12.02.2021, 08:26 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
An der Universität Stuttgart wird umfangreich an Leichtbaulösungen auf Basis von Kunststoffen geforscht. Die Forschungsaktivitäten umfassen dabei sowohl duromere als auch thermoplastische Werkstoffsysteme mit und ohne Verstärkungsfasern sowie eine Reihe von neuartigen Verfahren. Klassische Verarbeitungsverfahren, wie Harzinjektionsverfahren werden am Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart beispielsweise durch neue online Prüfmethoden auf die digitale Zukunft vorbereitet. Durch den Einsatz von luftgekoppeltem Ultraschall in Transmissionsanordnung ist es beispielsweise möglich, Defekte in dickwandigen Strukturbauteilen frühzeitig zu erkennen und letztlich Rückschlüsse auf Prozessparametereinflüsse während der Herstellung zu erlauben. Das Dry-Fibre-Placement wird am Institut für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart erforscht. In mehreren öffentlich geförderten Forschungsprojekten wird in Zusammenarbeit mit der Firma M+A Dieterle der Einfluss von Prozessparametern auf mechanische Laminateigenschaften und das Infusionsverhalten analysiert. Ebenfalls wird am IFB an neuen Verfahren zur Funktionalisierung von Faserkunststoffverbunden (FKV) geforscht. Die Entwicklung einer geometrischen Verbindungstechnik zwischen Faser- und Kunststoffhülse in Verbindung mit einer vereinfachten Ablegemethode kann als Lösung vielfältiger Kraftübertragungsanforderungen genutzt werden. Die Hülsen können sowohl spritzgegossen als auch für kleinere Stückzahlen mechanisch hergestellt werden. Die Fasern kommen in Form von am IFB entwickelten TowPregs zum Einsatz, welche mit einer kombinierten Ablege- und Wickeltechnik verarbeitet werden. Dies ermöglicht eine sehr variable und einfache Bauteilgestaltung. Das Potenzial zur Ressourcenschonung von FKV kann nur vollständig ausgeschöpft werden, wenn auch eine effiziente und nachhaltige Verarbeitung gelingt. Hierfür bieten sich FKV mit thermoplastischer Matrix besonders an. So erforscht das IKT eine neue Methode zur Erwärmung von endlosfaserverstärkten thermoplastischen Halbzeugen (Organoblechen) durch Joule‘sche Wärme. Die Halbzeuge werden dabei direkt bestromt und elektrische Verluste in Wärme umgesetzt. Diese Vorgehensweise erlaubt ein effizientes und schnelles Aufheizen für die weitere Verarbeitung. Gegenstand aktueller Forschung sind der Einsatz in einem industriellen Umfeld sowie der Einfluss der Bauteilkomplexität auf die Erwärmung und die numerische Vorhersage des Erwärmungsverhaltens. Die Ausnutzung der elektrischen Leitfähigkeit zur Effizienzsteigerung von Erwärmungsprozessen ist auch in anderen Bereichen von FKV von Bedeutung. So wird am Institut für Konstruktion und Fertigung in der Feinwerktechnik (IKFF) der Universität Stuttgart ein neues induktives Heißpress-Verfahren für elektrisch leitfähige Compound-Werkstoffe entwickelt, um den Herstellungsprozess nachhaltiger zu gestalten. Gegenüber endlosfaserverstärkten Kunststoffen bieten lang- und kurzfaserverstärkte Kunststoffe zwar nicht die gleichen extrem hohen spezifischen mechanischen Eigenschaften, zeichnen sich allerdings durch eine einfache und schnelle Verarbeitung von einfachen bis hin zu extrem komplexen Bauteilen aus. So können beispielsweise Bauteile per Ultraschallschweißtechnik verbunden werden. Bei diesem Verfahren wird eine Ultraschallschwingung ins Bauteil eingebracht, die durch innere und äußere Reibungseffekte in Wärme dissipiert wird. Dadurch schmilzt das Material lokal auf und das Bauteil kann über eine angelegte Kraft gefügt werden. Bei ultraschallgeschweißten, faserverstärkten Bauteilen befindet sich die schwächste Stelle in der Regel in der Schweißnaht. Das liegt zum einen daran, dass sich die Fasern durch den Fügedruck quer zur Belastungsrichtung orientieren und zum anderen daran, dass die Fasern nicht über die vorherige Grenzfläche ragen und somit nicht zur Festigkeit beitragen können. Am IKT wird daher untersucht, wie sich die Schweißparameter in der Anfangsphase des Schweißprozesses auf die Festigkeit einer Schweißnaht auswirken und wie sich diese Parameter auf die Orientierung der Fasern in der Schweißnaht auswirken. Dazu werden Prüfkörper im Spritzgießprozess hergestellt und geschweißt und anschließend mittels Zugprüfung und Computertomografie analysiert. Zur vollständigen Ausschöpfung des Verstärkungspotentials durch die eingebrachten diskontinuierlichen Fasern ist die genaue Kenntnis der vorliegenden Fasermikrostruktur von essentieller Bedeutung. Bisherige Methoden zur Charakterisierung der Faserlänge haben in der Regel keine Aussagen über die lokale Faserlängenverteilung zugelassen. Am IKT wird deshalb auf Basis von computertomografischen Analysen und anschließender Einzelfaserrekonstruktion eine Methode zur Charakterisierung der lokalen Faserlänge entwickelt und erfolgreich angewendet. Die Methode wird anhand von spritzgegossenen Bauteilen aus langfaserverstärktem Polypropylen mit unterschiedlicher Faserkonzentration erprobt und erste Erkenntnisse abgeleitet. Das IKT hat außerdem gezeigt, dass die Charakterisierung mittels computerthomografischer Analyse ebenfalls für endlosfaserverstärkte Kunststoffe geeignet ist, um Mikrostrukturen numerisch zu berechnen. Somit wird ein Verfahren entwickelt, mit dem es möglich ist, ausgehend von der Geometrie eines statistischen Volumenelements, die gesamte Prozesskette der Modellerstellung zu automatisieren. Mithilfe der erstellten Modelle ist es möglich, die mechanischen Eigenschaften des Faserkunststoffverbundes zu simulieren. Der aufgebauten Struktur werden periodische Randbedingungen und entsprechende Lastfälle für Normal- oder Schubbelastung auferlegt. In den Simulationen werden unterschiedliche Belastungen betrachtet, um aus den Simulationsergebnissen Spannungsdehnungsdiagramme zu erstellen. Diese und weitere aktuelle Forschungsaktivitäten und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Faserkunststoffverbunde sowie der Kunststofftechnik werden im Rahmen des 27. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquiums vorgestellt. 27. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, 01.-04. März 2021, Stuttgart Weitere Informationen: |
Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart
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