22.10.2001 | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising entwickelt derzeit ein neues Recyclingverfahren für den im Elektronikschrott enthaltenen Kunststoffanteil. Die in einer Mischfraktion anfallenden Kunststoffabfälle konnten bisher nicht verwertet werden, weil sie Stör- und Gefahrstoffe enthalten. Mit dem neuen Verfahren wird es künftig möglich, diese problematischen Kunststoffabfälle in qualitativ hochwertige Sekundärrohstoffe umzuwandeln.
Gefahrstoffe im Elektronikschrott Das Wachstum in den Bereichen der Unterhaltungselektronik, der Telekommunikation sowie der Datenverarbeitung lässt die Elektronikschrottmengen stetig ansteigen. Allein in Deutschland fallen jährlich etwa 1,8 Mio. Tonnen Elektronikschrott an. Dieser Abfall enthält fast 20 Prozent Kunststoffe, die hauptsächlich aus hochschlagzähem Polystyrol (HIPS) und Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS) bestehen. Große Stückzahlen von Elektro- und Elektronikgeräten werden aus Ländern importiert, in denen nach wie vor Flammschutzmittel auf Basis bromierter Diphenylether (PBDE) und bromierter Biphenyle (PBB) eingesetzt werden. Durch thermische Belastung entstehen daraus bromierte Dioxine und Furane. Die in der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVV) vorgeschriebenen Grenzwerte für diese Gefahrstoffe werden in den realen Abfällen teilweise überschritten. Deshalb kam bisher für ca. 50.000 Tonnen Post-Consumer-Kunststoffe aus Elektronikschrott die stoffliche Verwertung nicht in Frage. Sie wurden ausschließlich thermisch entsorgt, bei mangelnder Kenntnis des Abfalls aber auch deponiert oder unsachgemäß rezyliert. Das neue Verfahren Die Fraunhofer-Experten entwickeln nun ein Verfahren, mit dem auch die flammgeschützten Kunststoffabfälle rezykliert werden können. Bromierte Gefahrstoffe aus der Kunststoffmatrix werden entfernt und die hoch toxischen Komponenten durch ein geeignetes Dehalogenierungsverfahren zerstört. Die zurückgewonnenen ABS-Rezyklate entsprechen den Anforderungen der ChemVV. Damit Rezyklathersteller die Qualität nachweisen können, konzipiert das Fraunhofer IVV ein leistungsfähiges Qualitätssicherungssystem. Das neue Verfahren zur sicheren Elektronikschrottverwertung wird von den Fraunhofer-Forschern in Zusammenarbeit mit Demontage- und Recyclingunternehmen aus Bayern bis in den industriellen Produktionsmaßstab umgesetzt. Recyclern werden damit attraktive Verwertungspfade erschlossen. Das Projekt läuft seit Anfang 2001 und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie gefördert. Kunststoffrecycling - gewusst wie Das Fraunhofer IVV knüpft bei seinem Vorhaben an sein langjähriges Know-how im Kunststoffrecycling an. Die Basis für das neue Verfahren ist das Kunststoffrecycling mittels selektiver Extraktion und Fällung. Dieses Recyclingverfahren wurde vom Fraunhofer IVV entwickelt. Es besitzt ein hohes Reinigungspotential für vermischte, verschmutzte oder im Verbund vorliegende Kunststoffabfälle. Darauf aufbauend wurde die selektive Extraktion auf das Recyceln von Weich-PVC zugeschnitten. Den Experten ist es gelungen, im Gegensatz zu konventionellen werkstofflichen Verfahren, sortenreine und störstofffreie Weich-PVC-Rezyklate zu erzeugen. Das Recyclingverfahren mittels selektiver Extraktion ist auch auf andere Thermoplasten wie ABS, PVB und PET anwendbar. Damit das enorme Reinigungspotential des Verfahrens vollständig ausgenutzt werden kann, muss es auf die stoffspezifischen Randbedingungen der Kunststoffe angepasst werden. In Ergänzung zum derzeit laufenden Projekt möchte das Fraunhofer IVV das ABS-Recycling verfahrenstechnisch weiterentwickeln. Mit konkreten Abfallströmen, auch außerhalb des Elektronikschrottbereiches, sollen geschlossene Verfahrens- und Produktkonzepte erarbeitet und umgesetzt werden. Hierfür sucht das Fraunhofer IVV Kooperationspartner aus der Entsorgungswirtschaft. |
Fraunhofer IVV, Freising
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