Fachartikel vom 04.11.2013

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Leichter und robuster: Glasfaserverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe sparen im Autobau gegenüber Metall bis zu 40 Prozent Gewicht

Christine Gaßel, Quadrant Plastic Composites AG

In Zeiten hoher Treibstoffpreise und steigender Umweltauflagen ist das Fahrzeuggewicht für die Automobilindustrie zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden: Jedes Kilo weniger spart Sprit und damit auch CO2. Die Möglichkeiten zur Reduzierung von Materialstärken und zum Einsatz von Leichtmetallen wie Aluminium sind jedoch schon weitgehend ausgereizt. Eine Alternative bieten in dieser Situation moderne thermoplastische Verbundwerkstoffe, die dank integrierter Glasfaser-Matten oder -Gewebe eine sehr hohe Steifigkeit und Stabilität erreichen. Die Quadrant Plastic Composites AG (QPC) hat hier unter anderem den GMTex-Kunststoff entwickelt, der an strukturellen Bauteilen 20 bis 40 Prozent an Gewicht einsparen kann. Verwendung finden die Materialien beispielsweise als Stoßfängerquerträger oder in den Überrollbügeln des neuen Mercedes SLK.

Überrollbügel für einen Mercedes SLK sind eines der jüngsten Anwendungsfelder für die faserverstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoffe. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Überrollbügel für einen Mercedes SLK sind eines der jüngsten Anwendungsfelder für die faserverstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoffe. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Bei einem Unfall mit Überschlag in einem offenen Wagen kann meist nur der Überrollbügel schwere Oberkörperverletzungen der Insassen verhindern. Seine Zuverlässigkeit und Stabilität ist unter Umständen lebenswichtig. Um etwaige kritische Punkte frühzeitig beseitigen zu können und eine maximale Belastbarkeit zu erreichen, arbeitete QPC daher bei der Konzeption des Sicherheitsbauteils eng mit seinem Tochterunternehmen Quadrant Metal Plastic Solutions zusammen, das auf FEM-Simulationen, Komponentenauslegung und Versuchsabsicherung spezialisiert ist. Als Werkstoff wurde ein Mix aus glasmattenverstärktem GMT und dem noch robusteren, gewebeverstärkten GMTex verwendet, durch den eine hohe Steifheit und Dimensionsstabilität sowie eine hohe Aufprallperformance erreicht wird. Darüber hinaus spart der Thermoplast gegenüber der Standard-Stahllösung 3 kg Gewicht ein, reduziert die Anzahl von neun Einzelteilen auf eine Komponente und spart somit Montagekosten, ist korrosionsbeständig und wiederverwertbar. Auch die Verarbeitung ist einfach: Das Halbzeug lässt sich mittels Pressverfahren direkt in die gewünschte Form bringen – in diesem Fall ein Bügel mit integrierten Querverstrebungen je Sitz auf einer gemeinsamen Trägerleiste – und kann bei Bedarf auch noch beliebig nachbearbeitet werden, vom Bohren und Stanzen über das Finishen bis zum Laserschneiden.

Immer mehr Automobilkomponenten werden heute aus Hochleistungskunststoffen hergestellt, um Gewicht zu sparen und damit den Treibstoffverbrauch sowie den CO2-Ausstoß zu senken. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Immer mehr Automobilkomponenten werden heute aus Hochleistungskunststoffen hergestellt, um Gewicht zu sparen und damit den Treibstoffverbrauch sowie den CO2-Ausstoß zu senken. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Leichter als Aluminium, stabiler als Kurzglasfaser verstärkte Kunststoffe
Grundlage dafür ist der besondere Aufbau des Werkstoffs: Endlos-Fasern aus Glas oder Synthetikmaterial sorgen für eine enorm hohe Festigkeit. Diese werden entweder als Matten oder für extreme Belastungsansprüche als textilartiges Gewebe in eine Matrix aus Polypropylen oder Polyamid eingebettet. Auf diese Weise werden sehr gute Crash-Absorptionswerte erzielt, zudem ist durch das über einen weiten Temperaturbereich von -40°C bis 90°C gleich bleibende Eigenschaftsprofil sichergestellt, dass der Werkstoff auch bei Kälte nicht versprödet und weiterhin ein gutmütiges Bruchverhalten ohne unkontrolliert herumfliegende Bruchstücke aufweist. Das Flächengewicht der GMT/GMTex Verbundwerkstoffe beträgt trotz hoher Leistungsfähigkeit nur 5.328 beziehungsweise 5.808 g/m² und damit weniger als die Hälfte einer vergleichbaren Aluminiumplatte.

GMT und GMTex ermöglichten unter anderem die erste Frontend-Lösung in Serienreife aus reinen Composite-Werkstoffen ohne Stahlverstärkung. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
GMT und GMTex ermöglichten unter anderem die erste Frontend-Lösung in Serienreife aus reinen Composite-Werkstoffen ohne Stahlverstärkung. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Die genaue Rezeptur von Verstärker und Matrix wird jeweils an das Anwendungsprofil angepasst, um den konkreten Anforderungen an Beständigkeit, Schall- und Schwingungsdämpfung, Zähigkeit oder Elastizität zu entsprechen. So lässt sich mit Polyamid beispielsweise eine erhöhte Temperaturbeständigkeit erreichen. Insgesamt umfasst die Produktpalette der Quadrant Plastic Composites derzeit 18 GMT- und 11 GMTex-Varianten. Hinzu kommen die ultraleichten SymaLITE-Thermoplaste, die unter anderem Sperrholz oder Hartschäume ersetzen und ohne Klebstoff direkt mit Dekor- oder Funktionsschichten verpresst werden können, sowie die besonders stabilen und witterungsbeständigen MultiQ-Sandwichplatten.


Vielseitig einsetzbar
Die glasfaser- und gewebeverstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoffe von QPC bewähren sich bereits seit längerem für semi-strukturelle Bauteile wie Instrumententafelträger, Heckklappen, Türmodule oder Sitze.
Der SymaLITE-Verbundwerkstoff ist dank seiner extrem niedrigen Dichte ultraleicht. Er wird direkt mit Dekor- und Funktionsschichten produziert und beispielsweise für Unterbodenverkleidungen oder für Innenraum­anwendungen verwendet. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
Der SymaLITE-Verbundwerkstoff ist dank seiner extrem niedrigen Dichte ultraleicht. Er wird direkt mit Dekor- und Funktionsschichten produziert und beispielsweise für Unterbodenverkleidungen oder für Innenraum­anwendungen verwendet. (Foto: Quadrant Plastic Composites AG)
SymaLITE wird etwa für die Unterbodenverkleidung des BMW M3 verwendet, wodurch sich außer der Gewichtsreduzierung auch eine verbesserte Akustik und eine geringere Wasseraufnahme realisieren ließen. Eine weitere Neuentwicklung im Bereich struktureller Komponenten aus GMT und GMTex ist neben den Überrollbügeln beispielsweise das Frontend-Modul für Mercedes S-Klasse-Coupés. Hier wurde erstmals eine reine Composite-Lösung ohne zusätzliche Stahlverstärkung verbaut, die dank ihrer besonderen Materialeigenschaften alle Ansprüche an Festigkeit, Steifigkeit und Dimensionsstabilität bei Temperaturen von bis zu 130°C erfüllt. Ebenso wurde für einen chinesischen Automobilzulieferer eine Schlechtwege-Kapsel für die teils rauen Straßen der asiatischen Schwellenländer entwickelt, die auf der hohen Bruchsicherheit und Haltbarkeit des GMTex-Materials basiert.

Die Nachfrage nach derartigen Leichtbau-Komponenten steigt weltweit stetig an, vor allem die Möglichkeiten zur CO2-Reduktion spielen eine immer wichtigere Rolle in der Automobilindustrie. QPC will daher nach seinen Werken in der Schweiz, Deutschland, Kanada und Japan 2014 einen weiteren Produktionsstandort in China eröffnen. Bereits heute ist das Unternehmen mit seinen gewebeverstärkten Verbundthermoplasten Marktführer, diese Vorreiterrolle soll künftig durch die Entwicklung von innovativen Metall-Kunststoff-Hybridmaterialien und den verstärkten Einsatz von Organoblechen (LIPA Projekt), die zum Umspritzen geeignet sind, noch ausgebaut werden.

Über Quadrant
Die Quadrant Plastic Composites AG mit Sitz im schweizerischen Lenzburg ist spezialisiert auf glasfaser- und gewebeverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe, die wegen ihrer guten mechanischen Eigenschaften Stahl, Aluminium, Sperrholz und andere technische Werkstoffe ersetzen können. Die Materialen, die von den rund 220 Mitarbeitern des Unternehmens entwickelt und produziert werden, finden vor allem in der Automobilindustrie Verwendung, aber auch im Baugewerbe, in Nutzfahrzeugen und in anderen Branchen. Das Unternehmen ist Teil der Quadrant-Gruppe, einer Tochter der Mitsubishi Plastics Inc. mit Standorten in 20 Ländern.


Quadrant Plastic Composites AG

Hardstr. 12
5600 Lenzburg, Schweiz

Tel.:   +41 62 885 81 50
Fax:   +41 62 885 83 85

Internet: www.quadrantcomposites.com


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