15.09.2009 | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Frankreichs Recyclingwirtschaft erfährt nach einer dynamischen Aufbruchsphase einen stärkeren Rückschlag. Beeinträchtigt wird das Geschäft sowohl durch die sinkende Nachfrage nach Wertstoffen wie auch die ausgeprägte Preisbaisse. Während der Umsatz 2008 noch einen Zuwachs um 3% auf rund 11 Mrd. Euro verzeichnete, dürfte 2009 ein Verlustjahr werden und eine Erholung erst 2010 einsetzen. Die Branche zeigt eine Tendenz zur Konzentration, sei es durch Übernahmen oder die Verbreiterung des Geschäftsfeldes. Die Goldgräberstimmung in der aufstrebenden jungen Recyclingindustrie ist erst einmal verflogen. Im Zangengriff der Wirtschaftskrise hat die Nachfrage nach recycelten Rohstoffen im In- und Ausland spürbar nachgelassen, vor allem seitens der VR China. Parallel verzeichneten die Preise von Metallschrott, Altpapier und Recyclingkunststoff drastische Einbrüche. Laut dem Verband der Recyclingunternehmen Federec sank der Absatz von Wertstoffen im letzten Quartal 2008 um 11% unter den Vorjahreswert, was den gesamten Jahreszuwachs auf +1,5% drückte. Die Preisbaisse bewirkte, dass der Umsatz im letzten Quartal im Jahresvergleich sogar um ein Drittel einbrach, was für das Gesamtjahr aber noch in einem Zuwachs um 3% endete. Mit den stärksten Einbruch verzeichnete wohl der Zweig Recyclingkunststoffe durch die schwache Konjunktur bei den zwei Hauptabnehmern, dem Automobilbau und der Bauwirtschaft. Zudem drückte der niedrige Erdölpreis die Preise für neue Rohstoffe sogar noch unter das Niveau der recycelten Rohstoffe. Vom Herbst 2008 bis zum Frühjahr 2009 reduzierten sich die Abnehmerpreise für Recyclingkunststoffe je nach Qualität um bis zu 75%. Laut Federec Plastiques sank der Umsatz 2008 um 21% auf 120 Mio. Euro, während über die letzten fünf Jahre im Schnitt eine jährliche Zuwachsrate von 6% erzielt wurde. Bei Aurea, Europas größtem Wiederverwerter von PVC, lag der Umsatz im 1. Quartal 2009 um 49% unter dem Vorjahresergebnis. Nach den letzten verfügbaren Angaben belief sich die Produktion verwertbarer Rohstoffe 2007 auf etwa 39 Mio. t. Die höchsten Zuwachsraten verzeichneten in 2007 und den vorhergehenden Jahren die Produktgruppen Textil, Papier & Karton, Holz & Paletten, Kunststoffe und Nichteisenmetalle. Wiederaufbereitet werden überwiegend Haushaltsabfälle (28 Mio. t), kommunaler Müll (14 Mio. t) und Industrieabfälle (90 Mio. t). Die gesamte wiederaufbereitete Menge von somit 132 Mio. t pro Jahr entspreche laut der Umweltagentur Ademe aber nur 16% des gesamten Abfallvolumens von 849 Mio. t, das auch 717 Mio. t aus der Landwirtschaft und dem Baugewerbe einschließt. Der Umweltgipfel "Grenelle de l´environnement" setzte 2007 die Zielvorgabe, die Recyclingquote bis 2012 um 35% und bis 2015 um 45% zu erhöhen. Trotz Wirtschaftskrise besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit der Sammlung von wiederverwertbaren Abfällen - aus ökologischen Gründen wie auch der weltweiten Verknappung der Rohstoffe. 2007 sicherte die Recyclingbranche der französischen Industrie etwa die Hälfte des nichtenergetischen Rohstoffinputs. Die Zweige Papier und Kunststoffe dürften mit dem Auslaufe der Wirtschaftskrise und der Auszehrung der Lagerbestände zukünftig wieder deutlich stärker von den wachsenden Absatzmärkten in Asien profitieren, vor allem aus den großen Schwellenländern Indien und der VR China. Ein gemeinsames Unternehmen zum Recycling von Autos beschlossen Renault und die Suez-Tochter Sita durch die Übernahme des Familienbetriebs Indra Investissement. Indra ist verbunden mit einem Netz von 230 spezialisierten Demontageunternehmen. Sita war bereits 2001 bei Indra eingestiegen mit einem Pilotprojekt für die Demontage von jährlich 10.000 Fahrzeugen. Dem Pilotprojekt soll jetzt die industrielle Phase folgen mit Investitionen von 100 Mio. Euro in den nächsten fünf Jahren. Recyclingkunststoffe finden sich bereits in den Renault-Modellen Eco 2 und Laguna III, weitere Chancen der Wiederverwertung soll eine neue Arbeitseinheit "Renault Environnement" ergründen. Im D3E-Zweig betreibt Veolia Propreté landesweit fünf Zentren mit einer Kapazität von jährlich 90.000 t und einer Recycling-Quote von 81%, ein sechstes mit 60 Beschäftigten entsteht in Aix-en-Provence. Ein Projekt wurde Mitte 2008 gemeinsam mit dem Partner Thomson in Angers in Betrieb genommen. Weitere wichtige Akteure sind Sita France (Suez Environnement) und CFF Recycling. Bereits 2006 in den Teilmarkt eingestiegen ist Paprec (Nummer eins im Recycling von Kunststoffen) durch die Übernahme einer 50%-Beteiligung am D3E-Unternehmen Valdelec von der deutschen EnBw-Tochter U Plus. Auch ausländische Unternehmen interessieren sich für den Markt. Die schweizerische Immark wollte 2008 für 10 Mio. Euro ein Anlage in Beaucaire (Gard) mit einer Jahresleistung von 40.000 t eröffnen. Tendenziell hat die französische Recyclingindustrie ihr Spektrum seit 2000 kontinuierlich verbreitert. Der Anteil der Unternehmen mit drei und mehr Zweigen stieg von 10 auf 35%, parallel sank der Anteil der monostrukturierten Betriebe von 52 auf 28%. Die Investitionen der Recycling-Industrie beliefen sich 2007 auf 485 Mio. Euro nach 590 Mio. Euro im Vorjahr, die Jahre 2000 bis 2005 lagen mit einem Durchschnittswert von 370 Mio. Euro weit darunter. Eine ganze Reihe von Unternehmen haben sich auf bestimmte Materialien spezialisiert - wie Aliapur (Gummireifen), Valorplast (Kunststoffe und Haushaltsverpackungen), Ecopse (Polystyrol), Recyfilm (Kunststofffolien), Ecofut (Kunststoffbehälter), Motus-véolia (Papier und Dokumente) oder Adivalor (Agrarabfälle). Weiterführende Informationen |
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