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14.03.2016, 05:56 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten    

KuZ: VOC-freies Entformen in der PUR-Formteilproduktion - Zusammenarbeit mit FEW Chemicals

PUR-Schäumwerkzeug - Deckel und Boden beschichtet mit Werkzeug-Antihaftbeschichtung.
PUR-Schäumwerkzeug - Deckel und Boden beschichtet mit Werkzeug-Antihaftbeschichtung.
Bei der Polyurethan(PUR)-Formteilherstellung stellt die hohe Haftfestigkeit des Polyurethans auf einer Vielzahl von Substraten für das Entformen ein großes Problem dar. Daher ist die Herstellung und sichere Entnahme von PUR-Formteilen aus formgebenden Werkzeugkonturen unmittelbar an den Einsatz trennaktiver Substanzen (sog. Trennmittel) gebunden. Meist werden hierfür Trennmittel in das Werkzeug appliziert, deren trennaktive Wirkstoffe vollständig oder teilweise in flüchtigen, organischen Lösemitteln (VOC) gelöst sind und durch ihr sorgfältig formuliertes Eigenschaftsprofil als getrockneter Wirkstoff-Film mehrere Funktionen erfüllen:

  • Vermeidung von PUR-Anhaftungen (sperrend) am Werkzeug-Werkstoff durch Bildung einer dicht geschlossenen Sperrschicht zum konturgebenden Werkzeug,
  • Freimachen des Formteils (reibungsreduzierend) beim Entformen aus der Werkzeug-Kontur durch Kohäsionsbruch innerhalb der Trennmittelschicht; das applizierte Trennmittel fungiert auch als reibungsvermindernde Gleitschicht,
  • Aktive Gestaltung der oberflächennahen Zellstruktur (strukturgebend) des PUR-Formteils.

Allerdings verursacht der unvermeidliche Trennmitteleinsatz eine Reihe von wirtschaftlichen, technischen und ökologischen Nachteilen, so dass die PUR-Formteilhersteller schon seit langem versuchen, die bekannten Schwierigkeiten durch den Einsatz permanenter Werkzeug-Antihaftbeschichtungen zu reduzieren. Die damit einher gehenden Problemstellungen sind jedoch sehr vielschichtig und bis dato – aus Sicht der PUR-Verarbeiter – noch nicht zufriedenstellend gelöst.

Unter diesem Aspekt beschäftigte sich ein Forschungsprojekt, das von der Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH (KUZ) gemeinsam mit der FEW Chemicals GmbH (FEW), Bitterfeld-Wolfen, bearbeitetet wird, mit der Entwicklung einer Antihaftbeschichtung, die einige hundert beschädigungsfreie Entformungen ohne den Einsatz der üblichen Trennmittel ermöglichen soll.

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Antiadhäsive Beschichtung als Sperrschicht
Die FEW Chemicals GmbH, Hersteller von Spezialchemikalien, entwickelt, fertigt und vertreibt u.a. antiadhäsive Sol-Gel-Topcoats, aus denen auf unterschiedlichen Materialien dünne Schichten mit geringen Oberflächenenergien erzeugt werden können. Haupteinsatzgebiet sind sog. Easy-to-clean-Schichten oder Leichtreinigungsschichten, die das Anhaften von Produktresten oder Verschmutzungen auf beispielsweise Maschinenbauteilen drastisch reduzieren und daher den erforderlichen Reinigungsaufwand deutlich verringern.

Somit lag es nahe, die antiadhäsiven Eigenschaften von Sol-Gel-Topcoats auch als Werkzeug-Antihaftbeschichtung bei der PUR-Formteilherstellung zu erproben. Im Rahmen der FuE-Kooperation haben KUZ und FEW eine Herangehensweise gewählt, welche die Trennmittel-Funktionalitäten "Trennen" und "Entformen" als Teilprozesse separiert. Dabei wird die Sperr-Eigenschaft durch eine Werkzeug-Antihaftbeschichtung mit minimierter Oberflächenenergie erzielt.

Zur zuverlässigen Entformung z.B. voluminöser Weichschaum-Formteile mit hinterschnittenen Konturen ist aber zwingend ein reibungsreduzierendes Entformungshilfsmittel als tribologische Gleitschicht erforderlich.

Reibungsreduzierende Gleitschicht ohne organische Lösemittel
In anwendungstechnischen Untersuchungen mit PUR-Weichschaum zeigte sich, dass der Einsatz von speziellen, antiadhäsiven Sol-Gel-Topcoats ein zielführender Weg ist. Mit derartigen Systemen hergestellte Werkzeugbeschichtungen zeichnen sich den Angaben zufolge durch sehr niedrige Oberflächenenergien (z.T. niedriger als die von PTFE-Schichten) und hoher Beständigkeit gegenüber mechanischen und chemischen Einflüssen aus. Die Antihaftbeschichtungen fungieren als Sperrschichten zum Werkzeug-Werkstoff und weisen "Notlauf-Eigenschaften" auf, die in jedem Fall sowohl das Öffnen des Werkzeuges als auch die Formteil-Entnahme zumindest ermöglichen. Zur Fertigung qualitätsgerechter Weichschaum-Formteile bei Erhalt der mechanischen Eigenschaften der Antihaftbeschichtung ist jedoch die Applikation von reibungsreduzierenden Gleitschichten erforderlich. Dieses Entformungshilfsmittel wird in bewährter Weise extern aufgetragen und bietet gleichzeitig auch die einzige Möglichkeit zur gezielten Beeinflussung der oberflächennahen Zellstruktur von Weichschaum-Formteilen. Die hierfür entwickelten Formulierungen zur externen Sprüh-Applikation lassen sich vorteilhaft auf wässriger Basis und völlig frei von organischen Lösemitteln und Wachsen rezeptieren.

Praxistaugliche und einfache Handhabung
Die Kombination aus Werkzeug-Antihaftbeschichtung und Gleitmittel-Applikation entspricht im Grundsatz der in der Formteil-Fertigung bekannten und bisher etablierten Vorgehensweise. Alle erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung der Technologie, wie Werkzeug-Reinigung durch Strahl-Verfahren, Sprüh-Lackierung und Lack-Vernetzung können sehr einfach in den PUR-verarbeitenden Unternehmen vor Ort und mit eigenem Personal durchgeführt werden. Die hierfür erforderlichen technisch-technologischen Voraussetzungen gehören zur Standard-Ausrüstung in vielen polyurethanverarbeitenden Unternehmen. Durch Einfärbung der Antihaft-Lacke ist die visuelle Kontrolle beim Lack-Auftrag bzw. Entschichten des Werkzeuges sichergestellt.

Vorteile auf einen Blick
Das zur Formteil-Produktion eingesetzte VOC-freie Entformungshilfsmittel:

  • gewährleistet eine lange Beschichtungsstandzeit,
  • ermöglicht die gezielte Beeinflussung der Oberflächen-Zellstruktur von Weichschaum-Formteilen und
  • verbessert die Lösemittel-Bilanz des PUR-verarbeitenden Unternehmens.

Die ermittelten Resultate belegen, dass Werkzeug-Antihaftbeschichtungen in der PUR-Formteilfertigung anwendungstechnische Vorteile bringen. Dabei definiert sich "Entformbarkeit" nicht allein durch Beschichtungen mit niedriger Oberflächenenergie und hoher Verschleißbeständigkeit, sondern auch durch die Berücksichtigung tribologischer Effekte (Reibungsverhältnisse), die beim Werkzeug-Öffnen und Formteil-Entnehmen zum Tragen kommen.

Weitere Informationen: www.kuz-leipzig.de, www.few.de

Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH, Leipzig

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