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10.01.2008 | Lesedauer: ca. 5 Minuten    

Battenfeld Kunststoffmaschinen: Entscheidung über Rettung bis Freitag

Positive Gespräche und gute Auftragslage aber Finanzbedarf von 15 Mio. Euro – Verkauf schon rückabgewickelt – Servicegeschäft noch umstritten

Hier ein erstes Follow-Up zu der Battenfeld-Insolvenz (s. plasticker vom 7.1.2008):
Wie angekündigt, hat der Masseverwalter, Dr. Michael Lentsch, einen Liquiditätsplan erstellt, aber noch keine Einzelheiten dazu genannt, außer dass man darum kämpfe, die Liquiditätslücke bis Freitag, den 11.01. zu schließen. Gelinge dies nicht, müsse die Battenfeld Kunststoffmaschinen GmbH (BKU, www.battenfeld-imt.com) schon Ende der Woche den Betrieb schließen!

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Da die Auftragsbücher laut Geschäftsleitung für die nächsten drei Monate gefüllt sind, gibt es intensive Bemühungen von allen Seiten, um die BKU erst einmal zu retten. An diesen Bemühungen beteiligt sich jetzt auch wieder die Münchner Adcuram (www.adcuram.de), die dem Masseverwalter am Mittwoch dazu ein konkretes Angebot unterbreitet hat.

Aktuelle finanzielle Lage
Wie die Firma bestätigte, werden kurzfristig rund 15 Mio. Euro liquide Mittel benötigt, um die Fortführung des Betriebes sicher zu stellen. Wegen der Insolvenz stellen Lieferanten auf Vorkasse um und machen zum Teil Eigentumsvorbehalte geltend. So ist es nun erforderlich, bestehende und künftige Verbindlichkeiten bei Lieferanten umgehend zu erfüllen, um die Produktion aufrecht zu halten. Mit einem möglichen operativen Verlust in den kommenden Monaten hat dies nichts zu tun.

Die Verbindlichkeiten sind nach Agenturmeldungen indes geringer als am Montag von Battenfeld-Anwalt Fellner geschätzt. Da bereits am 21.12.2007 sämtliche Zahlungen eingestellt wurden, verfüge Battenfeld sogar noch über rund 3,1 Mio. Euro Bankguthaben; die gesamten Lieferanten-Verbindlichkeiten sollen sich auf rund 16,5 Mio. Euro belaufen. Außerdem sei der Großteil der Dezembergehälter noch nicht ausbezahlt worden.

Adcuram wieder Eigentümer – Gespräch mit Masseverwalter
Die Rückabwicklung des Verkaufs ist bereits am Dienstag vollzogen worden. Adcuram-Vorstand Thomas Probst bekräftigte am Dienstagabend erneut, man wolle konstruktiv mit allen Beteiligten zusammen arbeiten und den Masseverwalter bei der Suche nach einer Lösung unterstützen. Adcuram erwarte aber einen fairen Umgang und hoffe, dass sich das „Wahlkampfgetöse“ wieder legt.

Am Mittwoch gab es ein erstes Gespräch mit Lentsch. In einer gemeinsamen Presse-Mitteilung heißt es dazu: „Adcuram als Eigentümer und gleichzeitig größter Gläubiger der BKU ist auch bereit, die Fortführung des Unternehmens im Rahmen des Insolvenzverfahrens wirtschaftlich wesentlich zu unterstützen und für den Masseverwalter entscheidende Voraussetzungen für eine übertragende Sanierung zu schaffen.“

Land gibt keine Finanzhilfe – Strafanzeige vom Tisch
Ein Sprecher des Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP) machte gestern klar, dass – anders als verschiedentlich gemeldet – weder das Land Niederösterreich selbst noch seine Institutionen zur Wirtschaftsförderung finanzielle Unterstützung aus Landesmitteln an die BKU leisten wollen. Genau dies fordert jetzt aber Landesrat Emil Schabl von der SPÖ – vielleicht erweist sich der laufende Wahlkampf für Battenfeld ja doch noch als nützlich.

Am Mittwoch fanden auch Gespräche zwischen Vertretern des Landes und Adcuram statt, die Prölls Stellvertreter, Ernest Gabmann, als konstruktiv bezeichnete. Darin „wurden auch die zuletzt geäußerten Vorwürfe in Richtung Adcuram für das Land NÖ aufgeklärt. Das Land NÖ sieht daher keine Veranlassung, weitere Schritte zu setzen.“

Tauziehen um das Servicegeschäft
Wie bereits berichtet, wurde die österreichische Servicegesellschaft, die Battenfeld Kunststoffmaschinen Service GmbH (BKS), erst zum 31.07.2007 von der BKU abgespalten. Die BKS, mit selbem Sitz wie die BKU, hat rund 35 Mitarbeiter, macht nach Schätzungen von Battenfeld-Insidern einen Jahresumsatz von rund 10 Mio. Euro und ist nach Angaben von Adcuram „unverändert gesund“.

Der Alpenländischen Kreditorenverband (www.akv.at) zitiert dazu aus dem Konkursantrag der BKU, dass der Kaufpreis für die BKS lediglich 2,5 Mio. Euro betragen habe. Außerdem seien gleichzeitig für die BKU äußerst ungünstige Liefer- und Dienstleistungsverträge abgeschlossen wurden. Nach diesen Verträgen soll die BKS für die BKU zu denselben Preisen tätig werden wie für Dritte, während die BKU andererseits Material zu verlustbringenden Preisen an die BKS zu verkaufen habe.

Diese Verträge hat der Geschäftsführer der BKU, Georg Tinschert, bereits gekündigt. Tinschert und der Masseverwalter streben an, die Kontrolle über die BKS wieder zu erlangen, um die BKU und Battenfeld als Ganzes zu stärken und für Investoren attraktiver zu machen. Ob der Masseverwalter dabei von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, die Abspaltung anzufechten, ist noch offen; zunächst will man mit Adcuram weiter darüber verhandeln. Adcuram-Vorstand Probst äußerte sich gegenüber dem plasticker aber überzeugt, dass eine Anfechtung vor Gericht keinen Bestand haben werde.

Für den größeren Teil des Servicegeschäfts, das laut Probst einen Jahresumsatz von 30-40 Mio. Euro macht, steht jedoch die Battenfeld Kundendienst GmbH & Co KG mit 84 Mitarbeitern in Meinerzhagen, welche schon vor dem Verkauf der Battenfeld-Spritzguss Gruppe von SMS an Adcuram eine selbstständige Gesellschaft war.

Folge-Insolvenz in Deutschland
Die ebenfalls in Meinerzhagen ansässige 100%ige BKU-Tochter, die Battenfeld Vertriebs-GmbH & Co. KG mit 18 Mitarbeitern, hat nach Auskunft des Geschäftsführers Kurt Ehlig am 03.01.2008 beim Amtsgericht Hagen ebenfalls Insolvenz angemeldet; der Insolvenzverwalter ist noch nicht benannt.

Vorläufiges Ergebnis
Nachdem sich Masseverwalter, Eigentümer und Land nun zu „positiven Gesprächen“ an einem Tisch eingefunden haben, darf man vorsichtig optimistisch davon ausgehen, dass die kurzfristige Rettung gelingt. Es hängt nun davon ab, ob die Banken und die Gläubiger dem Konzept folgen, welches Masseverwalter Dr. Lentsch dem Gläubigerausschuss „schnellstmöglich“ präsentieren wird.

Ob es sich bei der „wirtschaftlichen Unterstützung“ die Adcuram ankündigt, um finanzielle Mittel und/oder ein Entgegenkommen in der Frage des Servicegeschäfts handelt, blieb offen. Am Freitag muss Klarheit herrschen; bis dahin haben alle Beteiligten Stillschweigen vereinbart.

Battenfeld Kunststoffmaschinen Ges.m.b.H., Kottingbrunn, Österreich

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