15.09.2023, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 7 Minuten |
Beim Werkzeugbau- und Spritzgießtechnikspezialisten Deckerform stehen auf der Fakuma 2023 auch in diesem Jahr nachhaltige Materialien, Technologien und Produktionsprozesse im Fokus. Dabei bildet das Unternehmen gemeinsam mit Partnern die gesamte Prozesskette ab – vom wiederverwendeten Kunststoffmaterial über die vollelektrischen Toyo europe-Spritzgießmaschine inklusive Temperiertechnik bis zu Verfahren für ressourcenschonende Produkte aus Kunststoff. Die Kunststoffexperten aus Aichach präsentieren sich in Friedrichshafen gemeinsam mit der Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG, einem Spezialanbieter für Dünnschichttechnologie, dem Werkzeugbau Röttger aus Marienheide und Toyo europe, Spezialist für vollelektrische Spritzgießmaschinen. Deckerform bietet über die klassische Spritzgusszelle hinaus komplette schlüsselfertige und produktionsreife Gesamtlösungen auch für komplexe Werkstücke an. Dass auch Teile aus recycelten Werkstoffen mit einer hochwertigen matten Optik punkten können, zeigen die Kunststoff-Experten am Beispiel eines „Doortrim“, dem Panel einer edlen automotiven Türverkleidung aus einem recycelten PC/ABS, das mittels passivem Spritzschäumen gefertigt und gleichzeitig mittels In-Mold-Decoration (IMD), mit einer hochwertigen und schützenden Oberflächendekoration versehen wird. „Inzwischen sind wir als kompetenter Partner für das Spritzschäumen, insbesondere auch bei komplexen Teilen mit hohen Anforderungen an die Oberfläche bekannt“, erklärt Anna Tschacha, Geschäftsführerin der Deckerform Gruppe. „Dieser Prozess ist dabei genau das Richtige für Teile, die umweltfreundlichen Leichtbau auch aus recycelten Werkstoffen mit mechanischer Stabilität und einer hochwertigen Optik und Haptik vereinen müssen.“ Edle Optik trotz Rezyklat Gemeinsam mit der Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG zeigen Deckerform und Toyo europe die Produktion des Doortrims. Dieses passiv spritzgeschäumte Innenraum-Türverkleidungselement mit In-Mold-Dekoration entsteht auf der Fakuma 2023 live auf einer vollelektrischen Toyo-Spritzgießmaschine Si-350-6s mit Spritzeinheit J450HE und einer 60er-Schnecke. Die Temperierung erfolgt über zwei 9-kW-Deckerform-Temperiergeräte und das Teilehandling übernimmt ein 5-Achs-Roboter 5X-25 von Sepro. Die Transferdekoration, die von der Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG stammt, die für die edle Optik sorgt und die im Werkzeug hinterspritzt wird, bringen die Werkzeugbauer mit Hilfe eines Folienvorschubgerätes ein, das ebenfalls von der Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG stammt. Beim Spritzschäumen von diesem Kunststoffteil handelt es sich um ein passives Schäumverfahren, bei dem ein chemisches Treibmittel verwendet wird, um das Kunststoffmaterial im Kern feinporig, innerhalb einer geschlossenen Form aufzuschäumen. Dies führt zu leichteren und isolierenden Kunststoffteilen, welche dennoch eine glatte Oberflächenbeschaffenheit aufweisen – das sei optimal für Industriezweige wie der Automobil- und der Verpackungsindustrie. „Das passive Spritzschäumen ist einfach anwendbar, wie klassischer Spritzguss und ist damit im Prinzip auch für konventionelle Spritzgießwerkzeuge geeignet. Allerdings lassen sich so, je nach Werkstück, fünf bis acht Prozent Material und damit auch Gewicht einsparen“, so Peter Ottillinger, Plastic Engineer, Deckerform. Um noch mehr Gewicht und Rohstoff einzusparen, gibt es auch eine aktive Variante des Verfahrens. Bei dieser wird entweder Treibmittel vorm oder Gas nach dem Schmelzprozess zum Kunststoff beigemischt. Der mit Treibmittel oder Gas versetzte Kunststoff wird dann in die Form gespritzt und diese während des Prozesses geöffnet. Hiermit sollen die Toyo-Maschinen ein kontrolliertes Expandieren des Rohstoffes und somit, je nach Geometrie, eine Materialeinsparung von bis zu 30 Prozent ermöglichen. Zudem komme eine noch luftigere Struktur mit anderen Eigenschaften und damit zahlreichen weiteren Anwendungsmöglichkeiten. Besucher können die mechanischen Eigenschaften der aktiv und passiv geschäumten mit konventionellen Kunststoffteilen zum Beispiel in Biege- und Torsionsversuchen vergleichen. Durchdachtes Konzept Wie wohldurchdachte Kunststoffteile den Nachhaltigkeitsgedanken mit hoher Effizienz und rationeller Produktion vereinen, zeigen die Kunststoffexperten am Messestand am Beispiel einer Klammer, die, in einem Stück gefertigt, ohne metallische Federteile funktioniert. Die Herausforderung sei gewesen, ein Produktdesign zu finden, das trotzdem dauerhaft die für eine sichere Klemmung notwendige Spannung gewährleiste. Neben Design und Produktionsstrategie gilt der Werkstoff als essenzielles Element. Das Leonhard Kurz-PET-Rezyklat „Recopound“ bringe einerseits die Eigenschaften wie exzellente Dauerelastizität und UV-Beständigkeit mit, sei aber gleichzeitig auch entsprechend stabil und erlaube zudem eine haptisch ansprechende Oberflächengestaltung. Das PIR (Post Industrial Rezyklat) Compound Material basiert auf PET-Transferträgerfolienresten aus der graphischen Industrie, die beim Aufbringen hauchdünner Dekorations- und Funktionsschichten auf Produkte anfallen. Diese Trägerfolien, die sonst entsorgt werden müssen, nimmt Kurz im Rücknahmeprozess „Recosys“ zurück und verarbeitet diese zu einem neuen Kunststoffgranulat, das das Unternehmen unter dem Markennamen „Recopound“ vertreibt. Nachhaltiges Werkzeugkonzept für hohe Flexibilität Die hochwertige Klammer ist als frei fallendes Kunststoffteil konzipiert. Das Werkzeug, das über einen Heißkanal mit offener Anspritzung verfügt, kommt zudem ohne Schieber aus. Die Klammer entsteht live am Deckerform-Stand auf einer vollelektrischen Spritzgießmaschine Toyo europe Si-50-6s D75E mit einem Schneckendurchmesser von 28 mm. Besucher können die Klammer vor Ort per Heißprägen veredeln, als Give-away mitnehmen und somit hautnah erfahren, welche Vorteile die leistungsstarke Dünnschichttechnologie bietet. Die Anlage ist zudem mit einem 3-kW-Temperiergerät von Deckerform ausgerüstet. „Oft sehen Spritzgießer in den Temperiergeräten eine beliebig austauschbare Verschleißkomponente – das ist, gemessen am großen Einfluss, den die richtige Temperierung auf den Prozess und das Bauteil hat, verschenktes Potenzial“, betont Franz Tschacha, Firmengründer von Deckerform. „Wir haben deshalb eine Baureihe von hochwertigen und genau regelbaren Geräten entwickelt, die den rauen Umgebungsbedingungen in der Spritzgießerei standhält, die exzellente Ergebnisse liefert und die dabei auch einfach instand zu halten ist. Geräte vom Praktiker für Praktiker eben.“ Die Temperiergeräte gibt es mit 3, 9, 12, 18 und – als Sonderlösung – auch mit 25 kW Heizleistung. Ein Werkzeug für verschiedene Produkte Das Werkzeug für diese Anwendung kommt vom Werkzeugbau Röttger. Der Werkzeugbauer aus Marienheide hat für seine Werkzeuge das patentierte Einsatzwechselsystem RQM entwickelt, mit dem sich Werkzeugeinsätze mit wenigen Handgriffen auf der Spritzgießmaschine wechseln lassen sollen. Löst man einen Hebel, lassen sich die Einsätze quasi wie Schubladen einfach nach oben aus der Stammform herausziehen und tauschen. So sollen neben der auf der Fakuma 2023 gezeigten Klammer auf dem gleichen Werkzeug nach einem Wechsel binnen Minuten etwa Chips für Einkaufswagen gespritzt werden können. All das soll sehr sicher für den Anwender funktionieren, und es erhöhe die Flexibilität erheblich – das sei gerade bei kleinen Losgrößen und hohem Termindruck ein wertvoller Wettbewerbsvorteil. Die Deckerform Unternehmensgruppe in Aichach steht mit ihren rund 70 Mitarbeitern auf drei Säulen: dem klassischen Werkzeugbau, der Ideenschmiede sowie der Deckerform Injection, die exklusiv für den deutschsprachigen Raum den Vertrieb der vollelektrischen Spritzgießmaschinen des japanischen Herstellers Toyo übernimmt. Die aktuelle Modellreihe des japanischen Herstellers Toyo repräsentiert bereits die sechste Generation. „Diese Spritzgießmaschinen sind ein zentrales Element in unserem Nachhaltigkeitskonzept“, betont Tschacha. „Unsere vollelektrischen Toyo-Anlagen sind im Vergleich zu hydraulischen Maschinen deutlich energieeffizienter – sie brauchen im Schnitt gerade einmal 0,2 kW pro Kilogramm verarbeitetem Kunststoff bei technischen Teilen. Rund 0,11 kW davon sind als physikalische, nicht weiter reduzierbare Konstante für das Aufschmelzen der Kunststoffmasse notwendig. Bleiben also gerade einmal 0,09 kW für den Betrieb der Maschine selbst – das ist konkurrenzlos. Und zwar auch im direkten Vergleich mit vollelektrischen Maschinen anderer Hersteller – wir haben bislang keine Maschine gefunden, die nicht zumindest die doppelte Energie verbraucht hat.“ Tauchkantenwerkzeug mit schwimmenden Backen für Mehrweg-Tray Als weiteres Exponat am Stand zu sehen ist der „Circutray“. Das Startup Circujar will mit seinem Mehrwegglassystem das klassische Einwegglas ablösen und einen völlig neuen Mehrwegkreislauf etablieren. Zum smarten Transport und zur Präsentation der Pfandgläser haben Deckerform und Circujar das stapelbare und wendbare "Circutray“ entwickelt. Mit dem Einsatz von recyceltem und recycelbarem HDPE und dem gewichteinsparenden Spritzschäumverfahren, stand auch hier die Ressourcenschonung im Vordergrund. Verglichen mit dem konventionellen spritzgegossenen Tray sei das chemisch spritzgeschäumte Mehrweg-Tray um 25 Prozent leichter. Produziert wird Circutray in einem speziell gestalteten Tauchkantenwerkzeug mit schwimmenden Backen, die den Öffnungshub zum aktiven Spritzschäumen ermöglichen. Das Werkzeug und der Circutray sind auch am Messestand zu sehen. Das System soll beim Kunststoffverarbeiter auf einer vollelektrischen Toyo-Spritzgießmaschine Si-230-6s mit einer Zykluszeit von gerade einmal 30 Sekunden laufen. Der Energieverbrauch in der Serie soll dabei bei nur 0,19 kW pro Kilogramm verarbeitetem Kunststoff liegen. Fakuma 2023, Friedrichshafen, 17.-21. Oktober 2023, Halle A6, Stand 6413+6320 Weitere Informationen: www.deckerform.de, toyo-europe.com |
Deckerform Injection GmbH, Aichach
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