29.05.2009 | Lesedauer: ca. 4 Minuten |
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Ungarn ist von der Weltwirtschaftskrise so stark betroffen wie kein anderes größeres Land Mittelosteuropas. Das BIP dürfte 2009 um mindestens 6% schrumpfen und auch 2010 rückläufig sein. Die Nachfrage nach Produkten der chemischen Industrie (Marktvolumen 2008: 5,2 Mrd. Euro) könnte sich dagegen noch etwas günstiger entwickeln. Absatzchancen bieten sich deutschen Firmen auf längere Sicht vor allem bei technischen Kunststoffen und Pharmaprodukten sowie durch Zulieferungen an Pharmahersteller und Reifenproduzenten. Marktentwicklung/-bedarf Ungarns Industrie war bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise 2008 wichtigster Konjunkturmotor des Landes, was auch die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen nachhaltig gestützt hat. Die einschneidenden Maßnahmen, die die Regierung Ungarns zur Haushaltssanierung 2006 eingeleitet hatte, zeigten keine Folgen. 2009 dürfte Ungarns Industrieproduktion nun aber um über 15% fallen. Auch 2010 ist kaum eine Erholung zu erwarten. Im Frühjahr 2009 waren (noch) keine Effekte der staatlichen Krisenhilfen spüren, wie der Chemieverband feststellt. Die Versorgung des ungarischen verarbeitenden Gewerbes mit Kunststoffen in Primärformen ist zunehmend von den inländischen Herstellern BorsodChem und TVK übernommen worden. Jedoch muss ein Teil des Bedarfs auch weiterhin durch Importe gedeckt werden. Deutschland bleibt dabei wichtigstes Lieferland. Auf die Einfuhr von Kunststoffen in Primärform entfielen 2008 über 20% der Gesamtimporte chemischer Erzeugnisse. In den ersten Monaten 2009 brachen inländische Produktion und Export in dieser Sparte ein, und die Importbezüge reduzierten sich auf Euro-Basis um rund ein Drittel. Der größte Absatz von Kunststofferzeugnissen in Ungarn erfolgt traditionell im Verpackungsmittelsektor (Anteil am Absatz in Ungarn 2008 rund 40%). Die Sparte hat sich bis Ende 2008 dynamisch entwickelt, und die Qualitätsstandards sind hoch. Die Nachfrage der Lebensmittel- und Getränkeindustrie nach Kunststoffverpackungen wird außer im Bereich der Molkereien zunächst kaum von der Krise betroffen sein. Zweitwichtigster Abnehmer von Kunststofferzeugnissen ist in Ungarn die Bauwirtschaft (Absatzanteil gut 20%). Der Bau steckt in einer lang anhaltenden Flaute: Für 2009 wird ein erneuter Rückgang der Bauaktivitäten um real knapp 10% erwartet. Auch 2010 dürfte es bestenfalls zu einer leichten Erholung kommen. Der Tiefbau (vor allem in den Bereichen Straßen, Eisenbahnen und Umweltschutz) sollte sich wegen öffentlicher Infrastrukturprojekte besser entwickeln. Relativ günstig sind auch die Perspektiven für Produkte zur Wärmedämmung. Die ungarische Elektronik- und Elektrotechnikindustrie wird 2009 ebenso weniger Kunststofferzeugnisse abnehmen (Anteil am Absatz 2008: gut 10%). Nokia hat zum Beispiel in Ungarn bis 2008 rund 500 Mio. Handys gefertigt, Electrolux seine gesamte europäische Staubsaugerproduktion dorthin verlagert. Die Produktion der Gesamtbranche gab in den ersten Monaten 2009 knapp 30% gegenüber der gleichen Zeit im Vorjahr nach. Die Hersteller von Kunststofferzeugnissen knüpfen auf längere Sicht große Hoffnungen an die Kfz- und insbesondere an die Kfz-Teile-Industrie im Land (Absatzanteil 5 bis 10%). Die Fertigung von Komponenten für die Kfz-Hersteller stand über Jahre hinweg im Zeichen eines Booms. 2009 hat sich die Stimmung jedoch abrupt stark eingetrübt. Die Nachfrage der Kfz- und Kfz-Teile-Hersteller nach Kunststofferzeugnissen könnte 2009 um annähernd 30% fallen, wie der Chemieverband erwartet. Produktion/Branchenstruktur In der Chemieindustrie insgesamt fiel die Produktion 2008 um rund 1%. In der Sparte Gummi- und Kunststoffwarenherstellung nahm sie dabei um 2,9% zu. Für 2009 erwartet der Chemieverband für die Gesamtbranche einen Rückgang um mindestens 20%. Der Großteil der Investitionsvorhaben in der Chemieindustrie ist vorerst auf Eis gelegt worden. Vor allem in der Basischemie sind die ungarischen Unternehmen zu bedeutenden Anbietern im europäischen Rahmen aufgestiegen: BorsodChem beziffert seine Fertigungskapazitäten für die Polyurethan-Rohstoffe TDI und MDI auf 90.000 t/Jahr beziehungsweise 160.000 t/Jahr sowie für PVC auf 400.000 t/Jahr. Mittelfristig sollen vor allem die Kapazitäten für TDI (auf 260.000 t/Jahr) und MDI (auf 360.000 t/Jahr) aufgestockt werden. Das Unternehmen will zu Europas größtem TDI- und zum drittgrößten MDI-Produzenten aufsteigen. Der Ausbau der TDI-Sparte ist Anfang 2009 vorläufig gestoppt worden. Gleichzeitig wurde in einem der zwei MDI-Werke die Fertigung stillgelegt. Von seiner PVC-Sparte will sich Borsod laut Werksmitteilungen trennen. Für 2009 erwartet das Unternehmen einen Umsatzrückgang von 25%. Der zweite große Basischemiekonzern Ungarns, TVK (zum Mineralölkonzern MOL gehörend), hat seine Kapazitäten für Ethylen auf 620.000 t/Jahr und für HDPE auf 400.000 t/Jahr verdoppelt. Für Polymere wurde die Kapazität auf 650.000 t/Jahr ausgeweitet. Auch TVK spürt einen starken Nachfragerückgang, profitiert seit Ende 2008 aber von deutlich sinkenden Rohstoffkosten. 2008 war Ungarns Produktion von Kunststoffen in Primärformen insgesamt um 8,3% gefallen. Die Produktion von Gummi- und Kunststoffwaren schrumpfte in den ersten Monaten von 2009 um rund ein Drittel. Hankook (Korea, Rep.) und Apollo Tyres (Indien) haben ihre Expansionspläne auf Eis gelegt. Bridgestone hat seine Erweiterungsinvestitionen (190 Mio. Euro) für eine Gesamtkapazität von nun rund 2,5 Mio. Reifen jährlich im Frühjahr 2008 abgeschlossen. Michelin kann in Ungarn jährlich circa 1,5 Mio. (Spezial-) Reifen fertigen. ![]() |
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