25.10.2006 | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Kohlefaser-SMC / LFT-Recycling-Konzept / Ringwickelauge Ein Kohlefaser-SMC, das dreimal steifer und 20 % leichter ist als Glasfaser-SMC, ein werkstoffliches Recyclingkonzept für langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) und ein Imprägnierverfahren, das dem Nasswickelprozess zur Serientauglichkeit verhelfen soll, gewannen in diesem Jahr die Innovationspreise der AVK Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V. (www.avk-tv.de). Mit diesen Preisen würdigt der Verband alljährlich herausragende Entwicklungen auf dem Gebiet der verstärkten Kunststoffe in den Kategorien industrielle Anwendung, Umweltschutzleistung und Hochschularbeit. Verliehen wurden die Preise am 19. September anlässlich der 9. Internationalen AVK-Tagung, die in diesem Jahr erstmals als Auftakt zu der neuen Fachmesse Composites Europe im Congress Center Süd auf dem Essener Messegelände stattfand. Kohlefaser-SMC – steifer und leichter als das Glasfaser-Pendant Unter den Bewerbungen um den Industriepreis hatte es das Kohlefaser-SMC (Sheet Moulding Compound) der POLYNT GmbH & Co. KG, Miehlen, der Jury besonders angetan. Das innovative Material könnte Anwendungsgebiete erschließen, in denen bislang noch kein SMC zum Einsatz kam. Ein erstes Beispiel hierfür ist die in enger Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verarbeiter Romay AG, Oberkulm, realisierte Felge eines Golf-Caddys, die bisher aus Aluminium-Guss gefertigt wurde. Wesentliches Entwicklungsziel für POLYNT war, dass sich das Kohlefaser-Material ohne Änderungen im klassischen SMC-Verfahren verarbeiten lässt. Dies gelang durch Verwendung geschnittener Fasern, die darüber hinaus die Abbildung komplexer Geometrien im Fertigteil erlauben. Ein solches Kohlefaser-SMC auf Basis eines Vinylester-Harzes hat POLYNT unter dem Namen HUP CF 24/54 RB-9500 auf dem Markt gebracht. Mit Fasergehalten um 50 Gew.-% und Faserlängen von 25 und 50 mm erreicht dieses eine Steifigkeit von 35 000 MPa – also ungefähr das Dreifache dessen, was mit einem typischem Glasfaser-SMC möglich wäre, und das bei um 20 % niedrigerer Dichte. Aus diesem Produkt besteht auch die von Romay gefertigte Caddy-Felge. Durch die Herstellung des Formteils in Kohlefaser-SMC anstelle von Aluminium-Guss wurde das Gewicht von rund 1300 auf unter 500 g gesenkt. Bezogen auf das Gesamtgewicht des Caddys bedeutet der Austausch der beiden Felgen eine Gewichtsersparnis von 12 %. Glasfaser-SMC kam für diese Anwendung übrigens nicht infrage, da sich die Speiche unter der Last deformierte. Celstran-Recycling-Concept – Für die Ausgangsanwendung geeignet Den Preis für die Umweltschutzleistung des Jahres erhielt die Ticona GmbH, Kelsterbach, für ihr Celstran-Recycling-Concept (Bild). Als erster Rohstoffhersteller entwickelte das Unternehmen ein Pultrudat, das recycelte langglasfaserverstärkte Produktionsabfälle enthält. Qualifizierte Recyclingunternehmen, wie zum Beispiel die an der Projektentwicklung beteiligte niederländische Firma EcoCare, bereiten die bei der Herstellung und Weiterbearbeitung von Strukturbauteilen anfallenden Celstran-Stanzabfälle zu Mahlgut mit definierten Qualitätskriterien auf. In einem zweiten Schritt wird dieses Mahlgut zu einem Stäbchengranulat pultrudiert, das die in der Spezifikation geforderten Eigenschaften aufweist und wieder zur Ausgangsanwendung verarbeitet wird. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in dem verringerten internen Aufwand beim Verarbeiter bezüglich Logistik, Handling und Dosierung. Das Pultrudat ist zurzeit auf einen Rezyklatanteil von 10 % eingestellt und kommt beim Instrumententafelträger des VW Golf A 5 zum Einsatz. Momentan wird daran gearbeitet, diesen Anteil auf 20 % zu erhöhen. Auch sollen weitere Anwendungen auf rezyklathaltiges Pultrudat umgestellt werden. Besondere Bedeutung kommt dem LFT-Recycling-Konzept vor dem Hintergrund zu, dass laut TA-Siedlungsabfall seit 1. Juni 2005 keine Fraktionen mehr mit einem Kohlenstoffanteil von über 5 % deponiert werden dürfen. Entsprechende Abfälle sind deshalb thermisch vorzubehandeln. Wegen der knappen Verbrennungskapazitäten haben sich die Kosten hierfür in der jüngsten Zeit erheblich erhöht. Ringwickelauge – Nasswickelverfahren wird serientauglich Eine höhere Effizienz des duroplastischen Wickelprozesses versprechen die Arbeiten von Prof. Dr.-Ing. Alois K. Schlarb und Dr.-Ing. Ralf Schledjewski von dem Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, Kaiserslautern. Das von ihnen entwickelte neue Imprägnierverfahren zeichnete die Jury als beste Hochschularbeit des Jahres aus. Bei diesem Verfahren werden die Rovings durch eine siphonähnliche Imprägniereinheit gezogen und mit der exakt zudosierten Menge Harz vollständig getränkt. Die beweglichen Arme des Wickelkopfs führen die Rovings direkt zur Behälteroberfläche und legen sie mit Hilfe von drehbaren Bandwendern exakt ab. Die spezielle Konstruktion hält die Bandbreite im zylindrischen Bereich des Behälters und beim Wenden um die Polkappen konstant, glättet die durchgeführten Rovings und streift überschüssiges Harz ab. Auf diese Weise können faserverstärkte Hochdruckbehälter zur Wasserstoffspeicherung für Automobile effizienter und in großen Stückzahlen produziert werden. Den Nachweis der Eignung des Verfahrens für die kontinuierliche Serienfertigung erbrachten Dauertests mit dem ersten Prototyp des Ringwickelkopfs mit modularen Imprägniereinheiten. Mit ihm lässt sich die Ablegerate auf das 3,2-fache steigern. Kürzere Verfahrwege reduzieren die Zykluszeiten noch weiter und erlauben einen kleineren Bauraum der Anlage. Das weitgehend geschlossene System der Siphon-Imprägnierung verringert darüber hinaus mögliche Harzleckagen. Nach Arbeitsende sind lediglich die Schlauchleitungen zu demontieren und zu entsorgen. Der reduzierte Harzverbrauch ist ein weiterer Vorteil. |
Arbeitsgemeinschaft Verstärkte Kunststoffe - Technische Vereinigung e.V., Frankfurt am Main
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