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15.02.2017, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten    

Polyamide maßschneidern

Guss-PA Späne, die bei der mechanischen Be­ar­bei­tung anfallen, wiederaufbereitet und als Re­zyk­lat erneut verarbeitet werden können - (Bild: IKT).
Guss-PA Späne, die bei der mechanischen Be­ar­bei­tung anfallen, wiederaufbereitet und als Re­zyk­lat erneut verarbeitet werden können - (Bild: IKT).
Als einer der wichtigsten technischen Thermoplaste finden Polyamide häufig Anwendung, wenn es neben hoher Festigkeit und Steifigkeit auch auf eine vergleichsweise hohe Schlagzähigkeit ankommt. Jedoch kann in Abhängigkeit vom verwendeten Verarbeitungsverfahren oder von der späteren Anwendung eine gezielte Verbesserung einer bestimmen Eigenschaft erforderlich sein. Bereits in der Aufbereitung werden die gewünschten Eigenschaften der Kunststoffe festgelegt. Hierbei zeigt sich die Vielseitigkeit von Polyamid.

Um eine erhöhte Zähigkeit zu erreichen, werden auf dem 25. Stuttgarter Kunststoffkolloquium neue Ergebnisse des Instituts für Kunststofftechnik auf dem Gebiet von PA6/EOR-Blends vorgestellt. Die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen zwischen Blendmorphologie, Phasenhaftung und bruchmechanischen Eigenschaften für hohe und niedrige Belastungsgeschwindigkeiten werden aufgezeigt. Es werden Morphologie-Empfehlungen für eine verbesserte Zähigkeitssteigerung in den Blends, unter der besonderen Betrachtung der Phasenhaftung, hergeleitet. Äußere Einflüsse, wie z.B. Umgebungstemperatur und eine Feuchteaufnahme auf die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen, werden hierbei nicht außer Acht gelassen.

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Besonders hochmolekulare Polyamide lassen sich über die anionische Polymerisation von z. B. ε-Caprolactam direkt in einer Gussform erzeugen. Diese sogenannten „Guss-Polyamide“ zeigen durch ihre hohe Molmasse exzellente mechanische Eigenschaften. Wenig findet man für diese Polyamidklasse jedoch im Bereich der werkstofflichen Wiederverwertung. Das IKT widmet sich dieser Thematik und untersucht das Potential der Aufbereitung von recyceltem Gusspolyamid. Eine gezielte Veränderung des Fließverhaltens der hochmolekularen Schmelzen durch eine Aufbereitung mit entsprechenden Additiven auf einem Doppelschneckenextruder bietet vielfältige Möglichkeiten, die Eigenschaften des rezyklierten Polyamids einzustellen. Hier zeigt die Verwendung eines polyestermodifizierten Wachses sowohl eine Erhöhung der Viskosität als auch eine deutliche Erhöhung der Kerbschlagzähigkeit im Vergleich zum reinen Rezyklat.

Eine alternative Möglichkeit zur Steigerung der Viskosität von Polyamiden ist die reaktive Extrusion. Hierbei werden sogenannte Kettenverlängerer eingesetzt, um die Polymerketten chemisch zu verlängern und dadurch z.B. die Schmelzesteifigkeit zu erhöhen. Im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren zur Erhöhung der Molmasse kann dies in genanntem Fall direkt bei der Kunststoffaufbereitung, also während der Dosierung von weiteren Zusatzstoffen, erfolgen und somit ein Prozessschritt eingespart werden.

Der Trend, immer leistungsfähigere Produkte auf den Markt zu bringen und die Werkstoffanforderungen immer weiter nach oben zu schrauben, macht auch vor glasfaserverstärkten Polyamid 6.6 für kühlmittelnahe Anwendungen nicht halt. Entwicklungspotential besteht hier sowohl auf Seiten der Polymersynthese, der Glasfaserschlichte als auch der Additivierung, um eine möglichst hohe Lebensdauer zu erreichen und der Alterung entgegenzuwirken. Erfolge können hierbei nur durch die Betrachtung des Gesamtsystems erfolgen. Der Einfluss unterschiedlicher Stellschrauben, wie z.B. Polyamid 6.6-Typ, Faserschlichte, Additive, usw. wird in einer umfangreichen Studie vorgestellt, sodass in Zukunft an den richtigen Stellschrauben mit dem richtigen Maß gedreht werden kann.

Polyamid 12 als Ausgangsmaterial für das Selektive Lasersintern (SLS) altert bereits, bevor es zu einem Produkt verarbeitet wird. Im SLS-Prozess wird das Pulver für mehrere Stunden auf einer Temperatur nahe der Schmelztemperatur gehalten und nur eine geringe Menge durch den Laser aufgeschmolzen. Das unversinterte Pulver wird dem nächsten Prozess wieder zugegeben und kann somit mehrere Bauprozesse durchlaufen, ohne aufgeschmolzen zu werden. Die langanhaltende Temperaturbelastung führt zu einer Nachkondensation, wodurch sich beispielsweise die Schmelztemperatur verändert. Dies führt wiederum zu einer Veränderung der Prozessbedingungen. Um eine reproduzierbare Qualität des späteren Bauteils zu erreichen, muss somit zuerst der Fokus auf das Ausgangsmaterial, das Pulver, gelegt werden.

Diese und weitere aktuelle Forschungsaktivitäten und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Modifizierung und Aufbereitung von Polyamiden werden im Rahmen des 25. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquiums vorgestellt.

Weitere Informationen:
www.stuttgarter-kunststoffkolloquium.de, www.ikt.uni-stuttgart.de

25. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, 22.-23. März 2017, Stuttgart

Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart

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