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01.09.2025, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 5 Minuten    

IKV: Nachhaltige Produktion, Rezyklatverarbeitung und KI-Methoden in der Kunststoffindustrie

Die komplett recyclingfähige Soft-Touch-Handballenablage verfügt über Belüftungsschlitze und eine weiche hochwertig genarbte Oberfläche. Durch eine flexible Lasche an den Außenseiten und einen Hinterschnitt in der Innenseite können mehrere Ablagen zusammengesteckt und an die Breite der Tastatur angepasst werden - (Bild: IKV).
Die komplett recyclingfähige Soft-Touch-Handballenablage verfügt über Belüftungsschlitze und eine weiche hochwertig genarbte Oberfläche. Durch eine flexible Lasche an den Außenseiten und einen Hinterschnitt in der Innenseite können mehrere Ablagen zusammengesteckt und an die Breite der Tastatur angepasst werden - (Bild: IKV).
Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen präsentiert sich mit drei Themen auf der K 2025: die Entwicklung einer nachhaltigen, vollständig recyclingfähigen 2K-Soft-Touch-Anwendung, ein Walzeninspektionssystem zur Qualitätsverbesserung bei der Rezyklatverarbeitung in der Flachfolienextrusion sowie eine neue Initiative, die Unternehmen dabei unterstützt, die Potenziale von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz zu erkennen, systematisch zu bewerten und gezielt zu nutzen.

Wirtschaftliche Produktion kreislauffähiger Soft-Touch-Leichtbaukomponenten
Bei mehrkomponentigen Soft-Touch-Bauteilen gelten Design for Recycling und die Verringerung des CO2-Fußabdrucks über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg als besondere Herausforderungen. Auf der K 2025 zeigt das IKV eine mechanisch rezyklierbare Leichtbaualternative für Soft-Touch-Anwendungen, die optisch und haptisch mit konventionellen Soft-Touch-Lösungen konkurrieren kann. Am Messestand produziert das IKV Soft-Touch-Handballenablagen für Computertastaturen, um die Leistungsfähigkeit, Serientauglichkeit und Wirtschaftlichkeit des neuen Produktionskonzepts zu demonstrieren.

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Die Handballenablage besteht aus einem Träger aus Polypropylen, auf den ein thermoplastisches Elastomer als weiche Komponente aufgespritzt wird. Das hat den Vorteil, dass auch die Softkomponente ein Thermoplast ist und somit zusammen mit dem Träger recycelt werden kann. Aus zerkleinerten Handballenablagen kann ein PP-Rezyklat hergestellt und für die Produktion neuer PP-Träger verwendet werden. Das IKV zeigt die Umsetzung auf dem Stand anhand von mehrfach rezyklierten Formteilen mit Rezyklatgehalten von bis zu 30 Prozent.

Die Fertigung erfolgt in einem 2K-Thermoplast-Schaumspritzgießverfahren (TSG) mit chemischem Treibmittel. Ein „atmendes“ Werkzeug, bei dem sich das Kavitätsvolumen über den Zyklus verändert, ermöglicht hohe Aufschäumgrade bei gleichzeitig hochwertigen Oberflächen. Eine isolierende Werkzeugbeschichtung sowie die Prägung des Bauteils im Werkzeug verbessern die Oberflächenqualität zusätzlich. Durch das Schäumen kann die Dichte des Trägers um rund acht Prozent und die des TPE um bis zu 80 Prozent gesenkt werden.

Aufgrund der geringen Dichte und Rezyklierbarkeit des Verbunds verbessert sich der CO2-Fußabdruck des Bauteils über seine gesamte Lebensdauer hinweg deutlich. Da etablierte Technologien und Werkstoffe verwendet werden, ist die kostengünstige Technologie unmittelbar in die industrielle Nutzung übertragbar. Eine 100-prozentige Inline-Prüfung der haptischen und mechanischen Eigenschaften in der Fertigungszelle belegt die Serienreife des Prozesses.

Mithilfe der vom IKV-Spin-off „Osphim“ entwickelten Digitalisierungslösungen wird der Prozess in Echtzeit intelligent eingerichtet, optimiert und überwacht. Dabei kommen KI-Methoden zum Einsatz, die ihren Ursprung in der Forschung am IKV haben.

Das Inspektionssystem ist komplett in die Flachfolienextrusionsanlage integriert und erlaubt es, die Belagsbildung im laufenden Prozess zu verfolgen und aufzuzeichnen - (Bild: IKV).
Das Inspektionssystem ist komplett in die Flachfolienextrusionsanlage integriert und erlaubt es, die Belagsbildung im laufenden Prozess zu verfolgen und aufzuzeichnen - (Bild: IKV).
Inspektionssystem zur Verfolgung der Walzenbelagsbildung bei der Flachfolienextrusion
Zur Verbesserung von Qualität und Produktivität in der Flachfolienextrusion hat das IKV ein optisches Inspektionssystem entwickelt. Damit lässt sich die Belagsbildung auf den Kalanderwalzen im laufenden Prozess verfolgen und bewerten. Eine frühzeitige Detektion der Belagsbildung ist entscheidend, da Ablagerungen auf der Walze zu einer Minderung der Folienqualität führen können, die im schlimmsten Fall zum Produktionsabbruch führt. Insbesondere bei der Verarbeitung von Rezyklaten lässt sich die Belagsbildung aufgrund von Chargenschwankungen nicht vorhersagen. Ohne Überwachung werden kritische Werte erst erkannt, wenn bereits Ausschuss produziert wurde und die Produktion zur Reinigung der Walze unterbrochen werden muss.

Das am IKV entwickelte Inspektionssystem lässt sich demnach einfach und kostengünstig in bestehende Anlagen integrieren. Zudem ist eine Kopplung mit einem automatischen Walzenreinigungssystem möglich, welches bei Erreichen einer kritischen Belagsmenge aktiviert wird. Grundlage des Inspektionssystems ist die optische Erfassung von Glanzveränderungen auf der Walzenoberfläche, die durch Ablagerungen verursacht werden. Über ein in die Anlage integriertes Kamerasystem wird für jede Walzenumdrehung ein Abbild der Walzenoberfläche erstellt. Ein Bildverarbeitungsalgorithmus quantifiziert dann die Belagsbildung anhand der Grauwerte der Aufnahme, sodass die Belagsbildung über die Extrusionslänge hinweg verfolgt werden kann.

Mit dem Inspektionssystem sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die häufig auf einfache und robuste Produktionsprozesse angewiesen sind, erstmals eine praxistaugliche Möglichkeit erhalten, kritischen Walzenbelag rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren, bevor Ausschuss produziert wird und es zu Anlagenstillständen kommt. Das IKV kann mithilfe des Systems die Interaktionen zwischen Kunststoffen und Walzenoberflächen mit geringem Materialeinsatz systematisch erforschen und daraus Handlungsempfehlungen für die industrielle Produktion ableiten.

Zur Präsentation auf der K 2025 wird der Folienextrusionsprozess mithilfe einer rotierenden Kühlwalze, die mit einem Inspektionssystem ausgestattet ist, nachgestellt. Zur Demonstration ist die Walze abschnittsweise mit verschiedenen Belägen präpariert. Wie im realen Prozess erstellt die integrierte Kamera immer neue Abbilder der Walzenoberfläche, aus denen der Bildverarbeitungsalgorithmus anhand der Graustufen eine Live-Bewertung der Beläge erstellt.

Die Entwicklung des Inspektionssystems war Teil des Forschungsprojekts „Steigerung der Produktivität und Flachfolienqualität durch Vermeidung der Belagsbildung auf Kühlwalzen“. Dieses war als Finalist für das IGF-Projekt des Jahres 2025 nominiert.

Die Initiative KI4KI –Künstliche Intelligenz für die Kunststoffindustrie richtet sich alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette und hat zum Ziel, die Unternehmen zu befähigen, das Potenzial digitaler und KI-gestützter Lösungen für eigene Anwendungen zu bewerten und sie praxisnah zu implementieren - (Bild: IKV).
Die Initiative KI4KI –Künstliche Intelligenz für die Kunststoffindustrie richtet sich alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette und hat zum Ziel, die Unternehmen zu befähigen, das Potenzial digitaler und KI-gestützter Lösungen für eigene Anwendungen zu bewerten und sie praxisnah zu implementieren - (Bild: IKV).
KI4KI –Künstliche Intelligenz für die Kunststoffindustrie
Die Digitalisierung und KI-Methoden bieten konkrete Lösungsansätze, um den zahlreichen Herausforderungen der Branche zukunftssicher zu begegnen. Mit seiner Expertise auf diesem Gebiet hat das IKV die Initiative „KI4KI – Künstliche Intelligenz für die Kunststoffindustrie” ins Leben gerufen. Ziel ist es, die systematische Nutzung von KI-Methoden entlang des gesamten Lebenszyklus von Kunststoffprodukten zu fördern. Dazu werden Unternehmen aus der Kunststoff- und Digitalwirtschaft für die praxisnahe Implementierung digitaler und KI-gestützter Lösungen vernetzt.

Unternehmen können durch ihre Teilnahme Kompetenzen im Hinblick auf die Potenziale der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz (KI) erwerben. Sie können lernen, diese systematisch zu bewerten und gezielt für ihre Produktentwicklungs- und Produktionsprozesse zu nutzen, um sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

KI4KI bietet Workshops und Expertentalks, praxisnahe Technologiedemonstrationen, bilaterale Beratung für KI-Strategien und eine digitale Wissensplattform und Community und umfasst als systematischer Prozess die vier Phasen:

  • 1. Analysieren: Status- und Potenzialanalyse auf Basis anonymer Interviews
  • 2. Verstehen: Vermittlung praxisnahen Grundlagenwissens zu KI in der Kunststoffverarbeitung
  • 3. Ermöglichen: Entwicklung der Kompetenzen zur Identifikation und Priorisierung konkreter Anwendungsfelder
  • 4. Anwenden: Erarbeitung individueller Umsetzungsstrategien und Überführung von KI-Anwendungen in die betriebliche Praxis

Die Zielgruppe umfasst alle Akteure entlang des Lebenszyklus von Kunststoffprodukten: Materialhersteller, Maschinenbauer, Software-Entwickler, Produktdesigner, Kunststoffverarbeiter, Prüflabore, Messtechnikhersteller, IT- und Digitalisierungspartner sowie Rohstofflieferanten.

Ein besonderer Fokus liegt auf der KI-gestützten Optimierung des Produktentwicklungsprozesses mittels virtueller Auslegung, simulationsbasierter Methoden und datengetriebener Erweiterungen. Ein weiterer wichtiger Themenblock sind Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung in der Produktion, unter anderem durch prädiktive Wartung, automatisierte Qualitätsüberwachung oder datenbasiertes Prozessmonitoring. Eine praktische Umsetzung dessen zeigt das IKV bei der Produktion der Handballenablage (Foam2Cycle). KI4KI beschäftigt sich ergänzend mit Querschnittsthemen wie Datenmanagement, regulatorischen Anforderungen, Datensouveränität und ethischen Aspekten und unterstützt damit auch die strategische Positionierung der beteiligten Unternehmen im digitalen Transformationsprozess.

Auf der K 2025 wird das IKV KI4KI erstmals ausführlich einer breiten Öffentlichkeit vorstellen.

K 2025, 08.-15. Oktober 2025, Düsseldorf, Halle 14, Stand C16

Weitere Informationen: www.ikv-aachen.de, osphim.com

Institut für Kunststoffverarbeitung, Aachen

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