13.09.2012, 06:02 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Kolloquium Zukunft Kunststoff-Verwertung 2012 - Blick ins Auditorium - (Bild: Fraunhofer UMSICHT/Ilka Drnovsek). Deutschland gilt oft als Vorreiter in der Kunststoffverwertung. Doch Vorreiter muss kein Spitzenreiter sein. „Hochwertiges Kunststoffrecycling ist eher schwieriger als einfacher geworden“, urteilt Dr. Dirk Textor, Vorsitzender des bvse-Fachverband Kunststoffrecycling. Einer der wesentlichen Gründe: Die Akteure entlang der Wertschöpfungskette kooperieren zu wenig, Recyclingprodukte oder Ersatzbrennstoffe orientieren sich nicht ausreichend an den Bedürfnissen der Kunden. So arbeiten heute die meisten Betreiber von Sortieranlagen im Auftrag der dualen Systeme und können ihre Fraktionen nicht mehr selbst vermarkten. Also geht Masse vor Klasse, um noch kostendeckend zu arbeiten, so Textor. Auch die Verwerter von Mischkunststoffen kritisieren die derzeitige Situation. „Mit den gelieferten gemischten Fraktionen können wir oft nichts mehr anfangen“, betonte in Krefeld Torsten Meyer, geschäftsführender Gesellschafter bei mtm plastics. Sein Vorschlag: Die Sortierung braucht individuell angepasste Konzepte, beispielsweise auch mit geringerer Sortiertiefe, die sich an den Verwerterwünschen ausrichten. „Sortierer und Verwerter müssen wieder näher zusammenrücken“, so Meyer. Auch die Verwertung könnte besser laufen als sie es derzeit tut. Hierfür werden die Gründe vielfach in der Verpackungsverordnung gesehen. So werde die gesetzliche Verwertungsquote auf Basis des Inputs in die Anlagen ermittelt und nicht entsprechend der tatsächlich verwerteten Mengen. Da die Quoten rein rechnerisch seit Jahren übererfüllt sind, wurde in der Vergangenheit wenig in die Infrastruktur investiert. Das könnte sich rächen, fürchten viele Verwerter, wenn über die geplante Wertstofftonne deutlich mehr Abfallmengen in den privaten Haushalten anfallen, die sauber sortiert und hochwertig verwertet werden müssen. Diese Probleme sind auch dem Bundesumweltministerium bekannt. „Durch die Öffnung des Wettbewerbs unter den dualen Systemen ging viel Transparenz verloren“, konstatierte auf dem Kolloquium BMU-Ministerialdirektor Dr. Helge Wendenburg. Probleme sieht Wendenburg außerdem in „Sanktionen, die in der Praxis niemandem weh tun“ und darin, dass nach wie vor eine zentrale Kontrollinstanz fehle, die alle Markteilnehmer in die Pflicht nehme. „Kunststoffverwertung ist im Markt angekommen und muss sich konsequenterweise auch den Spielregeln des Marktes beugen“, brachte es BKV-Geschäftsführer Dr. Peter Orth auf den Punkt. Doch ohne die richtigen gesetzlichen Vorgaben wird es auch in Zukunft nicht gehen, meint Wendenburg. Er sieht drei wesentliche Ansatzpunkte im Rahmen des geplanten Wertstoffgesetzes: eine neue Methodik zur Quotenermittlung, außerdem „atmende“ Quoten, die sich automatisch den tatsächlich verwerteten Mengen anpassen, und die Einrichtung einer gemeinsamen Stelle nach dem Vorbild der Stiftung Elektroaltgeräte-Register. Im September soll es dazu Gespräche zwischen BMU und Vertretern von Kommunen und Entsorgerverbänden geben. „Das größte Konfliktpotenzial“, so Wendenburg, „birgt die Abstimmung zwischen Kommunen und der privaten Entsorgungswirtschaft.“ Darin stimmt er mit Bundesumweltminister Peter Altmeier überein. Altmeier hatte Mitte August für das zweite Halbjahr 2012 einen Entwurf für das Wertstoffgesetz angekündigt, das bis Ostern 2013 verabschiedet werden könnte. Ob es so schnell geht – das blieb auch in Krefeld eine offene Frage. Mit einem Gesetzentwurf rechnet der Ministerialdirektor für Ende 2012. Wie schnell sich die Marktteilnehmer dann über die vielen Detailfragen verständigen, kann aber derzeit keiner vorhersehen. Wendenburg: „Die Gespräche im September werden erst mal zeigen, wo die Fronten verlaufen.“ |
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