23.01.2004 | Lesedauer: ca. 5 Minuten |
Der EuPR European Plastics Recyclers (www.eupc.org), der die europäische Kunststoffrecyclingbranche vertritt, zeigt eine beunruhigende Entwicklung des Kunststoffrecyclings in Europa auf: In den vergangenen Jahren sei ein zunehmender Export von Kunststoffabfällen von Europa nach China zu verzeichnen. Bei den zunehmenden Exportmengen von Kunststoffabfällen handelt es sich in erster Linie um PET-Abfälle sowie Folien. Der Verband schätzt, dass ca. 30 Prozent der in Europa aufkommenden PET-Abfälle sowie ca. 50 Prozent der PE-Abfälle nach China transportiert werden. Die Nennung belegbarer Zahlen ist auf Grund mangelnder Erhebung sowie zahlreicher Mehrfacherfassung nur bedingt möglich. Die Preisexplosion für die Entsorgung dieser Abfälle in Europa lässt den EuPR darauf schließen, dass ein Grund der Preisentwicklung der Rücklauf der Mengen in Europa durch den Export nach Asien, insbesondere China ist. Händler, die von chinesischen Unternehmen beauftragt werden, bieten den Besitzern der Kunststoffabfälle in den europäischen Staaten lukrative Preise. Aus wirtschaftlichen Gründen exportieren die Abfallerzeuger bzw. die Entsorgungsbeauftragten ihre Kunststoffabfälle u.a. nach China. Dort herrschen andere gesetzliche Bedingungen. Während die Anlagenbetreiber in Deutschland und bald auch in ganz Europa hohe Standards aus dem Umwelt- und Abfallrecht und zudem auch arbeitsrechtliche Vorgaben erfüllen müssen, gibt es in Asien vergleichbar niedrige bzw. gar keine einzuhaltende Standards. Geltende Importgesetze werden von den Abnehmern ignoriert und entsprechende Kontrollinstanzen funktionieren nur unzureichend. „Eine dramatische Entwicklung“, wie Vizepräsident Silvio Löderbusch feststellen muss. „Auf Grund extrem niedriger Lohnkosten, geringerer behördlicher Auflagen, deutlich niedrigerer Umweltstandards, scheinen chinesische Unternehmen die Transportkosten mehr als kompensieren zu können. Demzufolge haben die Recycler der EU keinerlei Möglichkeiten dem hohen Preisgefüge Paroli bieten zu können.“ Ökologisch wie arbeitsrechtlich ist die derzeitige Situation auf dem Kunststoffrecyclingmarkt daher für den EuPR nicht vertretbar. Die asiatischen Anlagen entsprechen nicht dem in Europa geforderten Standard. Die Gefährdung der Umwelt nehmen asiatische Anlagenbetreiber bewusst in Kauf. Auch die Arbeitnehmer in den betriebenen Anlagen arbeiten unter unzureichenden arbeitsrechtlichen Bedingungen. In Europa hingegen können die Anlagenbetreiber ihre hochtechnischen Anlagen auf Grund fehlender Mengen nicht auslasten. Die aufgebauten Anlagenkapazitäten im Kunststoffrecycling in Europa werden aufgrund der derzeitigen Entwicklung nicht mehr gebraucht. Die anfallende Menge an Kunststoffabfällen wird wegen zunehmender Exporte immer weniger. Die Vielzahl an Anlagenbetreibern kämpfen um eine immer geringere Menge. Diese Mengenverknappung führt zu negativen Preiseffekten, die letztendlich in einem ruinösen Wettbewerb enden. Nicht ausgelastete Anlagen und Anlagenschließungen sind die Folge. Stilllegungen sind jüngst geschehen bei einem Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, das eine der modernsten Kunststoffaufbreitungsanlagen aufgrund fehlender Marktmengen schließen sowie bei einem Unternehmen in Sachsen-Anhalt, das aufgrund fehlender Marktmengen Arbeitsplätze abbauen musste. Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten dieser Situation stellt der EuPR die Frage, inwiefern die Entsorgung in China eine dauerhafte Lösung für die Entsorgungsproblematik der westlichen Nationen darstellen kann. Dabei sind drei Aspekte besonders zu beleuchten: Ist die Einfuhr fremdländischer Abfälle in China überhaupt, und wenn, dann in welchem Umfang rechtlich abgesichert? Ist es umweltpolitisch und arbeitsrechtlich vertretbar, dass das Anforderungsprofil an Unternehmen, die Recycling durchführen, sich derart unterscheidet? Ist es akzeptabel, unsere Entsorgungs- und Verwertungssicherheit auf China zu stützen? Der EuPR ist der Meinung, dass der Export weder rechtlich abgesichert, noch mit den umwelt- und arbeitspolitischen Zielen der EU vereinbar ist und sieht dringenden Handlungsbedarf. Beispielsweise würden Zertifikate ohne jegliche Angabe von Verwertungsstandort und Verfahrensbeschreibungen von staatlich anerkannten Überwachungsinstituten ausgestellt, die derzeit die Ausfuhr von PET-Abfällen nach China gestatten. Der insbesondere in Deutschland - gemäß der gesetzlichen Umweltvorschriften – geforderte Mengenstromnachweis von Kunststoffabfällen würde von diesen Firmen nicht erbracht. Abfallerzeuger aus Industrie und Handel erfreuen sich über die enormen zusätzlichen Einnahmen, die sie durch den Verkauf ihrer Abfälle generieren. 200 Euro pro Tonne PET sind zur Lieferung nach Asien zu erzielen. Der Verbraucher profitiert davon übrigens nicht. Die Forderung: Mehr Verantwortung der Beteiligten. Der EuPR kritisiert diese Entwicklung und appelliert nicht nur an das Umweltbewusstsein der Auftraggeber, sondern vor allem an das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen, der diese Exportentscheidungen trifft. Sie gefährden damit eine ganze Branche mit einer Vielzahl an Arbeitsplätzen in Europa. Hinzu kommen die Unternehmen, die von der Recyclingindustrie mit Sekundärrohstoffen als Substitut für Primärmaterial beliefert werden. Auch hier stehen Arbeitsplätze zur Diskussion. Die Kritik richtet sich nicht an den Export von Abfällen generell, sondern an die ungleichen Rahmenbedingungen, die keinen fairen Wettbewerb zulassen. Der aus EuPR-Sicht wichtigste Punkt ist allerdings das nachhaltige Ergebnis der Abfallexporte: die Gefährdung der langfristigen Entsorgungssicherheit. Die Anzahl europäischer Recycler wird in den kommenden Jahren drastisch reduziert werden. Gleichzeitig wird Asien im Rahmen seiner eigenen Entwicklung sowie des wachsenden Konsums Probleme mit dem dann anfallenden Abfallaufkommen bekommen. Dies wiederum wird den Importbedarf einschränken und damit letztendlich die Entsorgungssicherheit in Europa gefährden. Sollten die derzeit „preiswerten“ Entsorgungswege über Asien dann wieder wegfallen, landen die Kunststoffabfälle statt in der stofflichen demnächst wieder in der thermischen Verwertung. Und ob das ökologisch wie auch ökonomisch gewünscht wird, ist fraglich. Der EuPR lehnt dies entschieden ab. Diese Entwicklung kann nach Meinung des EuPR nur abgestellt werden, wenn die Vollzugsbehörden die Umsetzung bestehender Gesetze auf nationaler und europäischer Ebene forcieren und entsprechende funktionierende Kontrollinstanzen etablieren. Mengen, die nicht nach europäischem Standard verwertet werden, könnten nicht zu den geforderten Verwertungsquoten gerechnet werden. Belegt werden müsse dies mit entsprechenden Zertifikaten. Exporte müssten mit Zöllen belegt werden, so dass unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen kompensiert werden und damit die Entsorgungssicherheit in Europa garantiert wird. Verpackungsindustrie, Abfüller, Handelsunternehmen sowie Entsorger und Verwerter müssten eine Selbstverpflichtung im Rahmen der Umweltgesetzgebung zur nachhaltigen Entsorgung eingehen. Weitere Informationen: EuPR European Plastics Recyclers Silvio Löderbusch, Vice President Avenue de Cortenbergh 66, P.O. Box 4 1000 Brüssel, Belgien Tel. +32(0)27 32 41-24 Fax +32(0)27 32 41-18 eupr@eupc.org Deutschland: Tel. +49(0)2573/83-38 Fax +49(0)2573/25 43 |
European Plastics Recyclers, Brüssel/Belgien
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