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28.02.2011, 06:04 Uhr | Lesedauer: ca. 6 Minuten    

Russland: Polyethylen-Produzenten erweitern Kapazitäten

Lukoil plant neue Anlage bis 2015 / Im Gebiet Stawropol soll ein Cluster zur Weiterverarbeitung entstehen / Von Bernd Hones

Russland ist reich an Erdöl und kann daher Ethen so billig produzieren wie kaum ein anderes Land der Welt. Doch trotz des Riesenangebots an diesem Zwischenprodukt zur Erzeugung von Kunststoffen ist Russland zurzeit nicht einmal in der Lage, genug Polyethylen für den Eigenbedarf zu erzeugen. Über ein Viertel der benötigten Menge muss importiert werden. Das könnte sich bald ändern: Gaspromneft plant bis spätestens 2013 die Eröffnung eines neuen Werks. Lukoil will eine Riesenanlage am Kaspischen Meer bauen. (Kontaktanschriften)

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Die Nachfrage nach Polyethylen (PE) in Russland ist 2010 auf ein Rekordniveau geklettert. Das Marktvolumen lag bei 1,63 Mio. t, sagte Michail Turukalow, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts OOO IAZ Kortes auf der "8. Internationalen PE-Konferenz" der Firma Creon Mitte Februar 2011 in Moskau. Bis 2015, so seine Prognose, wird Russland erstmals mehr PE produzieren als im Inland nachgefragt wird. Die Importe lagen mit 448.300 t deutlich über dem Niveau von 2009, aber unter dem von 2007.


Quellen: Creon, IAZ Kortes

Die inländische Produktion steigt seit Jahren. Zuletzt lag sie bei über 1,5 Mio. t Polyethylen. In den kommenden fünf Jahren sollen die Kapazitäten um 1 Mio. t erweitert werden. Dazu haben eine ganze Reihe von Chemieunternehmen gewaltige Investitionsprojekte in der Pipeline. Das Unternehmen Gaspromneftechim Salawat etwa will die Produktionsmöglichkeiten von derzeit 120.000 t auf 200.000 t zum Jahr 2014 anheben.

Eine ganz neue Anlage entsteht in Nowy Urgengoi im Nordural. Die Gaspromneft-Tochter OOO Nowourengoiski Gasochimitscheski Komplex baut seit 1995 ein PE-Werk, die Rubelkrise 1998 und 1999 hat erst mal zum Auf-Eis-Legen der Pläne geführt. Wie Branchenexperten berichten, hat das Unternehmen unlängst 3 Mrd. US$ an Finanzmitteln erhalten, um das Werk nun fertig zu stellen. "2013 wird das Werk endlich anlaufen", verkündete der Vizeabteilungsleiter Außenhandel und Marketing, Waleri Wasilenko. Die Kapazitäten belaufen sich auf 400.000 t. Fachleute bewerten das Projekt skeptisch. Die nächste Großstadt Tjumen ist 1.150 km von Nowy Urengoi entfernt, eine föderale Straße zwischen beiden Orten gibt es jedoch nicht. Zwar existiert eine Bahnlinie, aber die Kosten für den Abtransport des Polyethylens dürften die Preise mächtig in die Höhe treiben.

Die Ausrüstung kommt ursprünglich aus Deutschland, BASF hat sie 1995 geliefert. Auch die Pyrolyseöfen mit Linde-Technologie sind bereits installiert. Laut Wasilenko sollen die Erzeugnisse über nur einen Distributeur verkauft werden: 100.000 t sind für den russischen Markt, und jeweils 150.000 t für den Export nach Europa und in die Volksrepublik China reserviert.

Eine weiteres, riesiges PE-Werk entsteht im Süden Russlands - am Stavrolen-Standort im Stawropolski Krai. Bis 2015 will der Erdölgigant Lukoil eine Anlage zur Herstellung von 600.000 t PE bauen. Gleich nebenan plant der Konzern ein Cluster zu schaffen, in dem sich Weiterverarbeiter ansiedeln sollen. Diese könnten sich über langfristige Lieferverträge günstiges PE-Granulat sichern, betonte Lukoil-Verkaufschef Aleksandr Rappaport auf der Creon-Veranstaltung in Moskau.

Lukoil investiere nur deshalb in Russland, weil der Inlandsmarkt geschützt sei vor ausländischen Konkurrenten und weil der russische Staat Subventionen für das Investment in Aussicht gestellt habe, sagte Rappoport. "Andernfalls sind Investitionen in Russlands PE-Kapazitäten sinnlos". Daran seien ständig steigende Frachtgebühren, Arbeits- und Energiekosten, hohe Exportzölle, weite Entfernungen und lange Lieferzeiten schuld.

Auch Fares Kilzie, Präsident des Chemieberaterunternehmens Creon, zeigte sich pessimistisch über die Entwicklungen am PE-Markt. Die Preispolitik der PE-Hersteller drücke auf die Investitionsbereitschaft der Weiterverarbeiter. Die großen Chemiekonzerne drängten kleinere, nicht mit ihnen verbundene Unternehmen aus dem Markt. Das führe immer mehr zu einer Oligopol-Situation.

Die Nachfrage nach PE hoher Dichte, wie es vor allem bei Kunststofffolien in der Verpackungsindustrie verwendet wird, erholt sich seit der Krise am langsamsten. Die Nachfrage lag mit 545.300 t nur um 2% höher als im Jahr 2006. Davon werden 85% zur Herstellung von Folien verwendet, 12% für Gussformungen und 3% zur Kabelproduktion. Die inländische Erzeugung ist 2010 um 1,3% auf knapp 660.000 t zurück gegangen. Dafür stiegen die Importe um 13,4% auf knapp 73.300 t. Der wichtigste Produzent von PE hoher Dichte ist Tomskneftechim, gefolgt von Kasanorgsintes und Ufaorgsintes. Tomskneftechim ist auch der wichtigste Exporteur - von dort geht der Kunststoff in erster Linie nach China. Wichtigstes Lieferland von PE hoher Dichte ist Belarus. Dort wird PE produziert, das dem russischen weitestgehend ähnelt. Außerdem ist Russland nach wie vor auf spezielle PE-Marken hoher Dichte angewiesen, die im eigenen Land nicht hergestellt werden.

PE niedriger Dichte ist mittlerweile die meistgekaufte Sorte in Russland. Traditionell starke Hersteller sind Kasanorgsintes und Stavrolen. Seit 2008 gibt es eine neue Anlage in Nischnekamsk mit 230.000 t Kapazitäten und seit 2009 ein Werk in Salawat mit Kapazitäten von 120.000 t. Trotzdem wachsen die Importe weiter, die Importquote liegt bei etwa 30%. Zwei Drittel des nach Russland gelieferten Polyethylens niedriger Dichte werden für die Produktion von Kunststoffrohren eingesetzt. Oder anders herum: 40% des in Russland zur Herstellung von Rohren verwendeten Kunststoffes kommen aus dem Ausland.

Am dynamischsten unter allen PE-Sorten hat sich zuletzt lineares PE niedriger Dichte entwickelt. Die Nachfrage hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht - trotz Wirtschaftskrise. Das Marktvolumen lag 2010 bei 164.800 t. Das waren bereits mehr als 10% am Gesamtmarkt. Obwohl Nischnekamskneftechim 2010 knapp 56.000 t dieses PE-Typs produziert hat, sinkt der Importanteil nur gering und liegt derzeit mit 112.000 t bei zwei Drittel. Der überwiegende Anteil des in Russland verkauften linearen Polyethylens niedriger Dichte wird in der Folienproduktion verwendet, davon zu 60% zur Herstellung von Stretchfolien für die Verpackung von Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel.


Quelle: IAZ Kortes, auf der 8. Internationalen PE-Konferenz von Creon

Kontaktanschriften:

Creon
Uniwersitetski Prospekt 9, 119296 Moskau
Tel.: 007 495/797 49 07, Fax: -938 00 08
www.creon-online.ru
Ansprechpartner für deutsche Firmen: Fares Kilzie (Präsident, E-Mail: fk@creon-online.ru)

OOO IAZ Kortes
3. Monetschikowski pereulok 4, str. 1, 115054 Moskau
Tel.: 007 495/788-4702
info@kortes.com, www.kortes.com

OAO Nischnekamskneftechim
Nischnekamsk, 423574 Republik Tatarstan
Tel.: 007 8555/37 70 65, Fax: -37 93 09
nknh@nknh.ru, www.nknh.ru

OAO Kasanorgsintes
ul. Belomorskaja 101, 420051 Kasan
Tel.:/Fax: 007 843/533 99 52
www.kazanorgsintez.ru

OOO Nowourengoiski Gasochimitscheski Komplex
ul. Jushnaja 2, 629300 Nowyi Urengoi, Tjumenskaja oblast, Jamalo-Nenezki AO
Tel.: 007 34949/409 26, Fax: -403 61
www.gazprom.ru

OAO Ufaorgsintes
Ordshonikidsewskij rajon, 450037 Ufa, Republik Baschkortostan
Tel.: 007 347/235 88 37, Fax: -260 52 00
www.uos-rb.ru

OOO Stavrolen
ul. Rosy Luxemburg 1, 356800 Budjonnowsk, Stawropolski krai
Tel.: 007 86559/340 08
mail@stavrolen.lukoil.com
www.lukoil-neftekhim.ru/main/static.asp?art_id=792

OAO Lukoil
Sretenski bulwar 11, 101000 Moskau
Tel.: 007 485/627 16 96, Fax: -981 72 88
ir@lukoil.com, www.lukoil.ru

OAO Gaspromneftechim Salawat
(früher: Salawatnefteorgsintes)
ul. Molodogwardejzew 30, Salawat 453256, Republik Baschkortostan
Tel.: 007 34763/921 09, Fax: -539 17
snos@snos.ru, www.snos.ru

Weiterführende Informationen

Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, Berlin + Köln

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