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02.10.2024, 13:19 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten    

Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie: Kunststoffe im Elektroschrott mit spezifischen Sensorkombinationen charakterisieren

Kunststoffe und andere Materialien bewegen sich auf der Förderband-Teststrecke mit bis zu einem Meter pro Sekunde, während sie von ver­schie­den­en Sensoren gescannt werden - (Bild: Dr. Margret Fuchs).
Kunststoffe und andere Materialien bewegen sich auf der Förderband-Teststrecke mit bis zu einem Meter pro Sekunde, während sie von ver­schie­den­en Sensoren gescannt werden - (Bild: Dr. Margret Fuchs).
Etwa ein Viertel der im Elektroschrott enthaltenen Materialien sind Kunststoffe. Der Anteil, der recycelt werden kann, gilt als vergleichsweise gering, der Großteil wird in der Regel verbrannt. Die Herausforderung beim Recycling besteht darin, die Polymertypen zu identifizieren, um sie anschließend selektiv sortieren und funktionserhaltend aufbereiten zu können. Forschern des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), einem Institut des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), ist es nun gelungen, durch die Kombination verschiedener Sensoren die spezifische Charakterisierung des jeweiligen Kunststoffs zu bestimmen. Im industriellen Maßstab angewendet, sollen so mehr Kunststoffe optimal aufbereitet und in den Kreislauf zurückgeführt werden können.

Fast alle elektronischen Altgeräte enthalten auch Kunststoffe. Diese Kunststoffe sind auf bestimmte Funktionen spezialisiert. Ziel ist es, sie so zu recyceln, dass sie für gleichwertige Anwendungen wieder eingesetzt werden können. Dazu müssen sie zunächst identifiziert werden. Die entsprechende sortenreine Trennung stellt die Recyclingbetriebe vor eine große Herausforderung, insbesondere wegen des hohen Anteils an schwarzen Polymeren. In den Sortieranlagen der Recycler landet der grob zerkleinerte Elektroschrott auf Förderbändern und wird von Infrarotsensoren abgetastet. Schwarze Kunststoffe werden dabei nicht erkannt, da die Farbe Schwarz die vom Infrarotsensor emittierten Wellenlängen absorbiert. Daher werden insbesondere schwarze Kunststoffe häufig verbrannt. Ein weiteres Problem ist das Downcycling, d.h. die Verschlechterung der Qualität des recycelten Abfalls im Vergleich zum Ausgangsmaterial. Ein erfolgreiches Recyclingverfahren muss sicherstellen, dass die polymerspezifischen Funktionalitäten erhalten bleiben, um den Einsatz bei gleichbleibender Qualität zu ermöglichen.

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Wissenschaftler des HIF haben 23 Polymere mit bildgebenden und punktuell messenden Spektralsensoren untersucht und die entscheidenden Parameter für eine sichere und robuste Unterscheidung der Typen identifiziert. Als zusätzliche Herausforderung gilt die hohe Geschwindigkeit, mit der sich die Polymere auf dem Förderband bewegen. Die Sensoren müssen die Bauteile entsprechend schnell erfassen und charakterisieren, um den Weg für die optimale Weiterverarbeitung zu finden. „Um das Leistungspotenzial der Sensoren bewerten zu können, müssen sie unter den in Recyclinganlagen herrschenden Betriebsbedingungen eingesetzt werden. Am HIF haben wir eine Förderband-Teststrecke, auf der sich die Materialien mit bis zu einem Meter pro Sekunde bewegen und von den verschiedenen Sensoren gescannt werden“, erläutert HIF-Wissenschaftlerin Dr. Andréa de Lima Ribeiro das Testverfahren.

Kombination verschiedener Sensoren
Gearbeitet wurde mit hyperspektralen Bildsensoren (HSI), die Bilddaten mit mehreren hundert Farbkanälen erfassen. Außerdem wurde Raman-Spektroskopie eingesetzt, bei der das Material mit einem Laser bestrahlt wird, um eine materialspezifische Lichtstreuung zu erzeugen. Das resultierende Spektrum lässt Rückschlüsse auf das untersuchte Material zu. Weiterhin wurde ein FTIR-Spektrometer (Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer) eingesetzt, welches sich durch hohe spektrale Auflösung und den weiten Detektionsbereich auszeichnet. Der FTIR-Detektionsbereich wurde durch ein hochauflösendes Spectroradiometer im sichtbaren bis kurzwellen-Infrarot ergänzt. Beide manuellen Punktsensoren erlaubten die erfolgreiche Validierung der Ergebnisse aus den bildgebenden Sensoren. „Die Untersuchung hat gezeigt, dass keiner der Sensoren allein in der Lage ist, alle Kunststoffverbindungen zu identifizieren und gleichzeitig die betrieblichen Anforderungen der Industrie zu erfüllen. Die Ergebnisse belegen die gute Eignung von HSI Sensoren für die spezifische Identifizierung von transparenten und hellen Kunststofftypen. Die Raman-Spektroskopie ermöglichte die Identifizierung aller Polymere und repräsentativen Messpunkte, unabhängig von dem Vorhandensein von schwarzen Pigmenten. Die Experimente zeigten zudem die erfolgreiche Typenbestimmung auch bei kurzen Signal-Integrationszeiten von 500 Millisekunden. Die optimale Charakterisierung der Kunststoffe wird mit der Kombination aus Bildgebung und Punktmessungen erreicht“, fasst de Lima Ribeiro die Ergebnisse zusammen.

Verfahrensanwendung beim Recycling von Automobilteilen
Anwendung findet die sensorbasierte Kunststoffcharakterisierung bereits im Projekt „Car2Car“, an dem das HIF beteiligt ist. Ziel des Projektes ist, für die wichtigsten Werkstoffgruppen im Automobil (Stahl, Aluminium, Glas, Kunststoff und Kupfer) automatisierte Materialerfassungskonzepte zu entwickeln, um eine sortenreine Trennung und Aufbereitung dieser Sekundärrohstoffe voranzubringen. „Metalle und Kunststoffe kommen in Altprodukten oft eng miteinander verbunden vor. Daher haben wir die Sensorik so weiterentwickelt, dass sie Metalle und Polymere zum einen voneinander unterscheidet und zum anderen die prozessrelevante Differenzierung in Typen ermöglicht. Für die Wiederverwendung der in Altfahrzeugen enthaltenen Rohstoffe ist das von wesentlicher Bedeutung“, erläutert Dr. Margret Fuchs, Wissenschaftlerin im Bereich optische Sensoren und Sensorsysteme am HIF. Grundlage für die Anwendung der spezifischen Sensoren sind die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Ramses-4-CE“, bei dem Multisensorsysteme für die schnelle Identifizierung kritischer Verbindungen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Genauigkeit untersucht wurden.

Weitere Informationen: www.hzdr.de

Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR, Dresden

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