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14.10.2019, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten    

TU Dresden: ILK-Leichtbauer mobilisieren die Spritzgießtechnik

Bild 1: Modularer Leichtbau-C-Bügel mit Spritz­ag­gre­gat für die mobile Funktionalisierung - (Bilder: ILK).
Bild 1: Modularer Leichtbau-C-Bügel mit Spritz­ag­gre­gat für die mobile Funktionalisierung - (Bilder: ILK).
Durch innovative Bauweisen und den intelligenten Einsatz von Faserverbundwerkstoffen ist es Wissenschaftlern des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden gelungen, die Spritzgießtechnologie derart weiterzuentwickeln, dass diese erstmals mobil einsetzbar ist. Der verarbeitenden Industrie kann eine neuartige Anlagentechnik bereitgestellt werden, bei der nicht mehr das Produkt zur Anlage, sondern die Maschine zum Produkt geführt werden kann. Dadurch sollen sich völlig neue Möglichkeiten bei der Gestaltung von Fertigungsprozessen sowie der Herstellung komplexer Hybridstrukturen ergeben.

In den letzten Jahren haben vor allem hybride Bauteilstrukturen aus flächigen Metall- oder Faserkunststoffverbund-Halbzeugen an Bedeutung gewonnen, die mit zusätzlichen Funktionselementen aus Kunststoff versehen werden. Meistens werden Funktionselemente wie strukturelle Versteifungen oder Füge- bzw. Dichtelemente mit Hilfe der Spritzgießtechnologie an die Komponenten geformt. Die hierfür benötigten Werkzeuge und die dazugehörigen Spritzgießanlagen sind jedoch vor allem bei komplexen bzw. großen Strukturen mit hohen Investitionskosten verbunden und können daher nur bei Großserienanwendung wirtschaftlich eingesetzt werden. Dies steht dem derzeitigen Trend hin zu geringeren Stückzahlen und zunehmender Variantenvielfalt entgegen. Die bekannten Verfahren, deren Fokus auf Massenfertigung von Gleichteilen liegt, gelten dabei häufig als unrentabel.

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Aus dieser Problemstellung heraus haben die Leichtbauexperten vom ILK eine Anlagentechnik entwickelt, die es erlaubt, die Variabilität bestehender Fertigungen signifikant zu erhöhen, während die Anlageninvestition nur ein Bruchteil bisheriger Lösungen betragen soll. Die „Robin“-Anlagentechnik besteht dazu aus einem Automatisierungssystem (z.B. Knickarmroboter, Linearantrieb) und einem als C-Bügel ausgeführten mobilen Spritzgießsystem. Der lasttragende Bestandteil des C-Bügels ist dabei in Faserverbundbauweise ausgeführt, so dass eine hohe Struktursteifigkeit bei ausreichend geringer Gesamtmasse (ca. 150 kg) realisiert werden kann (Bild 1).

Bild 2: Fertigungskomplex zur lokalen Funk­ti­on­al­isierung einer großflächigen Bauteilstruktur mit zwei gekoppelten „Robin“-Systemen.
Bild 2: Fertigungskomplex zur lokalen Funk­ti­on­al­isierung einer großflächigen Bauteilstruktur mit zwei gekoppelten „Robin“-Systemen.
Damit wird das Spritzgießen erstmalig mobil, kann variabel mit üblichen Automatisierungssystemen kombiniert und direkt in kontinuierliche Fertigungs- oder Montagestrecken integriert werden. Durch die Bauform des C-Bügels und die kompakten Werkzeugabmessungen können großflächige Komponenten ideal im Inneren des Bügels aufgenommen werden, so dass die Funktionalisierung nahezu an beliebiger Position des Bauteils erfolgen kann. So können zum Beispiel Verbindungselemente, Gewinde, Strukturversteifungen, Abstandshalter, Kantenschutz, oder ähnliches realisiert werden. Zukünftig sollen Kunden mit einem oder mehreren gekoppelten „Robin“-Systemen (Bild 2) auf große und teure Spritzgießanlagen mit einer Investition von mehreren Mio. Euro verzichten können, um großflächige Spritzgieß-Hybridkomponenten herzustellen und so insbesondere kleine und mittlere Serien wirtschaftlich umzusetzen.

Eine Funktionalisierung der Bauteile mit der „Robin“-Technologie soll jedoch nicht nur durch die Kombination mit dem Spritzgießen möglich sein. Das Prinzip des robotergeführten Leichtbau-C-Bügels soll einfach mit anderen Aggregaten wie PUR-Injektionssystemen sowie mechanischer oder thermischer Fügetechnik zu kombinieren sein.

Von der Leistungsfähigkeit der „Robin“-Technologie können sich Interessenten selbst überzeugen. Zusammen mit den Partnern Aumo GmbH, Christmann Kunststofftechnik GmbH und der FEP Fahrzeugelektrik Pirna GmbH erfolgt die Weltpremiere auf der K 2019. In Live-Vorführungen können Besucher die Position der mobilen Spritzgießeinheit selbst beeinflussen und Hybridstrukturen herstellen ( Messestand 07SC08, Science Campus, Halle 7).

Als weiteres Highlight stellen die Forscher mit dem „Forel“-Mockup die Ergebnisse aus sieben Forschungsprojekten mit über 100 beteiligten Partnern der vom BMBF geförderten offenen und unabhängigen Forschungsplattform zur Entwicklung von Hightech-Leichtbausystemlösungen in Multi-Material-Design für die Mobilität der Zukunft („Forel“) anhand verschiedener Fahrzeugkomponenten vor. Binnen sechs Jahren haben namhafte Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft die Forschung entlang der gesamten Wertschöpfungskette signifikant vorangetrieben.

In den vergangenen Jahren wurden in den verschiedenen Teilprojekten Technologien entwickelt und anhand verschiedener Fahrzeugkomponenten aufgezeigt, die nun in einem Demonstrator zusammengeführt wurden. Das Mockup beinhaltet eine A-Säulen-Tragstruktur in 3D-Hybrid-Technologie, eine Partikelschaum-Fahrzeugtür, ein Rückwandoberteil einer Fahrzeugkarosserie, die zu 80 Prozent aus rezyklierten kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen besteht, eine innovative Unterbodenstruktur mit neuartigen, hybriden Sandwichmaterialien, eine Seitenspiegelhalterung in Kunststoff-Magnesium Hybridbauweise, eine Tragstruktur einer Fahrzeugtür, die unter Verwendung neuartiger 3D-Textilien hergestellt wurde sowie eine hybride Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes. Das Mockup wird auf dem Science Campus Center (SC09) präsentiert.

K 2019, 16.-23.10.2019, Düsseldorf, Halle 7, Science Campus 08

Weitere Informationen: tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/ilk

Technische Universität Dresden, Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik, Dresden

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