine stoffschlüssige Verbindung mit einer Haftungsfläche aufweist (Variante: Haftung) und Demonstrationsformteil B durch eine formschlüssige Verbindung mit einem Hinterschnitt gekennzeichnet ist, der auch die Verwendung und anschließende Prüfung von nicht haftendem Flüssigsilikonkautschuk ermöglicht (Variante: Niete). ![]() Bild 1: 2K-Mikro-Demonstrationsformteile - im Bild sind beide Demonstrationsformteile in einem Formteil (FT) dargestellt. Linke FT-Hälfte mit Hinterschnitt (Variante: Niete), rechte FT-Hälfte ohne Hinterschnitt (Variante: Haftung) - (Alle Bilder, Grafiken, Tabelle: KUZ). Für die Realisierung des 2K-Mikrospritzgießprozesses, in dem eine Komponente aus einem reaktiven Material wie Silikon besteht, ist die Konzeption des Werkzeugs mit der notwendigen thermischen Trennung zwischen den Formeinsätzen von entscheidender Bedeutung. Nach umfangreichen Untersuchungen wurde das entsprechende Werkzeugkonzept umgesetzt (Bild 2). Spritzgießversuche mit verschiedenen Materialkombinationen Der Wechsel zwischen den beiden Demonstrationsformteilen erfolgt durch Austausch der Formeinsätze im 2K-Werkzeug. Nach Fertigstellung der Werkzeuge mit den beiden Varianten des Demonstrationsformteiles erfolgten Spritzgießversuche mit sechs ausgewählten Thermoplasten und vier Flüssigsilikonen. Dabei wurden alle Thermoplaste mit den Flüssigsilikonen kombiniert. Generell wurde die erste Komponente aus einem Thermoplast gefertigt und die zweite Komponente aus einem Flüssigsilikon. In Bild 3 sind die Kombinationen aus den Spritzgießversuchen dargestellt. Durch die Versuche mit der Variante „Niete“ konnten bereits relevante Kombinationen, Thermoplast / Silikon, für die späteren Versuche mit der Variante „Haftung“ spezifiziert werden. Somit wurde der Versuchsaufwand für die Variante Haftung auf sinnvolle Kombinationen reduziert. ![]() Bild 3: Versuche der Haftung von Thermoplast und Silikon (htv) – Kombinationen der 2K-Demonstrationsformteile Die Hälfte aller Formteilchargen wurde nach der Fertigung getempert (Vakuumofen, 100°C, 24 h), um einen Vergleich der Haftfestigkeit im getemperten und ungetemperten Zustand vornehmen zu können. Die anschließenden Zugversuche wurden an einer Zwick Materialprüfmaschine Zwicki Z2.5/TN durchgeführt. Haftkraft – wie gut hält die Verbindung? Die Haftkräfte konnten bei den Zugversuchen am Demonstrationsformteil in der Variante „Haftung“ aussagekräftiger ermittelt werden als in der Variante „Niete“. In Bild 4 ist die Eignung der Verbindung der getesteten Thermoplaste mit den Silikonen ersichtlich. Die Kombination von selbsthaftendem Silikon (LR3070) mit jeweils PPA, PA6 und PBT zeigt dabei die besten Ergebnisse. Auf Grund der geringen geometrischen Haftfläche von ca. 5 mm² fallen auch die erzielten Haftkräfte sehr gering aus. Problematisch zu sehen war hier die Wirkung der Entformungskräfte der Silikonkomponente zur düsenseitigen Entformung, welche teilweise zu einer Vorschädigung der stoffschlüssigen Verbindung zwischen Thermoplast und Silikon führte. Es konnten dennoch reproduzierbare Ergebnisse für die Haftung beider Komponenten in den Spritzgießvariationen ermittelt werden. Es ist sehr gut zu erkennen, dass getemperte Probekörper eine höhere Haftkraft aufweisen als ungetemperte Probekörper. Dies deutet auf eine Beeinflussung der Haftung als Folge der Ausbildung von Bindungen zum Thermoplast hin. Lediglich bei der Kombination mit PBT konnte eine etwas niedrigere Haftkraft für die getemperte Variante festgestellt werden. Folglich ist für eine höhere Haftung generell eine Wärmebehandlung nach dem Spritzguss zu empfehlen. Unterschiedliche Temperierung für Materialmix Gute Ergebnisse konnten bei einer Kombination von PPA, LCP, PA6 und PBT mit selbsthaftendem Silikon Elastosil LR3070 erzielt werden. Voraussetzung ist hier die dynamische Heizung und Kühlung der Werkzeugkavitäten, um den Thermoplast während des Überspritzens mit Silikon in der heißen Werkzeugseite nicht zu schädigen. Eine sinnvolle Möglichkeit der Temperierung wurde durch Unterstützung des Heizens mittels Induktion und des Kühlens mittels CO2 aufgezeigt (Bild 6). Eine große Rolle spielt ebenfalls die thermische Trennung der Werkzeugkavitäten mit den unterschiedlichen Prozesstemperaturen, welche eine Differenz von bis zu 100 K aufweisen können. Zukünftige Auslegungen der Temperierung können mit Elementen aus dem generativen Werkzeugbau noch effektiver gestaltet werden. Dabei ist ein konturnaher wassergekühlter Induktor aus Kupfer, gefertigt mit dem selektiven Laserschmelzverfahren (SLS), denkbar, welcher eine höhere Dynamik im Aufheizprozess für das Erreichen der Vernetzungstemperatur des Flüssigsilikons ermöglicht. Anwendung & Nutzen Die Untersuchungen konnten den Nachweis erbringen, dass selbst bei einer sehr kleinen zur Verfügung stehenden Haftfläche eine Kombination von Thermoplast und Silikon mittels Mikrospritzguss möglich ist. Haftkräfte von ca. 1,22 N/mm² bei der Kombination von PBT Anjacom 400 mit Elastosil LR3070-30 konnten nachgewiesen werden. Dies bedeutet bei einer zur Verfügung stehenden Haftfläche von 5 mm² im Falle des Demonstrationsformteiles (Variante „Haftung“) eine Haftkraft von 6,1 N. Die Versuche haben gezeigt, dass mit angepasster Maschinentechnik und Peripherie eine Herstellung von 2K-Mikroformteilen in der Kombination Thermoplast und Flüssigsilikon möglich ist. Dies bedeutet jedoch eine höhere Sorgfalt bei der Auslegung der typischerweise für den Mikrospritzguss kleinen Werkzeuge mit der Realisierung einer thermischen Trennung auf engstem Raum. Eine Anwendung der Technologie ist größtenteils bei Mikroformteilen mit Dichtfunktion zu sehen, welche vorrangig in der Medizintechnik zu finden sind. Die im KUZ vorhandene Ausrüstung (Maschinentechnik, Werkzeuge und Peripherie) steht nun auch interessierten Kunden für Haftungsuntersuchungen oder Testabformungen hinsichtlich ihrer Zielanwendung zur Verfügung. Weitere Informationen: www.kuz-leipzig.de |
Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH, Leipzig
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