22.07.2010 | Lesedauer: ca. 6 Minuten |
Stellten sich gemeinsam den Fragen der Anwender (v.l.): Thomas Brettnich (Sumitomo Demag), Hans Malinowski (Kraussmaffei), Prof. Jaeger (Moderator), Franz Pressl (Engel), Martin Hoyer (Arburg). Auf der bevorstehenden K-Messe werden die Anwender mit verschiedenen Philosophien zur Umsetzung energieeffizienter Fertigungsverfahren, speziell in der Spritzgießmaschinentechnik, konfrontiert. Um eine Orientierungshilfe zu geben, wurde im Rahmen des „Arbeitskreises Energieeffizienz“ im Kunststoff-Netzwerk Franken eine Podiumsdiskussion organisiert, in deren Rahmen die Unternehmen mehrere Spritzgießmaschinenbauer ihre Ansätze in Kurzvorträgen vorgestellt und anschließend im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Anwendern diskutiert haben. Es moderierte Prof. Ansgar Jaeger von der Fachhochschule Würzburg. Auf Einladung des Netzwerks trafen sich mehr als 90 Anwender und weitere Experten der Branche im vollbesetzten Tagungsraum des Hauses Stäubli Tec-Systems in Bayreuth. Martin Hoyer von Arburg erklärte, dass man in Loßburg auf eine Kombination von reduziertem Energieverbrauch, optimierter Wertschöpfung und Produktionseffizienz arbeite. Der Schlüssel liege in der Antriebstechnik der Maschine. Besonders die Wirkungsgrade elektrisch angetriebener Maschinen und Maschinenachsen seien sehr gut. Um optimale Leistungsprofile und günstige Preis/Leitungs-Verhältnisse zu erreichen, muss die die Maschinentechnologie auf die Anforderungen des jeweiligen Spritzgießprozesses angepasst werden. Vorteile biete hier der modulare Aufbau der Allrounder-Maschinen, der eine individuelle Auslegung von vollhydraulisch über hybrid bis vollelektrisch ermöglicht. Der Einsatz elektrischer Direktantriebe in der Praxis gehe nur langsam voran, obwohl in den meisten Fällen Kostenvorteile hinsichtlich Energie und Produktionskosten nachweisbar sind. Meist liege es am höheren Investitionsaufwand für die technisch aufwändigen Hybrid- und elektrischen Maschinen. Die reinen Investitionskosten der Maschinen dürfen aber nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein. Vielmehr sei es notwendig die Investitionssummen über die Maschinenlebenszeit hinweg zu betrachten. Nur so lassen sich wirkliche Energie- und Produktionseffizienzen realisieren. Diese Art der Kostenausweisung und -darstellung stelle neue Anforderungen an die Kostenermittlung und -betrachtung von Spritzgießsystemen.. Franz Pressl von der Engel Austria stellte verschiedene Effizienzpotentiale in der Maschinentechnik vor. Auch er betonte, eine optimale Maschinenauslegung sei immer die Grundvoraussetzung für eine energieeffiziente Produktion. Aber er wies auch darauf hin, dass Anschlusswerte und Energieverbrauch zwar durch kleinere Maschinen reduziert werden können, aber nicht unbedingt direkt zusammen hängen. Wichtig sei jedoch neben den Anschlusswerten auch die Betrachtung des Gesamtsystems. So ermögliche eine Isolierung der Massezylinder eine Einsparung der Heizungsenergie von bis zu 40 Prozent und dies bei vertretbarem Kostenaufwand. Gerade diese nachrüstbaren Potentiale sollten die Unternehmen konsequent ausschöpfen. Bei der Antriebstechnik sieht Pressl zwei Schwerpunkte. Für technische Anwendungen wurden hydraulische Systeme mit großen holmlosen Werkzeugräumen entwickelt und mit der Ecodrive-Technologie versehen. Die hydraulischen Maschinen mit Ecodrive seien bei technischen Teilen im selben Energieverbrauchslevel wie elektrische Maschinen auch ohne Kernzugsaggregat. Damit seien diese Maschinen eine energetisch interessante und flexibel einsetzbare Alternative zu herkömmlichen Hydraulikantrieben aber auch zu elektrischen Antrieben. Für schnell laufende Hochleistungsanwendungen gehe der Trend zu elektrischen Maschinen. Der Referent betonte, dass auch hier Einspritzgeschwindigkeiten bis 450 mm/s möglich seien, wobei der Energieverbrauch bei etwa 50 Prozent einer hydraulischen Speichermaschine liege. Hans Malinowski von der Kraussmaffei Technologies stellte Ressourcen- und Energieeffizienz durch Technologiefusion vor. Effizienzsteigerungen in der Kunststofffertigung seien nur dann signifikant umsetzbar, wenn das ganze Produktionsumfeld betrachtet werde. Neben bedarfsgerechten Maschinen sind entsprechende Kälte- oder Druckluftversorgung ebenso wirkungsvoll wie effiziente Materialförderungs- oder Trocknungssysteme. Bei Kraussmaffei beschäftige man sich mit der ganzheitlichen Optimierung von Fertigungskonzepten. Das Hauptaugenmerk liege neben einem optimierten Maschinenpark auf einer modifizierten Wertschöpfungskette. Dabei werden signifikante Effizenzsteigerungen durch die Verfahrenssymbiose, die ganze Prozessschritte eliminiert, erreicht. Nachfolgende Schritte der Wertschöpfungskette aus der Extrusions-, Spritzgieß-, Reaktions- und Automatisierungstechnik werden zusammengefasst. Beispielsweise können beim Injection Moulding Compounder, der Kombination von Extrusions- und Spritzgießtechnik auf einer Maschine, ganzheitlich die Energie für die Wärmeeinbringung erheblich reduziert werden. Die Verarbeitung des Materials von der Compoundierung bis zum Einspritzen erfolgt in einer Wärme. Neben energetischen Vorteilen biete das Verfahren auch die Möglichkeit, Materialeigenschaften im Prozess zu verändern und Materialeinsparungen durch Einsatz von Füllstoffen zu realisieren. Auf die jahrzehntelange Erfahrung des Hauses Sumitomo Demag im Bereich energieeffizienter Antriebssysteme ausgehend von der Kniehebeltechnologie bis zum Einsatz von High Torque Direktantrieben, wies Thomas Brettnich hin. Gerade die Kniehebeltechnologie erlebe durch Einsatz in vollelektrischen Spritzgießmaschinen eine Renaissance, sie könne aber auch im Einsatz auf hydraulisch angetriebenen Schließeinheiten als Energiesparer punkten. Sie ermögliche eine sichere Zuhaltung ohne Energieeinsatz und biete durch die hohe Arbeitsgeschwindigkeit und Dynamik bei vergleichbarer geringer installierter Leistung immense Vorteile. Am Beispiel der High Torque Direktantriebe verdeutlichte der Referent, dass die Art des elektrischen Antriebs ein wichtiger Faktor ist. Sie kämen sowohl auf den vollelektrischen als auch bei den hybriden Maschinen, als optionaler elektrischer Dosierantrieb zum Einsatz. Dabei stellen sie die erforderlichen Drehmomente im benötigten Drehzahlbereich zur Verfügung. Im Gegenzug entfallen wirkungsgradmindernde Getriebe, die sich negativ auf die Präzision und Dynamik der Maschinen auswirken können. Hohe Präzision und Dynamik bei minimalem Energieverbrauch seien die Folge. Die Verbesserung der Maschineneffizenz sei eine weitere Stellschraube zur Produktivitätserhöhung. Das standardmäßige neuartige Kühl- und Filterkonzept für das Hydrauliköl der Systec-Maschinen ziele in diese Richtung. Deutlich verlängerte Filterwechselintervalle und eine Ausdehnung der Ölstandszeiten auf über 40.000 Betriebsstunden verringern die Stillstands- und Wartungszeiten der Maschinen deutlich. Mit der neuen schaltbaren Rückstromsperre, die bei elektrischen Maschinen in Anwendungen mit hohen Präzisionsanforderungen zum Einsatz kommen kann, erreiche man eine Verbesserung von Präzision und Prozesskonstanz, was ebenfalls zur Effizenzsteigerung beiträgt. In der anschließenden von Prof. Jaeger moderierten Podiumsdiskussion stellten sich die Referenten den Fragen des Auditoriums und der lebhaften und offenen Diskussion. Wünsche nach einer schnellen und klareren Vergleichbarkeit der Maschinenkonzepte, und nach einer verbesserten Visualisierung des Energieverbrauchs wurden geäußert. Als Grund für den in Europa seit vielen Jahren konstant bei zehn bis zwölf Prozent der neuen Maschinen liegenden Anteil elektrischer Spritzgießsysteme wurden vor allem die Kosten genannt. Der Einsatz von elektrischen Maschinen für die Verpackungsindustrie wurde kritisch gesehen, da diese die hohen Einspritzleistungen für die geforderten hohen Einspritzbeschleunigungen heute noch nicht bereitstellen können. Verschiedene Fragen aus dem Publikum wurden nicht nur vom Podium, sondern auch von Teilnehmern wechselseitig diskutiert. Gerade die Podiumsdiskussion und die daraus entstandene intensive Diskussion mit den Teilnehmern zeigte die Brisanz des Themas. Trotz fortgeschrittener Tageszeit wollten die Diskussionen und die Nachfragen nicht enden. Überlegungen des Kunststoff-Netzwerk Franken gehen dahin, auch im nächsten Jahr wieder ein für alle brisantes Thema gemeinsam mit den Maschinenherstellern aufzugreifen und im Kreis der Mitglieder des Kunststoff-Netzwerk Franken zu diskutieren. Weitere Informationen: www.kunststoff-netzwerk-franken.de |
Kunststoff-Netzwerk Franken e.V., Bayreuth
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