07.02.2023, 06:03 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten |
Biokunststoffe erfreuen sich nicht zuletzt durch das gestiegene ökologische Bewusstsein der Gesellschaft auch einer überproportional steigenden Nachfrage aus der Industrie. Sie sollen helfen, die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen zu reduzieren und/oder die Probleme von Mikrokunststoffpartikeln in der Umwelt zu verringern. Trotz des Potenzials von Biokunststoffen sind ihre Herstellung und Anwendung noch immer mit einigen Herausforderungen verbunden. Am Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart wird hierzu insbesondere im Bereich der Materialaufbereitung von Biokunststoffen geforscht, sowohl um spezifische Eigenschaften zu verbessern, als auch um neue Anwendungsbereiche zu erschließen, in denen Biokunststoffe bislang nicht eingesetzt werden konnten. Biokunststoffe wie beispielsweise PLA oder PHB weisen im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen eine geringere thermische Stabilität auf. Das bedeutet, dass sie schneller unter dem Einfluss von Temperatur, Druck und Feuchtigkeit zerfallen und verformen können. Für Anwendungen mit kurzer Lebensdauer ist dies natürlich ein Vorteil (Stichwort "Biologische Abbaubarkeit"), wohingegen es für technische Anwendungen mit langer Lebensdauer zum Nachteil wird. Um die Lebensdauer von Biokunststoffen zu verlängern, müssen diese thermisch stabilisiert werden. In einem Stuttgarter Forschungsprojekt wird hierzu das thermo-oxidative Verhalten von Polyethylenfuranoat (PEF) grundlegend untersucht und neue Erkenntnisse zu möglichen Modifikationen sowie einer zukünftigen Verarbeitung erarbeitet. Der biobasierte Kunststoff PEF wird aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und ist in seiner Struktur und seinen Eigenschaften dem bekannten und vielseitig einsetzbaren Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) sehr ähnlich. Somit kann PEF zukünftig eine biobasierte Alternative zu PET darstellen. Auch Polyhydroxybutyrat (PHB) ist thermisch instabil und zeigt einen starken Polymerkettenabbau bei Verarbeitungstemperatur. Die Reaktive Extrusion bietet hierzu eine effektive und effiziente Möglichkeit, PHB mit geeigneten Modifikatoren thermisch zu stabilisieren und gleichzeitig den Aufwand für die Aufbereitung gering zu halten. Dieser Prozess konnte laut IKT nun erstmalig zu einer Stabilisierung für die üblichen Verarbeitungstemperaturen realisiert werden. Im Bereich der Hydrolysebeständigkeit von Polaylactid (PLA) werden am Institut für Kunststofftechnik die grundlegenden Abbaumechanismen sowie die Beständigkeit von unmodifiziertem und modifiziertem PLA erforscht. Dies gibt Aufschluss über die veränderten Eigenschaften sowie die wirkenden Einflussfaktoren (Bild 1). Durch die abgesicherte Datenlage sollen zukünftig neue technische Anwendungen erschlossen oder auf fossilen Rohstoffen basierende Kunststoffe durch PLA substituiert werden können. Weitere Forschungsaktivitäten finden auch im Bereich von technisch hoch beanspruchten Anwendungen statt. Hierzu wird die Steigerung der mechanischen Eigenschaften, wie Festigkeit und Schlagzähigkeit durch den Einsatz von Celluloseregeneratfasern in stabilisiertem Poly-3-hydroxybutyrat-co-3-hydroxyvalerat (PHBV) untersucht. Dieses und weitere Themen der Kunststofftechnik werden im Rahmen des virtuellen 28. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums vom 28. Februar bis zum 02. März jeweils nachmittags präsentiert. Obwohl kostenlos, bitte bis 27.02. registrieren! In einer zeitlich getrennten Präsenzveranstaltung lädt hiernach das IKT am 09. und 10. März 2023 unter dem Leitthema "Klimaneutrales Europa 2050 - Aufgaben der Kunststoffbranche" zu mehreren Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion mit namhaften Vertretern aus Wissenschaft und Industrie in die Universität Stuttgart ein. Weitere Informationen: |
Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart
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