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03.02.2025, 06:00 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten    

Biokunststoffe für den breiteren Einsatz fit gemacht

Biobasierte Polyamide in Hochgeschwindigkeits-Zugversuchen: Versuchsaufbau am IKT mit zwei Spezialkameras - (Bild: IKT).
Biobasierte Polyamide in Hochgeschwindigkeits-Zugversuchen: Versuchsaufbau am IKT mit zwei Spezialkameras - (Bild: IKT).
Schlüssel zur Vermeidung des Einsatzes fossiler Ressourcen in der Kunststoffbranche ist neben dem Recycling der Einsatz von biobasierten Kunststoffen. Ein vielversprechender Vertreter ist Poly-3-hydroxybutyrat-co-3-hydroxyvalerat, kurz PHBV. PHBV und sein chemischer „Verwandter“, Polyhydroxybutyrat (PHB, s.u.), gelten als besonders interessante Biokunststoffe. Beide sind nicht nur biobasiert, sondern auch unter schwierigen Bedingungen biologisch abbaubar und gelten als biokompatibel. Daher sind sie spannende Kandidaten unter anderem für den Einsatz in Verpackungen, in der Landwirtschaft und der Medizintechnik. Um PHBV breiter einsetzen zu können, muss jedoch seine Beständigkeit gegenüber Umgebungseinflüssen verbessert werden. Das Hauptproblem ist dabei, dass das Polymer bei höheren Temperaturen arg hydrolyseanfällig ist. Am Institut für Kunststofftechnik (IKT) gelang es jedoch mittels geeigneter Stabilisatoren, die Beständigkeit dieses Biokunststoffs gegen hydrolysebedingte Alterung zu steigern. Die dabei erlangten Informationen über die vorherrschenden Alterungsmechanismen lassen sich möglicherweise auch auf andere Biokunststoffe übertragen.

Zum Beispiel auf Polyhydroxybutyrat (PHB), das durch seine geringe Viskosität schwer zu verarbeiten ist. Außerdem bedingt der lineare Aufbau der PHB-Polymerketten einen sehr hohen Kristallisationsgrad. So zeigt PHB zum Beispiel nur eine sehr geringe Dehnfähigkeit. Wird es hohen Temperaturen ausgesetzt, unterliegt es zudem einer spontanen Kettenspaltung, was seine Werkstoffeigenschaften verschlechtert. Am IKT gelang es indes, die mechanischen Eigenschaften von PHB mit Weichmachern zu modifizieren. Durch geeignete Modifikatoren ließ sich sogar dem Kettenabbau entgegenwirken – das erleichtert das mechanische Recycling des Materials.

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Aber PHB und PHBV stehen auch im Lichte eines ganz anderen Aspekts im Lichte der Aufmerksamkeit des IKT: Lassen ihre thermische Stabilität, ihr Viskositätsverhalten und ihre Kristallisationseigenschaften auch eine Verarbeitung im Schäumprozess zu? Erste Ergebnisse zeigen: Durch eine Modifikation mit geeigneten Quervernetzungsmitteln lässt sich ihre Viskosität derart steigern, dass sich daraus erste Ansätze für das Schäumen dieser beiden Polyhydroxyalkanoate entwickeln lassen könnten.

Polymere auf Basis von 2,5-Furandicarbonsäure wie beispielsweise Polyethylenfuranoat (PEF) sind dagegen eine relativ unerforschte, aber gleichfalls vielversprechende Gruppe biobasierter Polymere. Aufgrund der chemischen Ähnlichkeit zu Polyethylenterephthalat (PET) erwartet man von ihnen ein ähnliches Eigenschafts- und damit auch Anwendungsprofil. Allerdings ist PEF vergleichsweise spröde und die Erfahrung mit Weichmachern beschränkt sich noch auf diskontinuierliche Verfahren. Am IKT konnten die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs jedoch über einen Doppelschneckenextruder als kontinuierliche Reaktionseinheit modifiziert werden. So entfällt auch eine Aufreinigung mit Lösungsmitteln.

Stichwort „Alterung“: Nicht nur PHB und PHBV unterliegen in unmodifizierter Form Alterungseffekten, die vor einem längerfristigen Einsatz genau beschrieben werden müssen. Auch biobasierte Polyamide, die derzeit zum Beispiel in der Automobilbranche an Bedeutung gewinnen, müssen im Blick auf ihre Langzeitbeständigkeit und mechanische Belastbarkeit ihr „Abitur“ erst noch ablegen. Am IKT wurden daher die biobasierten Polyamide PA510, PA610 und PA1010 in Alterungstests und Hochgeschwindigkeitszugprüfungen mit dem fossilbasierten Referenzwerkstoff PA6 verglichen. Die Versuche zeigten, dass biobasierte Polyamide nach Alterung sogar widerstandsfähiger als PA6 sein können. Möglicherweise haben sie daher durchaus eine Zukunft auch in sicherheitskritischen Automobilanwendungen.

Diese und weitere aktuelle Themen aus dem Bereich der praxisrelevanten Kunststofftechnik stehen im Mittelpunkt des 29. Stuttgarter Kunststoffkolloquiums des Instituts für Kunststofftechnik (IKT) der Uni Stuttgart vom 17. bis zum 21. Februar 2025. Die ersten drei Tage, vom Montag, den 17. Februar 2025, bis Mittwoch, den 19. Februar 2025, werden als „virtuelle“ Tagung durchgeführt. Die Teilnahme ist kostenlos, es ist aber eine Anmeldung erforderlich.

Am Donnerstag, den 20. Februar 2025, und am Freitag, den 21. Februar 2025, geht die Tagung in einen Präsenzteil über. Der Freitag steht unter den Leitthemen „Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen“ mit mehreren Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion mit namhaften Vertretern aus Industrie und Politik. Anmeldungen sind noch bis zum 6. Februar 2025 möglich.

Auf einer Abendveranstaltung am Donnerstag, den 20. Februar 2025, gilt es außerdem, „60 Jahre Kunststofftechnik in Stuttgart“ zu feiern. Hier wird auch der renommierte Ensinger-Preis verliehen. Am Nachmittag des gleichen Tages (17 Uhr) werden auch das neue Rheometrie-Labor und das neue Compoundier-Technikum des Instituts eröffnet.

„29. Stuttgarter Kunststoffkolloquium“ - 17.-21. Februar 2025
17.-19. Februar 2025 - virtuell
20.-21. Februar 2025 - Präsenz in Stuttgart

Weitere Informationen:
www.ikt.uni-stuttgart.de/29.-stuttgarter-kunststoffkolloquium, www.ikt.uni-stuttgart.de, www.uni-stuttgart.de

Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik (IKT), Stuttgart

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