14.09.2011, 06:03 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
Kunststoffabfälle sind erst für wenige ein Rohstoff. In den meisten Regionen der Welt ist Plastikmüll im Wesentlichen Abfall, über dessen nachhaltige und effiziente Verwertung nicht nachgedacht wird. So lautet das Resümee des Kolloquiums Zukunft Kunststoff-Verwertung, das Fraunhofer UMSICHT und die BKV Plattform für Kunststoff und Verwertung am 6. und 7. September 2011 in Krefeld veranstalteten. „Produzieren ohne Rohstoffe“ - mit dieser Vision leitete der Institutsleiter von Fraunhofer UMSICHT, Professor Eckhard Weidner, das Kolloquium ein und umriss den Weg, der in Anbetracht der Rohstoff- und Energiewende vor den produzierenden Branchen liegt und den das verfahrenstechnische Institut begleiten und real werden lassen möchte. Der Vortrag zum Kongressabschluss zeigte, wie es der Bayer MaterialScience gelingt, Kunststoffe aus CO2 herzustellen, und schuf die thematische Klammer um zwei Tage voller Fachvorträge und Diskussionen. Abfallwirtschaftliche Regelungen EU-weit umsetzen Kunststoffe sind zum Wegwerfen viel zu schade – diese Erkenntnis hat selbst in der EU erst eine Handvoll Länder gewonnen und entsprechende Verwertungsstrukturen aufgebaut. „Wir verfügen EU-weit im Abfallbereich zwar über gute gesetzliche Regelungen und anspruchsvolle Ziele, müssen aber mehr Energie darauf verwenden, dass sie auch EU-weit umgesetzt werden“. Mit dieser Forderung traf Dr. Thomas Rummler, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft im Bundesumweltministerium, einen zentralen Punkt aller Debatten um die Zukunft der Recyclingwirtschaft: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft immer noch eine große Lücke - so eine Kernaussage beim Kolloquium. Deutschland ist gut, kann aber noch besser werden Die deutschen Kunststoffverwerter sind nach wie vor Vorreiter in Europa. Aber auch hierzulande ist 20 Jahre nach Verabschiedung der Verpackungsverordnung das Optimum noch nicht erreicht. In den kommenden Jahren sollen neben Verpackungen auch andere Wertstoffe aus Haushalten in Kreisläufe eingebracht werden. Das ist nicht einfach, wie die Debatte um die Einführung einer flächendeckenden Wertstofftonne in Deutschland zeigte. „Entscheidend für den Erfolg der Wertstofftonne ist die Art und Weise der Finanzierung“, konstatierte Rummler in Krefeld. Die Eckpunkte für Input, Finanzierung und Zuständigkeit für die Wertstofftonne sollen bis Ende des Jahres vorliegen. Auf die effiziente Trennung kommt es an Entscheidend für neue Stoffströme ist zudem, dass die Materialien effizient gesammelt, sortiert und recycelt werden können, wie die Diskussionen zwischen Vertretern aus Politik, Verwertungsbranche und Kunststoffindustrie deutlich machte. Das erfordert eine leistungsfähige Infrastruktur. „Moderne Sortieranlagen mit Kunststoffartentrennung sind auch ohne Wertstofftonne heute schon ausgelastet“, gab Dr. Dirk Textor, Vorsitzender des Fachverband Kunststoffrecycling im bvse, zu bedenken. Viele Aufbereitungs- und Verwertungsanlagen seien zudem in den vergangen Jahren geschlossen worden, andere wurden lange nicht modernisiert. Die Wertstofftonne ist zudem keine Goldgrube – das machte Agnes Bünemann, geschäftsführende Gesellschafterin der cyclos GmbH, deutlich. Erfahrungen aus Kommunen wie Berlin oder Hannover zeigen, dass neben Metallen nur wenige Kunststoff-Fraktionen tatsächlich positive Erlöse bringen. „Alles andere“, so Bünemann, „ist ein Zuschussgeschäft“. Qualität und konsistente Versorgung Die Fragen zur sinnvollen Verwertung von Kunststoffabfällen stehen stellvertretend für viele Debatten rund um Rohstoffe und Rohstoffsicherung. Deutschland als rohstoffarmes Land muss sein Potenzial an Sekundärrohstoffen ausreizen – und das umso intensiver, je knapper, teurer und umkämpfter Primärrohstoffe werden. Allerdings: Wer Abfälle wirklich als Rohstoffe für hochwertige Produkte nutzen will, muss an die gesamte Wertschöpfungskette entsprechende Anforderungen stellen. „Höchste Qualität der Rezyklate und eine konsistente Versorgung sind das A und O für eine ökologisch und ökonomisch effiziente Verwertung“, brachte es BKV-Geschäftsführer Dr. Peter Orth auf den Punkt. Marine Litter: Kunststoffe in den Weltmeeren Kunststoffabfälle, auch das zeigten die Diskussionen in Krefeld, stehen nicht zuletzt stellvertretend für Problemstoffe, die für das Image einer ganzen Branche entscheidend sein können. Die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll beispielsweise ist ein aktuelles und gravierendes Umweltproblem, dessen Lösung die Kooperation von Industrie, Politik, Umweltverbänden und Öffentlichkeit voraussetzt. Erste Anfänge sind gemacht. Die europäische Kunststoffindustrie hat Projekte initiiert, die Herkunft, Art und Menge der Verschmutzungen in Mittelmeer, Nord- und Ostsee analysieren und Gegenmaßnahmen erarbeiten sollen. Auch wenn keine kurzfristigen Lösungen zu erwarten sind – „dass wir die Probleme angehen müssen, steht außer Frage“, so der dazu vortragende Dr. Jürgen Bruder von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. Weitere Informationen: www.umsicht.fraunhofer.de, www.bkv-gmbh.de |
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