27.06.2013, 06:06 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
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Das Kunststoffrecycling in Großbritannien soll in den nächsten Jahren stark ausgebaut werden. Das wurde im Rahmen des 16. Internationalen Altkunststofftages Mitte Juni in Bad Neuenahr deutlich. Bei der Branchentagung mit über 410 Teilnehmern stand Großbritannien in diesem Jahr als Gastland im Fokus. Jedes Jahr gelangen nach Schätzungen der britischen Organisation WRAP, die sich unter anderem für Abfallvermeidung und Ressourceneffizienz einsetzt, rund 2,5 Mio. Tonnen Verpackungskunststoffe auf den britischen Markt. 2012 wurden rund 644.000 Tonnen (25 Prozent) recycelt. Bis 2017 soll die Recyclingquote bei 42 Prozent liegen. Dazu müsste die heutige Leistung nahezu verdoppelt werden. Heute werden bereits über 40 Prozent der Kunststoffflaschen recycelt; die Sammelsysteme wurden in den letzten zehn Jahren stark ausgebaut. Bei anderen Behältern und Folien liegt die Quote noch unter fünf Prozent, wie Roger Baynham von der British Plastics Federation (BPF) berichtete. Die britischen Branchenexperten sind sich einig, dass es eines Ausbaus intelligenter Erfassungssysteme bei Haushalten und Gewerbe bedarf. Gleichzeitig zweifeln sie daran, dass das derzeitige System der Verpackungsentsorgung das Kunststoffrecycling entscheidend nach vorne bringen kann. „System befeuert Export – Masse statt Klasse“ Auch in Großbritannien gibt es eine, allerdings sanktionslose, Herstellerverantwortung für das Recycling von Verpackungen. Um ihrer Pflicht nachzukommen, kaufen die Unternehmen Recyclingzertifikate, sogenannte „Packaging Recovery Notes“ (PRN/PERN). Die Zertifikate werden von akkreditierten Aufbereitern bzw. Exporteuren erstellt und entsprechen der Menge der stofflich verwerteten oder zur stofflichen Verwertung bestimmten Verpackungsabfälle. Die erwirtschafteten Mittel sollen in den Ausbau von Sammlung und Verwertung fließen, kommen letztlich aber eher Händlern und Sortierern zugute. Der Wert eines Zertifikates ist abhängig von Material, Angebot und Nachfrage und soll außerdem das Recycling von solchen Kunststoffen subventionieren, deren Marktpreis die Recyclingkosten nicht deckt. Wenn Recyclingquoten nicht erreicht werden, steigt der Preis für die PRN. Baynham kritisiert an dem System vor allem, dass der Fokus auf Volumen statt auf Qualität liege und dazu geführt habe, dass der Export als „einfache Option“ angesehen wird, dem System zu entfliehen. So seien im Jahr 2010 rund 736.000 Tonnen an Kunststoffabfällen aus Großbritannien nach China exportiert worden. Auch Barry Turner von der britischen Packaging and Films Association (PAFA) sieht Raum für Verbesserungen: Sammelaktivitäten müssten stärker auf Recyclingziele abgestimmt, der Export besser reguliert und die Nachfrage nach Sekundärkunststoffen angekurbelt werden. Eine zentrale Forderung der Experten ist jedoch, stärker auf Qualität zu setzen. „Qualität braucht Investitionen – Verbrennungsüberkapazitäten vermeiden“ Der Druck, Qualitätsaspekte stärker zu berücksichtigen, habe zum einen mit der geforderten Recyclingquote von 42 Prozent zu tun und sei zum anderen auch in der nachlassenden Toleranz asiatischer Märkte gegenüber geringeren Qualitäten begründet. Darüber hinaus habe mangelnde Materialqualität zuletzt bei britischen Recyclern dazu geführt, dass ihre Geschäftsmodelle aufgrund höherer Kosten nicht aufgegangen sind, wie Baynham berichtete. Um die Recyclingvorgaben zu erreichen und einer „Green Economy“ näher zu kommen, seien deshalb Investitionen in den britischen Recyclingsektor unbedingt notwendig. Im Rahmen des in die Tagung integrierten Workshops „Plastics Recycling in the U.K.“ wurde jedoch deutlich, dass Investoren im Recyclingsektor vor allem Sicherheit brauchen. Dazu gehöre zum einen, dass die Anlagen mit konstanten Mengen und Qualitäten versorgt werden, aber auch die Sicherheit, nicht mit Überkapazitäten in der Verbrennung konkurrieren zu müssen. Wie Stuart Hayward-Higham (Sita U.K.) im Rahmen des Workshops informierte, plant Sita im Bereich „Waste to Energy“ in Großbritannien in den nächsten sechs Jahren 40 neue Anlagen. Dr. Michael Scriba (Mitglied im Vorstand des bvse-Fachverbands Kunststoffrecycling) warnte davor, Verbrennungsüberkapazitäten aufzubauen, wie es in Deutschland geschehen ist. Dies habe zu einem ruinösen Wettbewerb um das Inputmaterial geführt und konterkariere das Recycling. „Forschung für Verbesserung des Recyclings“ Um die Sammlungs- und Verwertungsinfrastruktur zu verbessern und die Nachfrage nach Recyclingkunststoffen zu erhöhen, laufen derzeit verschiedene Projekte. Tim Marsden (BPF) berichtete beispielsweise von Forschungsprojekten, um die Sortierung, Reinigung und Qualitätskontrolle zu verbessern. Ein Ziel sei, den Anteil der Recyclate zu erhöhen, die für eine Anwendung im Lebensmittelbereich geeignet sind. Bei einem anderen Projekt werde unter anderem daran gearbeitet, geeignete Lösemittel für das Recycling der in Großbritannien gebräuchlichen Fischtransportboxen aus Polystyrol zu finden. Die Workshopteilnehmer begrüßten diese Initiativen, warnten jedoch gleichzeitig davor, zu Gunsten einzelner Leuchtturmprojekte das grundlegende Recycling in den mengenintensiven Bereichen zu vernachlässigen. Weitere Informationen: www.bvse.de |
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., Bonn
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