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23.09.2010 | Lesedauer: ca. 4 Minuten    

bvse: Kritik am Referentenentwurf zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

"Die mutige Fortentwicklung des Gesetzes hin zu einer belastbaren Grundlage für eine moderne Stoffstromwirtschaft unterbleibt, obwohl gerade die Versorgung der Industrie mit Sekundärrohstoffen angesichts der weltweit knapper werdenden natürlichen Rohstoffreserven eine politische Aufgabe höchster Priorität sein müsste", kritisierte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock den vorgelegten Referentenentwurf zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist 1996 ein Paradigmenwechsel in der Abfallwirtschaft eingeleitet worden: Das bis dahin ordnungsrechtlich orientierte Abfallrecht stellte in Umsetzung des Verursacherprinzips die Weichen für eine privatwirtschaftlich organisierte Abfallentsorgung. Rehbock: "Das sogenannte Altpapier-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im letzten Jahr stellte diese erfolgreiche Entwicklung hin zu mehr Privatrecht wieder auf den Kopf. Es ist bedauerlich, dass der jetzt vorliegende Referentenentwurf diesem Urteil tendenziell folgt und damit mehr Rückschritt als Fortschritt bringt."

Zwar blieben die Verwertungs- und Beseitigungspflichten der Erzeuger und Besitzer erhalten. Allerdings würden die Uhren zurückgedreht was die Ausgestaltung der Überlassungspflichten und ihrer Ausnahmetatbestände betreffe oder auch die der Streichung der Möglichkeiten zur Pflichtenübertragung auf Dritte.

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Statt Daseinsvorsorge geht es ums Aufbessern öffentlicher Kassen
"Die im Referentenentwurf vorgenommene Ausgestaltung der Überlassungspflichten entwickelt den Verursachergedanken jedoch nicht weiter, sondern setzt - unter vermeintlichen Daseinsvorsorgegedanken - den Akzent bei der Haushaltsentsorgung auf die Kommunen", erläutert bvse-Justiziarin Dr. Manuela Hurst.

Damit werde der Begriff der Daseinsvorsorge überdehnt. Getrennt gesammelte Wertstoffe aus privaten Haushaltungen gehörten nur bedingt in den kommunalen Verantwortungsbereich. Dies gelte vor allem für die Bereiche, in denen es historisch betrachtet keine Daseinsvorsorgeaufgaben gegeben hat. Textilien, Schrott, E-Schrott, Glas, Altpapier und Holz, aber auch weitere Materialien sind bereits von der Privatwirtschaft gesammelt und verwertet worden, als diese noch nicht im Focus des Abfallrechtes standen.

"Wir werden dagegen kämpfen, dass etablierte private Sammelstrukturen im Zuge der Novellierung beseitigt und damit Erwerbsfelder und Existenzen zerstört werden.

Dass Kommunen sich jetzt, neben Altpapier, auch noch die Stoffströme Alttextilien und Schrotte sichern wollen, geht entschieden zu weit", erklärt der bvse-Hauptgeschäftsführer.

Unter das Brennglas der Kommunen gelangten sie heute nur und zunehmend, weil die öffentliche Hand den in diesen Materialien steckenden Wert erkenne und sich diesen zunutze machen will. Rehbock: "Das allerdings bedeutet keine Daseinsvorsorge, sondern die Aufbesserung öffentlicher Kassen."

Für den Ausbau der Kreislaufwirtschaft hin zu einer Recyclinggesellschaft gehören die im Abfall enthaltenen Wertstoffe daher wieder in den Aufgabenbereich der privaten Unternehmen. Dort, wo etablierte Sammel- und Verwertungsstrukturen seit Jahrzehnten existieren, müssen wirksame Schutzmechanismen für diese im Gesetz vorgesehen werden. Die Erkenntnis der Sinnhaftigkeit getrennter Sammlung von Abfällen auf kommunaler Seite darf nicht dazu führen, dass Existenzen in der privaten Entsorgungswirtschaft mittels Verwaltungsakt vernichtet werden.

Darüber hinaus sollen, nach Auffassung des bvse, Wertstoffe aus den privaten Haushalten dem Aufgabenbereich der privaten Recycling- und Sekundärrohstoffbranche übertragen werden.

Dabei favorisiert der bvse ein Modell, das den Kommunen die Regelungszuständigkeit für Wertstoffe aus Haushaltungen zuordnet, diese im Gegenzug jedoch zwingend verpflichtet, die Sammlung und Verwertung der getrennt gesammelten Wertstoffe aus privaten Haushalten öffentlich auszuschreiben. Hierdurch sieht der mittelständische Verband unter Wahrung beiderseitiger Interessen die europarechtlich problematische Anordnung von Überlassungspflichten in diesem Bereich gerechtfertigt.

An den Ausschreibungen können und sollen sich alle Marktteilnehmer - private wie kommunale Gesellschaften - auf gleicher Augenhöhe beteiligen. Das Ergebnis wäre eine bürgernahe, wettbewerbsintensive, effiziente und innovative Entsorgung ohne Bevorzugung von bestimmten Anbieterkreisen.

Recycling braucht einen höheren Stellenwert
Dem Recycling muss bei der Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Stellenwert eingeräumt werden, der ihm nach der Leitentscheidung des europäischen Gesetzgebers zukommt. Dies gewährleisten weder die Vorschriften zu den Grundsätzen und Pflichten der Erzeuger und Besitzer sowie der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger noch eine Gesamtschau des Gesetzes.

Der Gesetzgeber entzieht sich, so der bvse, der ihm von der Abfallrahmenrichtlinie auferlegten Verantwortung, die hier neu formulierte fünfstufige Hierarchie in das deutsche Abfallrecht zu überführen. Eine Fortentwicklung des erreichten Standards beim Recycling sei nur möglich, wenn die hierfür geschaffenen Strukturen gesichert und zusätzlich die Voraussetzungen für einen weiteren Ausbau geschaffen werden.

Eric Rehbock: "Der Referentenentwurf stellt keines von beiden sicher: Mit ihm ist nicht garantiert, dass die in der Vergangenheit dem Recycling zugeführten Materialien auch weiterhin diesen Weg gehen werden."

Er setze zudem weder Anreize noch schaffe er Sicherungsmechanismen dafür, dass künftig mehr recycelbare Stoffe in ressourceneffizienter Weise stofflich verwertet werden.

"Es bedarf aus unserer Sicht eines Vorbehandlungsgebots für gemischt gesammelte Wertstofffraktionen, der Einführung einer Nutzungskaskade, spezieller Recyclingquoten für Kunststoffe als dem am dramatischsten bedrohten Stoffstrom im untergesetzlichen Regelwerk, des Ausbaus des grünen Beschaffungswesens und der Verankerung entsprechender Vorschriften im Produktverantwortungsbereich, des Ausbaus der Getrennthaltungspflichten verknüpft mit einem ausdrücklichen Recyclinggebot sowie im Vergleich zu den EU-Vorgaben erhöhter Recyclingquoten", fordert der bvse-Hauptgeschäftsführer.

Weitere Informationen: www.bvse.de

Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., Bonn

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