08.02.2023, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Die zerstörungsfreie Prüfung von Kunststoffen bietet das große Potenzial sowohl die Qualität von Faserkunststoffverbunden bereits während der Produktion zu überwachen als auch unvorhergesehenes Bauteilversagen durch frühzeitige Erkennung von Defekten zu verhindern. So kann gewährleistet werden, dass Strukturen auch nach jahrelangem Einsatz weiterhin sicher betrieben werden können, keine Schäden aufweisen und/oder diese rechtzeitig erkannt werden. An der Universität Stuttgart wird umfangreich an zerstörungsfreien Prüfverfahren geforscht, um Fehler und Schäden in Faserkunststoffverbunden frühzeitig zu erkennen und somit Strukturbauteile und Leichtbaulösungen noch sicherer zu machen. Die Forschungsaktivitäten umfassen dabei sowohl duromere als auch thermoplastische Werkstoffsysteme mit und ohne Verstärkungsfasern sowie eine Reihe von innovativen und neuartigen Verfahren. So wird im Bereich der Thermografie bereits an der Anwendung von Künstlicher Intelligenz geforscht. Die heraufordernde Aufgabe, die aufgezeichneten Daten in ein dreidimensionales Fehlerbild zu übertragen, ist laut IKT mit herkömmlichen Methoden kaum möglich. Der gezielte Einsatz von neuronalen Netzen zeige hierbei allerdings eine erstaunlich gute Vorhersage des realen Fehlerbilds. Zur Eliminierung von seitlichen Wärmeflüssen wird weiterhin am Wärmeeintrag mithilfe von Projektoren bei der Lockin-Thermografie geforscht. Dies soll es ermöglichen, die seitlichen Wärmeflüsse durch eine lokale Anregungsmodulierung im Prüfkörper zu minimieren und Defektinformationen auf die virtuelle Ebene der Anregung zu übertragen. Die neuartige Lockin-Kompensationsmethode (Bild) zur Eliminierung von seitlichen Wärmeflüssen soll Defekte in Prüfergebnissen detailgetreuer und mit höherer Kantenschärfe als in der klassischen Lockin-Thermografie darstellen können und den Weg zu neuen und noch anspruchsvolleren Prüfaufgaben ebnen. Eine neu entwickelte Methode ermöglicht laut IKT neben der Verknüpfung von Messergebnissen mit der exakten Position im Raum auch eine 3D-Darstellung von Ultraschalldaten. Hierzu wurde ein optisches Trackingsystem entwickelt, welches über die intelligente Verknüpfung mehrerer Kameras und Tracker eine Positionsgenauigkeit von wenigen Millimetern erreicht. Somit sollen zukünftige Prüfprozesse noch effizienter ausgeführt und ausgewertet werden können. Zur Analyse und Optimierung von Verarbeitungsprozessen werden am Institut für Kunststofftechnik moderne zerstörungsfreie Prüfverfahren eingesetzt. Ein Beispiel hierfür ist die Fließfrontdetektion beim Resin-Transfer-Molding (RTM) mit einem Phased-Array-Ultraschallsystem. Mit der entwickelten Methode soll es möglich sein, die lokalen Fließgeschwindigkeiten des Matrixsystems bei der Formfüllung zu ermitteln, welche einen maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung von herstellungsbedingten Defekten haben. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die CT-Analyse des Aufschmelzverhaltens in der Additiven Fertigung (Strangablegeverfahren). Während der Strangablegung wird ein CT-Scan der Düse durchgeführt und somit der Übergang von festem Filament hin zur Schmelze bildhaft erfasst. So können sowohl virtuelle Vorhersagen auf Basis von Simulationen validiert als auch der Aufschmelzprozess innerhalb der Düse konstruktiv optimiert werden. In Klebeverbindungen kann es aufgrund von verschmutzten Oberflächen oder einer falschen Oberflächenvorbehandlung zu Anhaftungsfehlern kommen, die als Kissing Bonds bezeichnet werden. Die Detektion von Kissing Bonds ist mit aktuellen zerstörungsfreien Prüfverfahren nur eingeschränkt möglich, da diese keine neue Grenzfläche und kein Volumen haben. Dementsprechend intensiv wird an der Detektion mittels nichtlinearem Ultraschall sowie Laser-Doppler-Vibrometer geforscht. Weitere Forschungsaktivitäten finden im Bereich der Wirbelstromprüfung statt. Um Wirbelstromprüfung auch an schwach leitfähigen Werkstoffen wie beispielsweise kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe (CFK) durchführen zu können, müssen die verwendeten Wirbelstromsonden an die vorherrschenden Prüfgegebenheiten angepasst werden. Ein Reverse-Engineering-Ansatz soll hierzu die gezielte Optimierung des Spulendesigns und somit die Konstruktion von maßgeschneiderten Wirbelstromsonden ermöglichen. Dieses und weitere Themen der Kunststofftechnik werden im Rahmen des virtuellen 28. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums vom 28. Februar bis zum 02. März jeweils nachmittags präsentiert. Obwohl kostenlos, bitte bis 27.02. registrieren! In einer zeitlich getrennten Präsenzveranstaltung lädt hiernach das IKT am 09. und 10. März 2023 unter dem Leitthema "Klimaneutrales Europa 2050 - Aufgaben der Kunststoffbranche" zu mehreren Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion mit namhaften Vertretern aus Wissenschaft und Industrie in die Universität Stuttgart ein. Weitere Informationen: |
Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart
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