08.04.2015, 10:02 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Forschungsmotor mit eingebautem Leichtbau-Zylindergehäuse. Im Bild ist ein Messedemonstrator zu sehen - (Bild: Fraunhofer ICT). Damit Autos weniger Sprit verbrauchen, müssen sie leichter werden. Die meisten Automobilentwickler denken dabei an die Karosserien. Doch auch der Antriebsstrang, zu dem der Motor gehört, hat einen wesentlichen Anteil am Gewicht des Fahrzeugs. Bislang setzen die Autohersteller auf Aluminium, um Teile des Motors, wie den Motorblock, leichter zu bauen. Künftig können die Autohersteller ihre Motorblöcke zum Teil auch aus faserverstärktem Kunststoff herstellen – und damit noch einmal einiges an Gewicht einsparen. Einen solchen Motor haben Forscher der Projektgruppe „Neue Antriebssysteme NAS“ des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT entwickelt, gemeinsam mit dem japanischen Unternehmen Sumitomo Bakelite High Performance Plastics SBHPP. „Wir haben für einen Einzylinder-Forschungsmotor ein Zylindergehäuse aus faserverstärktem Kunststoff hergestellt“, sagt Dr. Lars-Fredrik Berg, Forschungsbereichsleiter der Projektgruppe NAS in Karlsruhe. „Das Zylindergehäuse wiegt etwa 20 Prozent weniger als die Referenz aus Aluminium – und das bei gleichen Kosten.“ Was so einfach klingt, birgt jedoch jede Menge Herausforderungen: Die Materialien müssen extremen Temperaturen und hohen Drücken standhalten sowie Schwingungen unbeschadet überstehen. Dass dies mit Kunststoffen generell machbar ist, war bereits in den 80er Jahren bekannt. Doch die damaligen Motoren hätten von Hand gefertigt werden müssen – ein K.-o.-Kriterium für die Automobilindustrie, wo Motorblöcke in Millionen-Stückzahlen vom Band laufen. Doch wie schaffen es die Forscher, den Motor widerstandsfähig genug aufzubauen? „Zunächst haben wir uns das Design des Motors angeschaut: In Bereichen, wo starke thermische oder mechanische Belastungen auftreten, bringen wir Inserts aus Metall ein“, sagt Berg. So etwa in der Zylinderlaufbuchse, in welcher der Kolben im Laufe des Autolebens millionenfach auf und ab läuft. Auch die Geometrie haben die Wissenschaftler so angepasst, dass der Kunststoff möglichst wenig Hitze aushalten muss. Glasfaserverstärktes Phenolharz Eine weitere Besonderheit liegt im Material: Es muss möglichst fest und steif sein und glykolhaltigem Kühlwasser, Öl und Benzin trotzen. Zudem muss es sich gut mit den Metallinserts verbinden und darf sich bei Erwärmung nicht stärker ausdehnen als diese – sonst würden sich die Inserts ablösen. All dies erfüllt das glasfaserverstärkte Phenolharz von SBHPP, das Berg und sein Team verwenden und das zu 55 Prozent aus Fasern und zu 45 Prozent aus Harz besteht. Autobauer können statt der Glasfasern jedoch auch die teureren, aber leichteren Kohlenstofffasern verwenden – und somit von Fall zu Fall entscheiden, ob sie den Motor hinsichtlich der Kosten oder hinsichtlich des Gewichts optimieren wollen. Bei der Fertigung von Bauteilen setzen die Forscher auf den Spritzgießprozess mit rieselfähigem Duroplast: Hier wird der fließfähige Werkstoff, bestehend aus Harz und den darin enthaltenen Fasern, in ein Werkzeug gespritzt, wo er aushärtet. Über Simulationen analysierten die Wissenschaftler, wie sie das Material dabei am besten einbringen müssen, um später optimale Eigenschaften zu erhalten. Das Verfahren ist großserientauglich und die Fertigung deutlich günstiger als die von Aluminium-Motoren. Zudem entfallen große Teile der Endbearbeitung. Einen Prototyp des Motors stellen die Wissenschaftler auf der Hannover-Messe vor. Der Motor wurde bereits erfolgreich auf dem Prüfstand getestet. „Wir erreichen die gleichen Eigenschaften – etwa hinsichtlich der Leistung – wie bei herkömmlichen Motoren“, sagt Berg. Darüber hinaus erwarten die Wissenschaftler weitere Vorteile: So könnte der Kunststoff-Motor weitaus leiser laufen als seine Metall-Gegenstücke. Auch in punkto Wärmeabstrahlung an die Umgebung scheint er Aluminium-Motoren überlegen zu sein. In einem weiteren Schritt wollen die Forscher auch einen mehrzylindrigen Motor aus Kunststoffen herstellen, samt Kurbelwellen-Lagerung. Weitere Informationen: www.ict.fraunhofer.de Hannover Messe 2015, 13.-17. April 2015, Hannover, Halle 2, Stand C16 |
Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal
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