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07.03.2019, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 3 Minuten    

Kunststoffe und Umwelt

“Smart Material“: Demonstrator mit additiv hergestellter Formänderungsstruktur, die sich abhängig von der relativen Luftfeuchte (links: 90 Prozent rLF / rechts: 30 Prozent rLF) schließt und öffnet - (Bild: ICD Universität Stuttgart).
“Smart Material“: Demonstrator mit additiv hergestellter Formänderungsstruktur, die sich abhängig von der relativen Luftfeuchte (links: 90 Prozent rLF / rechts: 30 Prozent rLF) schließt und öffnet - (Bild: ICD Universität Stuttgart).
Für unterwegs den „Coffee to go“, zum Essen einen Salat aus der Einwegverpackung und danach Kekse, die mehrfach in Kunststofffolie verpackt sind. Dieses Konsumverhalten führt dazu, dass inzwischen mehr als ein Drittel des weltweiten Kunststoffverbrauchs auf Verpackungen zurückzuführen sind. Werden diese Verpackungen vom Verbraucher ordnungsgemäß gesammelt, so können sie anschließend verwertet werden. Die Kunststoffabfälle werden so zu Wertstoffen und stellen für die Umwelt keine Belastung dar. Leider wird Müll oft achtlos weggeworfen, vor allem in Ländern, wo die Abfallentsorgung nicht gut entwickelt ist. Auch Kunststoffabfälle gelangen so in die Umwelt und werden vom Land aus über die Flüsse in die Meere eingetragen. Durch äußere Umwelteinflüsse beginnt der Kunststoff zu altern und schließlich zu fragmentieren. Es entstehen Mikrokunststoffpartikel, das sogenannte Mikroplastik. Weitere Quellen für den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt sind der Abrieb von Reifen als auch der Faserabrieb von Textilien bei der Wäsche sowie Partikel in Kosmetikprodukten. Die Mikropartikel gelangen in die Kläranlagen und zum Teil mit dem Klärschlamm auf die Felder. Dort verbleiben sie je nach Kunststoffart Jahrzehnte bis Jahrhunderte.

Das Institut für Kunststofftechnik (IKT) verfolgt mehrere Aktivitäten auf diesem Themengebiet. Ein Ziel ist, umweltgerechte Alternativen zu konventionellen Kunststoffen zu entwickeln. Ins Bewusstsein treten dabei verstärkt die biologisch abbaubaren Kunststoffe, insbesondere für Anwendungen, die zwangsläufig in der Umwelt verbleiben, wie Baumschutz-Manschetten, Rasentrimmer-Fäden und Peeling-Partikel.

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Ein Konsortium unter der Leitung des IKT forscht an der „Entwicklung neuer Kunststoffe für eine saubere Umwelt unter Bestimmung relevanter Eintragspfade (ENSURE)“. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbund aus Wissenschaft und außeruniversitärer Forschung widmet sich der Fragestellung, wie Kunststoffe in der terrestrischen und semiterrestrischen Umwelt und die damit verbundenen negativen Folgen minimiert werden können. Ziel ist es, Kunststoffe mit verbessertem Abbauverhalten zu entwickeln, die bei gleicher Performance während des Gebrauchs schnell und umweltverträglich abgebaut werden können. In einem ersten Schritt muss das Abbauvermögen der Mikroorganismen hinsichtlich der verschiedenen Kunststoffe untersucht werden. Die Kunststoffe werden dazu mit einem fluoreszierenden Additiv versetzt, um die Mikroorganismen besser detektieren zu können. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der Witterungsbeständigkeit von Kunststoffen. Ein Waldbeschilderungssystem, welches bisher aus einem nicht biologisch abbaubaren Kunststoff produziert wird, soll durch die Biokunststoffe Polyhydroxybutyratco-hydroxyvalerat (PHBV) und Polylactid (PLA) hergestellt werden.

Um Biokunststoffe alternativ einsetzen zu können, muss deren Eigenschafts- und Verarbeitungsprofil oft noch optimiert werden. Ein von der DFG gefördertes Projekt befasst sich mit der Modifizierung und Aufbereitung des Biokunststoffes Polylactid (PLA). Im Vordergrund steht dabei vor allem die Betrachtung der viskosen Schmelzeigenschaften in Relation zur Art und dem Grad der Modifikation verschiedener PLA-Typen. Abhängig von den molekularen Eigenschaften des PLA, wie Kettenlänge, Anzahl der reaktiven Endgruppen und Isomerenverhältnis, werden diese im Rahmen eines reaktiven Extrusionsprozesses chemisch modifiziert und können dadurch für verschiedene Anwendungen maßgeschneidert werden.

Eine weitere Forschungsaktivität beruht auf der additiven Fertigung von Formänderungswerkstoffen. Solche Werkstoffe sind in der Lage, ihre Form unter Einwirkung äußerer Einflüsse wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit zu verändern (siehe Bild). Für die Formänderung muss keine Kraft aufgebracht werden, dadurch können Energie- und Materialkosten gesenkt werden. Der Werkstoff wirkt dann zugleich als Sensor, Aktor und Regler, weshalb diese Werkstoffe auch als „Smart Materials“ bezeichnet werden. Im Zuge der Ressourcenschonung erfolgt die Herstellung dieser „Smart Materials“ auf Basis von biobasiertem thermoplastischen Polurethan und dem biobasierten Polyamid 6.10. Anwendungen finden Formänderungswerkstoffe in Nullenergie- bzw. Passivhäusern oder Elektrofahrzeugen.

Diese und weitere aktuelle Forschungsaktivitäten und Erkenntnisse auf dem Gebiet „Kunststoffe und Umwelt“ werden im Rahmen des 26. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquiums vorgestellt.

Weitere Informationen:
www.kunststoffkolloquium.de, www.ikt.uni-stuttgart.de

26. Stuttgarter Kunststoffkolloquium, 27.-28. März 2019, Stuttgart

Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart

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