07.04.2010 | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
und was zählt ist auf’m Platz: Kunststoff Genau 147 Mal musste einer der Torhüter während der Sommermärchen-WM in Deutschland hinter sich greifen und die Kunststoffkugel aus dem Netz holen. Durchschnittlich 2,3 Tore pro Spiel fielen bei dieser Weltmeisterschaft. Exakt 64 Partien wird es auch in Südafrika brauchen, bis feststeht, welche Mannschaft den besten Fußball spielt. Womit aber zwischen 11. Juni und 11. Juli gekickt wird, steht längst fest: Mit einem Hightech-Spielgerät aus Kunststoff. Das war nicht immer so, und das kam der Chancengleichheit nicht unbedingt zugute: Vor dem ersten WM-Endspiel 1930 in Uruguay mussten sich die Finalisten noch auf einen (Leder-) Ball einigen – oder eben nicht. So kam es, dass an jenem 30. Juli 1930 in Montevideo in der ersten Hälfte mit einem argentinischen Ei gedribbelt wurde, in der zweiten mit einem aus Uruguay. Zur Halbzeit führte Argentinien 2:1, aber das Spiel endete 4:2 für Uruguay. Ob es am (ungewohnten) Ball lag? In jedem Fall hatten es die Kicker damals deutlich schwerer als heute. Das Spielgerät wurde aus 18 Rindlederstücken von Hand zusammengeschustert. Genaugenommen war jedes Exemplar ein Unikat. An der Stelle, wo die Luftblase eingesetzt wurde, befand sich ein knapp 10 cm langer Schlitz, der mit einer Schnürung aus Lederriemen verschlossen wurde. So entstand folglich eher ein Ei als eine Kugel - auch wenn Sepp Herberger stets behauptete, der Ball sei rund. Doch das holpernde Leder besaß noch einen ganz anderen Nachteil: Es saugte sich bei Regen so voll Wasser, dass es schnell sehr schwer wurde und entsprechend schwer zu spielen war. Filigrane Balltechnik war damit kaum möglich, und so prägten hoher Körpereinsatz und lange Bälle das Bild auf den Plätzen. Zudem musste der Ball nach der Partie sehr sorgfältig gepflegt werden: Einfetten und Luftablassen waren unabdingbar, damit er spielbar blieb. Schwer zu treten, hart und aus Leder blieben die Bälle im Prinzip bis 1986. Die Kugel, mit der dann Argentinien Weltmeister wurde, kam fast einer Revolution gleich: Leder hatte ausgedient, der erste vollsynthetische Ball war ein großer Schritt vorwärts. Noch runder wurde der Ball zur WM 2006. In Deutschland rollte „Teamgeist“, der erste Ball mit praktisch nahtloser Oberfläche. Er wurde aus 14 miteinander verklebten Kunststoffpanels gefertigt. Den vorläufig letzten Schritt in der Evolution der WM-Bälle markiert „Jabulani.“ Der offizielle Spielball für Südafrika erreicht dank nur acht neuartiger, thermisch verschweißter Panels eine bisher ungekannte Rundheit. Ein neu entwickeltes Profil soll zusätzlich für ein außergewöhnlich stabiles Flugverhalten und eine perfekte Griffigkeit bei allen klimatischen Bedingungen sorgen. Doch am 11. Juni ab 16 Uhr wird Kunststoff nicht nur den Ball ins Rollen bringen. Auch bei den WM-Stadien – vom Wasser- und Abwassersystem im Untergrund bis hinauf zum Dach – , bei den Fußballschuhen und den Trikots, Schienbeinschützern, Tornetzen, ja selbst bei den roten und gelben Karten vertraut man auf die polymeren Alleskönner. Apropos Trikots: Viele der besten Fußballer der Welt werden diesen Sommer in Südafrika mit ihrer Spielkleidung auch für Kunststoffrecycling schaulaufen: Teams wie Brasilien, Portugal und die Niederlande kicken in Trikots, die aus jeweils bis zu acht recycelten Plastikflaschen hergestellt wurden. Bleibt also nur noch, der eigenen Mannschaft die Daumen zu drücken. Und in zehn Wochen rollt dann endlich der Ball. Weitere Informationen: www.plasticseurope.org |
PlasticsEurope Deutschland e. V., Frankfurt am Main
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