29.01.2025, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 5 Minuten |
Im Rahmen des „29. Stuttgarter Kunststoffkolloquium“ des Instituts für Kunststofftechnik (IKT) gilt es im Februar 2025 auch die Eröffnung des neuen Rheologie-Labors zu feiern. Flankiert wird dieses Event von mehreren Vorträgen im Programm der Tagung. Drei Vorträge werden am 19.02.2025 kostenlos per Stream zu verfolgen sein, drei weitere Vorträge bereichern den Präsenz-Teil des Kolloquiums in Stuttgart vor der Eröffnung des Labors am 20. Februar 2025. Klassische rheologische Messmethoden sind in der Regel nicht in der Lage, vollständige Strömungsprofile in Flüssigkeiten zu erfassen. Von röntgenbasierten Methoden weiß man indes, dass sie sogar Strömungsdynamiken in visuell nicht zugänglichen Rohren sichtbar machen können. Ausgerechnet für Polymerschmelzen sind diese Techniken bislang jedoch kaum genutzt worden. Am Institut für Kunststofftechnik (IKT) wurde daher erforscht, ob man die sogenannte Röntgen-Particle-Tracking-Velocimetry (XPTV) als experimentelles Werkzeug nicht auch für die Kunststofftechnik nutzen kann. In diesem Fall wurden Kunststoff-Filamente für den 3D-Druck mit Wolfram-Tracerpartikeln präpariert und in einem speziell entwickelten Versuchsaufbau unter praxisnahen Betriebsbedingungen in einem räumlich wie zeitlich hoch aufgelösten „Röntgen-Film“ beobachtet. Durch diese Aufnahmen konnten sogar Geschwindigkeits- und Schergeschwindigkeitsprofile beim Aufschmelzen dieses Strangs innerhalb der 3D-Druckerdüse analysiert werden. Geschwindigkeits-Profile in Polymerschmelzen – am IKT ermittelt mittels Röntgen-Particle-Tracking-Velocimetry (XPTV) - (Grafik: IKT). Werden in Kunststoffen Zusatzstoffe verwendet, kann sich die Vorhersage ihres Verhaltens bei der Verarbeitung sehr komplex gestalten. Am IKT wurden daher ein lineares und langkettenverzweigtes Polypropylen mit variierenden Glasfaseranteilen zunächst dehn- und scherrheologisch hinsichtlich Dehnverfestigung und Fließhemmung untersucht. Die Befunde wurden anschließend mit morphologischen Untersuchungen mittels Kegelstrahl-CT abgeglichen. Dabei zeigte sich, dass die Fasern bei dehnbeanspruchten Prüfkörpern in der Prüfkörpermitte in Fließrichtung ausgerichtet sind. Bei scherbeanspruchten Prüfkörpern konnte dagegen eine Ausrichtung in den wandnahen Bereichen festgestellt werden. Die Schmelzeviskosität von Rezyklaten schwankt stärker als die von Neuware. Ein am IKT entwickeltes Online-Messsystem hilft, diesen Parameter schon während der Compoundierung in Echtzeit zu bestimmen. Erforscht wird auch, ob eine veränderte Schmelzeviskosität nicht nur Hinweise auf die mechanischen Kurzzeiteigenschaften, sondern auch auf die Langzeiteigenschaften der Rezyklate geben könnte. Das IKT stellt ein empirisches Modell vor, welches beide Eigenschaften miteinander verknüpft. Einen Sonderfall im Blick auf ihre rheologischen Eigenschaften stellen flüssigkristalline Polymere (LCP) dar: Ihre Rheologie ist zum Beispiel stark abhängig vom Orientierungszustand der Moleküle. Daher blieben bislang viele Aspekte ihrer Fließeigenschaften umstritten. Um hier Klarheit zu schaffen, wurde am IKT ein thermotropes LCP bei verarbeitungsrelevanten Temperaturen sowohl in einem Rotations- wie auch einem Hochdruckkapillarrheometer rheologisch charakterisiert. Dabei stellte sich heraus, dass die Kapillargeometrie einen signifikanten Einfluss auf die Viskositätsmessungen hat. Grund sind vermutlich unterschiedliche Orientierungszustände der Moleküle. Die gewonnenen Daten und Modelle werden die Simulation des Fließverhaltens thermotroper LCP verbessern und ihre Verarbeitung deutlich erleichtern. Ein wichtiges Einsatzfeld für hochentwickelte Kunststoffe in der „Mobilität von morgen“ sind sogenannte Bipolarplatten für Brennstoffzellen. Sie werden mit Graphit gefüllt. Derartige Kunststoffschmelzen neigen allerdings stark zum Wandgleiten. Das ist ein Problem, denn die meisten Strömungssimulationen gehen davon aus, dass Flüssigkeiten an den Werkzeugwänden haften. Ein Lösungsansatz, der helfen könnte, das Verhalten dieser Schmelzen im Verarbeitungsprozess korrekt vorherzusagen, wurde am IKT erfolgreich eingesetzt: Ein halbautomatischer Algorithmus, der das geometrie- und wandschubspannungsabhängige Wandgleitverhalten von Kunststoffschmelzen auf Basis zweier Fließkurven nachbildet, die mit einem geometrisch ähnlichen Schlitzdüsenpaar auf einem Hochdruckkapillarrheometer aufgenommen wurden. Die Ergebnisse dieser Analyse konnten erfolgreich als Eingangsparameter zur Vorhersage der Prozesseigenschaften eingesetzt werden. Auch die Pultrusion gilt schon lange als etabliertes Verfahren der Kunststofftechnik, das durch Arbeiten am IKT ein „Update“ erhält. Bislang eher eine Domäne duromerer Werkstoffe, wird sie derzeit auch für Thermoplaste fit gemacht: In der sogenannten In-situ-Pultrusion härtet etwa das äußerst niedrigviskose Caprolactam zu PA6 aus. Dieses Monomer imprägniert selbst große Profilquerschnitte ohne hohe Drücke. Das Problem: Schmelzefluss und Durchtränkung der Fasern lassen sich nur schwer direkt beobachten. Am IKT wurde daher ein durchsichtiges Imprägnierwerkzeug aus PMMA konstruiert, mit dessen Hilfe einmal die Strömungs- und Imprägniervorgänge bei verschiedenen Parametern untersucht werden sollen. Ein in detaillierten rheologischen Testreihen ermitteltes Testfluid, welches ähnliche Strömungseigenschaften aufweist wie Caprolactam, stellt vorerst die Eignung des durchsichtigen Werkzeugs sicher. Diese und weitere aktuelle Themen aus dem Bereich der praxisrelevanten Kunststofftechnik stehen im Mittelpunkt des 29. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums des Instituts für Kunststofftechnik (IKT) der Uni Stuttgart vom 17. bis zum 21. Februar 2025. Die ersten drei Tage, vom Montag, den 17. Februar 2025, bis Mittwoch, den 19. Februar 2025, werden als „virtuelle“ Tagung durchgeführt. Die Teilnahme ist kostenlos, es ist aber eine Anmeldung erforderlich. Am Donnerstag, den 20. Februar 2025, und am Freitag, den 21. Februar 2025, geht die Tagung in einen Präsenzteil über. Der Freitag steht unter den Leitthemen „Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen“ mit mehreren Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion mit namhaften Vertretern aus Industrie und Politik. Anmeldungen sind noch bis zum 6. Februar 2025 möglich. Auf einer Abendveranstaltung am Donnerstag, den 20. Februar 2025, gilt es außerdem, „60 Jahre Kunststofftechnik in Stuttgart“ zu feiern. Hier wird auch der renommierte Ensinger-Preis verliehen. Am Nachmittag des gleichen Tages (17 Uhr) werden auch das neue Rheometrie-Labor und das neue Compoundier-Technikum des Instituts eröffnet. „29. Stuttgarter Kunststoffkolloquium“ - 17.-21. Februar 2025 17.-19. Februar 2025 - virtuell 20.-21. Februar 2025 - Präsenz in Stuttgart Weitere Informationen: |
Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart
» insgesamt 134 News über "IKT" im News-Archiv gefunden
Ihre News im plasticker? Bitte senden Sie Ihre Pressemitteilungen an redaktion@plasticker.de!
» zurück zum Seitenanfang |
Top-Meldungen der letzten Tage
K.D. Feddersen Plastics Machinery: Bengt Rimark wird neuer Geschäftsführer
Engel: Erweiterung der holmlosen Spritzgießmaschinen-Baureihe „victory“
Evonik + Oerlikon Barmag: Strategische Partnerschaft für chemisches PET-Recycling
Meist gelesen, 10 Tage
Evonik + Oerlikon Barmag: Strategische Partnerschaft für chemisches PET-Recycling
IK: Neuer Recyclingrekord für Kunststoffverpackungen - Recyclingquote erreicht 68,9 Prozent
Ingka: Ikea-Händler mit Milliarden-Invest in Recyclinginfrastruktur
kunststoffland NRW: Über 100 Teilnehmer beim Branchentag 2025 bei Reifenhäuser
Meist gelesen, 30 Tage
MegaPlast: Insolvenzverfahren eröffnet
Evonik + Oerlikon Barmag: Strategische Partnerschaft für chemisches PET-Recycling
Dann veräußern Sie diese kostenlos
in der Rohstoffbörse.
Experimentelle und simulative Analyse der Mischwirkung in Einschneckenextrudern
Eine Vielzahl von Kunststoffen wird zur Produktion von Halbzeugen und Fertigprodukten auf Einschneckenextrudern aufbereitet bzw. |